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Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 8. August 2015; Leitartikel von Christian Jentsch: "Reise der US-Republikaner ins Vorgestern"

Innsbruck (OTS) - Die Republikaner haben den Vorwahlkampf in den USA begonnen. Mit schillernden Kandidaten und politischen Parolen, welche keine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft erkennen lassen.

Das Rennen um das Weiße Haus hat begonnen. Die republikanischen Präsidentschaftsbewerber haben sich im einsetzenden Vorwahlkampf bereits einer TV-Debatte gestellt. Einer Debatte, die der schillernde Milliardär Donald Trump zu einer Show in eigener Sache umfunktionierte. Trump ist laut, rassistisch, will nichts von politischen Konzepten wissen, verteufelt die Politikerkaste und ist -zumindest vorläufig - erfolgreich. In Umfragen lässt er den Favoriten des republikanischen Establishments, Jeb Bush, klar hinter sich. Und das vor allem darum, weil er sich ganz bewusst als Nicht-Politiker definiert, der mit denen da in Washington nichts zu tun haben will. Er pfeift auf politische Korrektheit, bezeichnete mexikanische Migranten (welche als billige Arbeitskräfte gerne eingesetzt werden) pauschal als Vergewaltiger und will die USA wieder zu alter Größe führen. Das Wie spielt dabei keine Rolle - weil es keine Antwort darauf gibt.
Auch wenn Donald Trumps Höhenflüge wohl nicht von Dauer sein werden - bei den Anfang nächsten Jahres beginnenden Vorwahlen weht ein anderer Wind -, zeichnet sein Erfolg ein trauriges Bild vom aktuellen Zustand der US-Republikaner. Nach zwei Wahlschlappen im Kampf ums Weiße Haus - gegen den demokratischen US-Präsidenten Barack Obama gab es nichts zu gewinnen -, präsentiert sich die Grand Old Party als führungsloser Haufen, in dem politische Leichtgewichte nach oben drängen. Radikale Bewegungen haben die Republikaner an den Rand gedrängt. Auf die Herausforderungen unserer Zeit antwortet die Partei mit einer erstaunlich rückwärtsgewandten Politik. Der Klimawandel wird schlicht und einfach als Lüge abgestempelt, die von Obama angestrengte Reform des Gesundheitswesens als Teufelswerk gebrandmarkt, Diplomatie in der Weltpolitik als Zeichen der Schwäche kritisiert, ein strengeres Waffenrecht als Eingriff in die persönlichen Rechte verdammt.
Die Mitte der Gesellschaft und der Blick in die Zukunft wurden zunehmend aus den Augen verloren. Die Partei hat sich auf eine gefährliche Reise in die Vergangenheit begeben. Der Kampf für einen schlanken Staat und gegen staatliche Bevormundung findet vor allem in den USA viele Mitstreiter. Ein Sozialstaat europäischer Prägung wäre übrigens auch für die US-Demokraten undenkbar. Doch abseits davon verschreiben sich viele US-Republikaner einer reaktionären Politik. Mit der weder den USA und schon gar nicht der Welt geholfen ist

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