OÖNachrichten-Leitartikel: "Mehr Kostenwahrheit für den Staatshaushalt", von Christoph Kotanko
Ausgabe vom 1. Oktober 2014
Linz (OTS) - Laut EU-Vorgaben dürfte die Verschuldung eines Staates höchstens 60 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. So eng wird das längst nicht mehr gesehen, Italien z. B. hat 128 Prozent. Cosí fan tutte!
Österreichs Schuldenquote beträgt aktuell 81,2 Prozent. Bisher waren es "nur" 72,5.
Alles halb so arg, beruhigt die Regierung: Nur eine neue Statistikmethode, und dass die Bankenrettung sündhaft teuer wird, habe man immer gewusst.
Das ist die halbe Wahrheit. Die Verschuldung der Republik steigt nicht nur wegen notleidender Banken steil an. Erstmals erfasst werden auch Staatsschulden, die bisher "außerbudgetär" versteckt waren. Allein die ÖBB schlagen mit 10,5 Milliarden Euro durch. Der Schuldenstand steigt auch durch Verbindlichkeiten der Bundesimmobiliengesellschaft, Wiener Linien, Krankenanstalten, Länder- und Gemeindeschulden. Die EU-Vorschriften erzwingen eben mehr Transparenz, mehr Kostenwahrheit.
Durch die Neuberechnung erhöht sich auch das BIP auf 322,6 Milliarden - ein Wirtschaftswunder, zumindest auf dem Papier.
Davon kann ein Gemeinwesen nicht leben.
Es wird weitere Anstrengungen brauchen, um die öffentlichen Haushalte ins Lot zu bringen. Die Bundesregierung arbeite ihr Programm "Punkt für Punkt ab", betonte gestern Vizekanzler Mitterlehner - und lobte eine Novelle des Maß- und Eichgesetzes, die jährlich 41 Millionen Euro bringt.
Das ist würdig und recht und tut niemandem weh. Doch es gibt keine Hobelaktion ohne Späne. Wer bei den Ausgaben spürbar sparen will, darf den Konflikt nicht scheuen.
Dabei geht es nicht nur darum, dass sich der Finanzminister mit dem Sozial- oder dem Wirtschaftsminister matcht. Das wäre vergleichsweise einfach. Die weit verbreitete Meinung, tiefgreifende Reformen seien die Sache des Bundes, ist allerdings falsch.
Ein Beispiel: Der Bund hat aktuell 130.451 Beschäftigte auf Vollzeitbasis, die Länder haben 138.778, die Gemeinden 73.822.
Wer da meint, "die in Wien" mögen nur schön sparen, ignoriert die Wirklichkeit.
Welche Sparpotenziale es gibt, zeigte die Debatte über die Landesschulräte. Ein kleines Exempel, aber nicht die einzige Prasserei.
Finanzminister Schelling will sämtliche Ausgaben abklopfen. An verbaler Unterstützung fehlt es nicht; wir werden sehen, wer zu ihm steht, wenn es hart auf hart geht.
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