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TIROLER TAGESZEITUNG, Ausgabe vom 01.10.2014, Leitartikel von Wolfgang Sablatnig: "Mangelwirtschaft und Ignoranz"

Innsbruck (OTS) - Untertitel: Verteidigungsminister Gerald Klug präsentiert am Freitag sein Sparprogramm für das Bundesheer. Er muss ausbaden, dass sich die Regierung als ganze längst von der Verantwortung für Armee und Verteidigung verabschiedet hat.

Das letzte umfassende Reformkonzept für das Bundesheer ist zehn Jahre alt. Schlanker und effizienter sollte die Armee werden - und gleichzeitig professioneller sowie besser auf internationale Aufgaben vorbereitet. Und sie sollte mehr Geld bekommen.
Die Realität ist eine andere. Die Anschubfinanzierung in Form des Verkaufserlöses stillgelegter Kasernen blieb aus. Günther Platter, damals Verteidigungsminister, sprach von bis zu einer Milliarde Euro, die bis 2010 zu lukrieren sei. Tatsächlich ist der Verkauf bis heute nicht abgeschlossen. Die Einnahmen betrugen nicht einmal 300 Millionen Euro.
Die Auswirkungen des Mangels sind allgegenwärtig. Von maroden Bauten über Spritmangel bis hin zu den PCs, auf denen ein veraltetes Betriebssystem läuft.
Gerald Klug, der amtierende Verteidigungsminister, muss vor diesem Hintergrund am Freitag wieder ein umfassendes Reformkonzept präsentieren. Von hochtrabenden Zielen kann anders als vor zehn Jahren keine Rede sein. Im Gegenteil. Die Armee wird schrumpfen, und das deutlich. "So viel Geld, so viel Bundesheer", lautet seit Monaten Klugs Mantra.
Die richtigere Frage, wie viel Geld er brauchen würde, um die Ziele der vom Parlament beschlossenen Sicherheitsstrategie im In- und Ausland zu erfüllen, stellt sich Klug schon lange nicht mehr. Es würde ihm in der Regierung auch niemand zuhören. Vor zwei Jahren diente das Heer SPÖ und ÖVP als Plattform für eine parteipolitische Auseinandersetzung. Aber schon nach der Volksbefragung musste Klug die Attraktivierung der Wehrpflicht aus vorhandenen Mitteln finanzieren.
Die Ignoranz ist zurück. Die Ignoranz gegenüber denen, die im Katastrophenfall rasch zur Stelle sein sollen. Die Ignoranz gegenüber denen, auf welche die Außenpolitik im Ausland so stolz ist.
Und vor allem die Ignoranz gegenüber jenen Staatsbürgern, die sechs Monate einrücken müssen, deren Ausbildung aber im Zeichen des Mangels steht und denen die Republik Unterkünfte zumutet, die nicht einmal minimale Standards erfüllen.
Und ja, da wäre dann auch noch die militärische Landesverteidigung. Auch davon hat sich Regierung still und heimlich verabschiedet, Verfassung hin oder her. Bis zur Ukraine-Krise ist das kaum aufgefallen.
Aber jetzt? Die Panzerschlacht im Marchfeld ist tatsächlich Geschichte. Krisen können wir aber auch in Europa nicht ausschließen.

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