- 27.05.2015, 14:35:49
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Breites Expertinnenbündnis fordert Streichung des Schwangerschaftsabbruchs aus dem Strafgesetz
Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch in Selbstmedikation und Internethandel machen Gesetzesänderung ohnehin notwendig.
Utl.: Medikamentöser Schwangerschaftsabbruch in Selbstmedikation und
Internethandel machen Gesetzesänderung ohnehin notwendig. =
Wien (OTS) - Die Fristenlösung schien nach 40 Jahren einzementiert,
nun kommt Bewegung in die Debatte. Das war bei der gestrigen
Podiumsdiskussion "40 Jahre Fristenlösung. Wer soll entscheiden?" auf
Einladung des Wiener Verhütungsmuseums im vollen Bildungszentrum der
AK Wien zu vernehmen. Am Podium nahmen nationale und internationale
ExpertInnen das österreichische Modell der Fristenlösung kritisch
unter die Lupe. Unisono fordern sie, das Gesetz an die medizinische
und gesellschaftspolitische Entwicklung anzupassen.
Fristenlösung blockiert Behandlung
Christian Fiala, Gynäkologe und Direktor des Wiener
Verhütungsmuseums, klärte im Zuge der lebhaften Diskussion darüber
auf, dass die Fristenlösung keineswegs totes Recht ist. Aufgrund der
Kriminalisierung findet Schwangerschaftsabbruch keine
Berücksichtigung in der medizinischen Ausbildung. Eine
österreichweite und flächendeckende Behandlung von ungewollt
schwangeren Frauen wird immer noch politisch blockiert. Eine
Kostenübernahme der Behandlungskosten durch die Sozialversicherung
gibt es - anders als in fast allen westeuropäischen Ländern - in
Österreich nicht.
Erschreckendes Bild
Wie eine vom Museum für Verhütung durchgeführte Straßenbefragung
zeigt, die im Zuge des spannenden Abends präsentiert wurde, ist der
Wissenstand der jüngeren Bevölkerung über die rechtlichen
Implikationen der Fristenlösung sehr mangelhaft. Viele der Befragten
zeigen sich zudem erstaunt, dass die Entscheidung über einen
Schwangerschaftsabbruch überhaupt strafrechtlich geregelt ist.
Link Video: https://www.youtube.com/watch?v=7ZhnNjhuz8w
Vorbild Kanada
In Kanada hingegen wurde der Schwangerschaftsabbruch schon vor 27
Jahren aus dem Strafgesetz genommen, nachdem die kanadischen
Höchstrichter zur Erkenntnis gelangt waren, dass der Staat nicht
legitimiert sei, in die Persönlichkeitsrechte von Frauen
einzugreifen. Die am Podium mitdiskutierende Professorin für
Strafrecht in Kanada, Jula Hughes, zerstreute Befürchtungen, dass
diese Entkriminalisierung einen Anstieg von Spätabbrüchen oder
generell von Abbrüchen verursache. Vielmehr hat in Kanada die Zahl
der Schwangerschaftsabbrüche trotz anwachsender Bevölkerung sogar
abgenommen.
Zunehmende Selbstmedikation
Die derzeit geltende Fristenlösung verbietet die Selbstmedikation
beim Schwangerschaftsabbruch mit einer Strafandrohung von einem Jahr
Gefängnis für die betroffene Frau. Doch während ein Abbruch in
Eigenregie mittels Tabletten vor 40 Jahren noch undenkbar war, sind
die Medikamente (Mifepriston und Misoprostol) heute weit verbreitet.
Durch den globalen Internethandel werden sie auch nach Österreich
verschickt, wie MUVS-Direktor Fiala berichtet. Diese Medikamente sind
besonders bei Migrantinnen beliebt und werden immer häufiger
verkauft. "Will der Gesetzgeber diese Frauen nicht kriminalisieren,
bleibt ihm nur übrig, den Abbruch ersatzlos aus dem Strafgesetz zu
streichen" so Fiala.
Einfache Mehrheit im Parlament
Verfassungsjuristin Brigitte Hornik erklärte, dass mit einfacher
Mehrheit im Parlament eine entsprechende Gesetzesänderung beschlossen
werden könne. Sie appellierte an die SPÖ, notfalls eine freie
Mehrheit außerhalb der aktuellen Koalition anzustreben.
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