• 27.11.2014, 10:46:36
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  • OTS0089 OTW0089

E-Control: Ohne klare Definition ist Energiearmut nicht effektiv zu bekämpfen

Für Energieregulierungsbehörde E-Control ist eine einheitliche Definition von Energiearmut notwendig - Vorhandene Daten werden unseriös interpretiert

Wien, Oesterreich, 27.11.2014 - "Im Kampf gegen
Energiearmut sollte vor allem auf möglichst kosteneffiziente und
zielorientierte Maßnahmen gesetzt werden", erläutert Walter Boltz,
Vorstand der E-Control.

Utl.: Für Energieregulierungsbehörde E-Control ist eine einheitliche
Definition von Energiearmut notwendig - Vorhandene Daten
werden unseriös interpretiert =

Wien (OTS) - Vor einem Jahr hat die Strom- und Gasregulierungsbehörde
E-Control eine Definition von Energiearmut präsentiert, breit
aufgegriffen wurde diese bisher allerdings nicht. "Es gibt in
Österreich weiterhin kein einheitliches Verständnis davon, wer als
energiearm bezeichnet werden kann", sagt E-Control-Vorstand Walter
Boltz. Dabei sei eine verbindliche Definition schon aus praktischen,
aber auch aus rechtlichen Gründen notwendig. "In heimischen
Energiegesetzen wird der Begriff "Energiearmut" verwendet - definiert
wurde er allerdings nie." Auch würde es bereits einige Maßnahmen
gegen Energiearmut geben, obwohl die Zielgruppe dieser Maßnahmen
nicht bekannt sei. "Wer keine hohen Energiekosten hat, der braucht in
der Regel auch keine Energieberatung und keinen Heizkostenzuschuss",
sagt Boltz. "Wer einen Schnupfen hat, braucht ja auch keine Krücken."
Eine brauchbare Definition sei "die Basis, um tatsächlich von
Energiearmut Betroffene zu finden und diesen zielgerichtet helfen zu
können", so Boltz, der ergänzt: "Wenn man schon viel Geld in die Hand
nimmt, sollte man auch den Richtigen helfen."

E-Control-Definition: Energiearmer ist arm und hat hohe
Energiekosten

Die E-Control plädiert dafür, unter energiearmen Haushalten
einkommensschwache Haushalte mit gleichzeitig hohen Energiekosten zu
verstehen. Nur wenn beide Phänomene gleichzeitig auftreten sei von
Energiearmut zu sprechen. "Ansonsten besteht die Gefahr, dies mit
allgemeiner Armut zu vermischen", sagt Boltz. "Wer arm ist und sich
daher durchschnittlich hohe Energiekosten nicht leisten kann, ist ein
Fall für die Armutsberatung, aber nicht für die
Energiearmutsberatung", veranschaulicht Boltz.

Unseriöse Interpretation vorhandener Daten

Wenn in Österreich von Energiearmut die Rede ist, wird für die Zahl
der Betroffenen immer noch häufig auf einen unbrauchbaren Indikator
zurückgegriffen. So wurde etwa heuer im Oktober publik, dass in
Österreich 2013 rund 230.000 Menschen (102.000 Haushalte) von
Energiearmut betroffen waren. 2012 waren es 263.000 Personen (rund
116.000 Haushalte). Diese Daten beruhen auf der Erhebung EU-SILC, die
europaweit die Einkommens- und Lebensbedingungen untersucht und unter
einem ganzen Bündel an Fragen auch jene stellt, ob man finanziell in
der Lage sei, die gesamte Wohnung angemessen warm zu halten. Wer
diese eine Frage mit "Nein" beantwortet, ist für manche sogleich ein
energiearmer Haushalt. "Diese Interpretation ist völlig unseriös,
eine einzige subjektive Frage ist dafür nicht aussagekräftig genug",
unterstreicht Boltz. An der Studie selbst liege das nicht. "Die
EU-SILC-Erhebung ist eine sehr fundierte Erhebung - aber eben zu
Einkommens- und Lebensbedingungen." Der Fehler liege ganz allein in
der jährlichen Missinterpretation der Daten.

Bisherige Energiearme: Im Schnitt weder arm noch energiearm

Eine genauere Analyse der Einkommens- und Energiekostensituation all
dieser 263.000 Menschen, die 2012 angeblich von Energiearmut
betroffen waren, zeigt, dass diese Personen im Schnitt weder wirklich
arm sind (das monatliche Haushaltseinkommen liegt mit rund 1.400 Euro
netto rund 300 Euro über der heimischen Armutsgefährdungsgrenze) noch
hohe Energiekosten haben (die monatlichen Kosten für Strom, Heizung
etc. sind mit 94 Euro sogar niedriger als im Österreichschnitt).
Energiekosten von mehr als 150 Euro im Monat haben nur 12,1 Prozent
dieser Personen. "Diese Personen sind im Schnitt weder energiearm
noch überhaupt armutsgefährdet. Das ist ein ganz anderer
Personenkreis, als immer behauptet wird", betont Boltz.

Definition der E-Control treffsicherer

Legt man die Definition der E-Control von Energiearmut
(einkommensschwacher Haushalt und gleichzeitig hohe Energiekosten)
auf die Daten von EU-SILC um, erhält man ein anderes Bild. Ein
energiearmer Haushalt nach dieser Definition hatte 2012 ein monatlich
verfügbares Einkommen von knapp 900 Euro (200 Euro unter der
Armutsgefährdungsgrenze) und um fast 80 Prozent höhere Energiekosten
als der Durchschnittsösterreicher (monatlich rund 180 Euro statt 99
Euro). Sechs von zehn Betroffenen hatten Energiekosten von mehr als
150 Euro. "Diese Definition ist wesentlicher treffsicherer", sagt
Boltz. Nach dieser Definition waren 2012 rund 290.000 Menschen von
Energiearmut betroffen. "Das ist zwar in etwa gleich viel wie
aufgrund der anderen Frage, aber eben ein ganz anderer
Personenkreis." Die Analyse zeige jedenfalls, dass man mit der
alleinigen Frage, ob man sich ein Warmhalten der Wohnung leisten
könne, niemals tatsächlich von Energiearmut Betroffene finden könne.

Boltz: "Armutsprobleme nicht in Energiebereich schleppen"

Generell sei es wichtig, Energiearmut und Armut klar auseinander zu
halten, betont Boltz. Dort wo es allgemein um Armut geht, betreffe
dies das Sozialsystem. "Ein zu niedriger Lohn ist kein Thema der
Energiebranche - auch wenn die Person deshalb vielleicht ihre
Stromrechnung nicht bezahlen kann. Hier sind andere Institutionen
gefragt, solche Probleme sollten nicht in den Energiebereich
geschleppt werden." Die Energieunternehmen könnten energiearmen
Haushalten vor allem durch Energieberatungen helfen und
Energiespartipps geben. Sinnvoll sei auch die Zurverfügungstellung
von energieeffizienten Geräten zu vergünstigten Preisen. "Wenn es um
thermische Sanierungen oder Ähnliches geht, sind aber vor allem die
Wohnungseigentümer in die Pflicht zu nehmen", sagt Boltz. Und diese
sind in den seltensten Fällen die energiearmen Bewohner der
Wohnungen.

Kosteneffektive Maßnahmen setzen

Im Kampf gegen Energiearmut sollte vor allem auf möglichst
kosteneffiziente und zielorientierte Maßnahmen gesetzt werden,
erläutert Walter Boltz. "Sinnvoller als ein Heizkostenzuschuss ist
eine Kombination von Maßnahmen, die auch an Grundproblemen wie
mangelndem Wissen über Energiesparen oder energiefressenden Geräten
etwas ändert." So ist in Wien vergangenes Jahr der Heizkostenzuschuss
durch die "Wiener Energieunterstützung" abgelöst worden, einer
Kombination aus Energieberatung, Gerätetauschaktionen und
Einmalgeldleistungen in besonderen Härtefällen. Ab Jänner 2015 sind
zudem Energielieferanten mit mehr als 49 Beschäftigten und einem
Umsatz von über 10 Millionen Euro verpflichtet, eine Beratungsstelle
unter anderem zu Energiearmut anzubieten. "Wir erhoffen uns dadurch
eine gewisse Verbesserung", sagt Boltz.

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sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at

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