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Entscheid des EU-Parlaments gegen die EU-Saatgut-Verordnung gerät ins Wanken

EU-Kommission überlegt, die alte, gescheiterte EU-Saatgutverordnung ohne neue Folgeabschätzung nochmals vorzulegen. EU-Parlament muss zu seinem Votum stehen!

Wien/Brüssel (OTS) - 10.12.2014: Die EU-Kommission überlegt derzeit, dem Entscheid des EU-Parlamentsplenums vom 11. März 2014 nicht Folge zu leisten und die gescheiterte EU-Saatgutverordnung nochmals vorzulegen. Das Plenum hatte den Vorschlag der EU-Kommission damals mit einer überwältigenden Mehrheit von über 600 Abgeordneten eindeutig abgelehnt und die EU-Kommission aufgefordert, den Vorschlag zurückzuziehen.

Nun wird dieser Tage wird in Brüssel entschieden, wie es mit dem umstrittenen Dossier weitergehen soll. Bereits kommende Woche wird das Arbeitsprogramm der EU-Kommission in Strassburg präsentiert, bis dahin will sich die EU-Kommission festlegen, wie sie mit der Saatgutverordnung weiter verfährt. Zwei Optionen stehen im Raum:
Entweder die Kommission überarbeitet den gescheiterten Entwurf, und legt ihn in den kommenden Monaten nochmals vor, oder sie zieht den gescheiterten Entwurf endgültig zurück und macht einen gänzlich neuen Entwurf. Dem Vernehmen nach will die zuständige Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucher (DG Sanco) den gescheiterten Entwurf leider bloß überarbeiten.

Der wesentliche Unterschied: Während bei einem neuen Entwurf eine Folgenabschätzung und das Anhören aller Stakeholder, z.B. auch der NGOs, zwingend sind, fallen sie bei einer Überarbeitung weg. Heidemarie Porstner, Agrarsprecherin bei der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000, betont, dass eine solide neue Folgenabschätzung gemacht werden muss, bevor weitergearbeitet wird:
"Die alte Folgenabschätzung, auf deren Basis die EU-Kommission die gescheiterte Verordnung geschrieben hat, hat vom zuständigen Ausschuss der EU-Kommission die Note 'nicht genügend' erhalten. Der alte Vorschlag hätte die alten und seltenen Sorten von Kulturpflanzen - wie die Bohne Kaiser Friedrich, den Erdapfel Linzer Rose oder den Kärntner Krachsalat Eisenkappel - massiv in Bedrängnis gebracht und den Hochleistungssorten der Agrarindustrie den klaren Vorzug gegeben. Es ist inakzeptabel, dass eine Überarbeitung nun ohne solide Basis stattfindet. Das würde bedeuten, dass einmal mehr den Konzernen entgegengekommen wird."

Für Iga Niznik, Referentin vom Verein ARCHE NOAH, Verein zur Erhaltung und Verbreitung der Kulturpflanzenvielfalt ist klar: "Wir fordern die EU-Kommission auf, einen gänzlich neuen Entwurf vorzulegen. Der gescheiterte Entwurf ist so schlecht, dass eine Überarbeitung höchstens kosmetische Verbesserungen bringen kann, nach dem Motto 'Alter Wein in neuen Schläuchen'. Das wäre völlig unzureichend, denn die EU-Saatgutverordnung muss systematisch überarbeitet werden." Die Vielfalt muss sich ohne Einschränkungen entfalten können - das wäre nur bei einem gänzlich neuen Entwurf der Fall.

Appell an das EU-Parlament

"Es liegt derzeit noch kein überarbeiteter Entwurf auf dem Tisch. Wir appellieren an das EU-Parlament, kritisch zu sein und nicht die Katze im Sack zu kaufen. Einen überarbeiteten Entwurf noch ohne Inhalte zu akzeptieren wäre blauäugig. Oder war die Zurückweisung nur ein Wahlkampfschmäh?" so Porstner und Niznik.

Die EU-Saatgutverordnung bedroht die Vielfalt an Gemüse, Getreide und Obst in Europa. Sie war am 6. Mai 2013 unter heftigem Protest der Öffentlichkeit und lautem Jubel der Konzerne veröffentlicht worden. EU-weit unterschrieben rund 900.000 Menschen Petitionen gegen die Verordnung, allein in Österreich unterstützen rund 500.000 die Petition "Freiheit für die Vielfalt". Am 11. März 2014 hat das scheidende EU-Parlament die EU-Saatgutverordnung mit einer breiten Mehrheit zurückgewiesen.

Porstners und Nizniks Forderung ist nun leider aktuell wie nie zuvor:
"Vielfaltspflanzen müssen einen gleichberechtigten Zugang zum Markt haben - auf Augenhöhe mit modernen Hochzuchtsorten. Das bedeutet, dass die auf Uniformität beruhende behördliche Zulassung von Sorten freiwillig werden muss."

Rückfragen & Kontakt:

Heidemarie Porstner, GLOBAL 2000 Agrarsprecherin, 0699 142 000 52 bzw. heidemarie.porstner@global2000.at
Iga Niznik, ARCHE NOAH, 0650 999 13 05, iga.niznik@arche-noah.at

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