Liberalisierung des Bahnnetzes mit Augenmaß und Verständnis für die Komplexität des Gesamtsystems Bahn
Anmerkungen zum 4. EU-Eisenbahnpaket
Wien (OTS) - Der Verband der Bahnindustrie begrüßt den jüngsten Bericht von Verkehrsminister Alois Stöger und die damit zusammenhängende Meinungsbildung im parlamentarischen Verkehrsausschuss zum Thema Liberalisierung des Eisenbahnmarktes.
Eine noch weitergehende Liberalisierung, wie sie offenbar von der EU für den Eisenbahnmarkt anstrebt wird, halte er für falsch, erklärte Stöger. Es dürfe nicht dazu kommen, dass ausländische Akteure die mit öffentlichen Geldern ausgebaute Infrastruktur eines Landes übernehmen und zu Monopolisten aufsteigen, die keiner öffentlichen Kontrolle unterliegen. Eine solche Entwicklung würde aus Sicht Stögers auch das Angebot an gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen, in das Österreich viel investiert, gefährden.
Es kann nicht das Ziel sein, dass letztlich einige wenige Monopolisten den europäischen Bahnmarkt beherrschen. Es besteht Konsens darüber, dass Österreich den marktpolitischen Teil des 4. Eisenbahnpakets der EU nicht unterstützt.
In ähnlich kritischer Weise hat sich in den letzten Tagen auch ÖBB-Chef Christian Kern, der zusätzlich als Präsident der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) aktiv ist, geäußert.
Nach ausführlicher Diskussion in der am 20.04.2015 abgehaltenen Vorstandssitzung des Verbandes der Bahnindustrie fasst dessen Geschäftsführer, Ronald Chodász, die Haltung der Bahnausrüster zusammen: "Österreichs Bahnindustrie ist sehr erfreut darüber, dass es auf politischer Seite offensichtlich zu einer gemeinsamen Position zugunsten eines starken und möglichst integriert handlungsfähigen Gesamtsystems Bahn gekommen ist."
Mit Blick auf die internationalen Aktivitäten der in Österreich im internationalen Vergleich überproportional starken Bahnindustrie ergänzt Chodász: "Für den innovativen und stark exportorientierten Wirtschaftszweig der Bahnindustrie ist ein tadellos funktionierendes, optimal organisiertes und von der Bevölkerung gut angenommenes Bahnsystem am Heimmarkt eine wichtige Referenz für den internationalen Erfolg."
Das umfangreiche 4. Eisenbahnpaket der EU wird aber nicht in allen Belangen abgelehnt. Der technische Bereich ("Technical Pillar") dieses Maßnahmenpakets ist allgemein unumstritten. Die Zielsetzung der Vereinheitlichung von Sicherheits- und Zulassungsstandards sowie die Weiterentwicklung des europäischen Eisenbahnnetzes in Richtung Interoperabilität wird einstimmig von der Politik, den Bahnbetreibern und der Bahnindustrie voll unterstützt.
Der Verband der Bahnindustrie erinnert im Zusammenhang mit den laufenden Diskussionen an das bereits im März 2011 veröffentlichte EU-Weißbuch für den Verkehr. Darin sind grundsätzliche verkehrspolitische Ziele für den Güter- und den Personenverkehr definiert, die den Verkehrsträger Bahn im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern bewußt stärken sollen. Diese Leitlinie sollte bei der Gestaltung der Verkehrspolitik stets beachtet werden.
Zum Verband der Bahnindustrie:
Der Verband der Bahnindustrie vertritt die Interessen des in Österreich überproportional stark vertretenen Wirtschaftszweiges der Bahnindustrie. Er setzt sich dabei auch für die ständige Verbesserung der Rahmenbedingungen für alle Arten des Schienenverkehrs ein.
Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen werden durch Forcierung europäisch einheitlicher technischer Standards und Zulassungsverfahren gefördert.
Gezielte Interessenvertretung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Eintreten für die beschleunigte Modernisierung von Infrastruktur, Fahrzeugen und Kundeninformationssystemen helfen bei der Neupositionierung der zukunftsorientierten Bahnsysteme.
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Ing. Ronald Chodász
Geschäftsführer
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