- 24.09.2014, 18:09:58
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Nationalrat: Verkauft der Staat Liegenschaften zu günstig?
Rechnungshof kritisiert Immobiliengeschäfte und fordert bessere Planung bei umfangreichen Beschaffungen
Utl.: Rechnungshof kritisiert Immobiliengeschäfte und fordert
bessere Planung bei umfangreichen Beschaffungen =
Wien (PK) - Anhand von Berichten des Rechnungshofs debattierte der
Nationalrat nach Ende der Europadebatte zunächst über die Vergabe und
Kontrolle von Umsatzsteuernummern, Liegenschaftsverkäufe der
Sozialversicherungen und über Beschaffungen im Innenressort,
insbesondere über das Digitalfunk-Projekt. Steuernummern und
Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (UID) seien korrekt aufgenommen,
vergeben und gelöscht worden, hatte der Rechnungshof dem
Finanzministerium attestiert, zugleich aber Kritik an einer
uneinheitlichen Vorgangsweise geübt, die Prüfungen bei neuen
Unternehmen unterschiedlich wahrscheinlich machten.
Beim Thema Liegenschaftsverkäufe von Sozialversicherungen erfuhren
die Abgeordneten, dass Sozialversicherungsanstalten beim Verkauf von
Liegenschaften ein unzweckmäßiges Bewertungssystem anwendeten und
werterhöhende Faktoren nicht berücksichtigten, was die
Erlöserwartungen senkte. Bei Verkäufen werde auf eine öffentliche
Interessentensuche verzichtet und Termine für Bieter so kurzfristig
angesetzt, dass dies den Wettbewerb einschränkte. Bei der Anmietung
der Roßauer Lände 3 schließlich habe die Universität Wien einen
nachteiligen Mietvertrag abgeschlossen, registrierte der
Rechnungshof, der Handlungsbedarf sah und die ordnungsgemäße
Abwicklung von Bewertungsverfahren empfahl. Der RH-Bericht wurde vom
Plenum des Nationalrats einstimmig zur Kenntnis genommen.
Dass die Universität Wien die Liegenschaft an der Roßauer Lände
angemietet statt gekauft habe, bedauerte Abgeordnete Ruth Becher (S)
in ihrer einleitenden Stellungnahme ausdrücklich und schlug vor, das
Universitäts-Konzept für eine zentralisierte Struktur in der
Innenstadt zu prüfen. Becher macht auf das Entwicklungspotential des
Standorts Aspern seit der U2-Anbindung aufmerksam und ließ
Präferenzen für dezentrale Universitätsstandorte in Wien erkennen.
Klarere Vorgaben für Finanzämter und Unternehmen, wie sie der
Rechnungshof beim Thema Umsatzbesteuerung empfiehlt, hielt auch
Abgeordneter Josef Lettenbichler (V) für notwendig, machte aber
zugleich auf das grundsätzlich positive Zeugnis des Rechnungshofs für
die Finanzämter aufmerksam.
Missstände bei Immobiliengeschäften ausgegliederter Gesellschaften
Warum die Universität Wien das Objekt an der Roßauer Lände nicht
direkt vom ursprünglichen Eigentümer erworben oder angemietet habe,
fragte Abgeordneter Axel Kassegger (F). Er sah Ungereimtheiten beim
Verkauf dieser Liegenschaft an eine Genossenschaftsbank, die das
Gebäude zum Nachteil der Universität Wien an diese weiter vermietete.
Kassegger drängte auf die raschere Umsetzung der Empfehlungen des
Rechnungshofs zur Vorgangsweise beim Liegenschaftsverkauf durch
Sozialversicherungen.
Auch für Abgeordnete Gabriele Moser (G) ist das Geschäft "Roßauer
Lände" ein himmelschreiendes Beispiel für Misswirtschaft bei
Immobilienverkäufen öffentlicher Gesellschaften. Eine
Genossenschaftsbank erwirbt ein Objekt um 30 Mio. € und vermietet es
langfristig um 400 Mio. € an die Republik zurück. Die Abgeordnete
problematisierte an dieser Stelle Ausgliederungen, sprach den Vorwurf
von "Geschäften unter Freunden" aus und forderte, die Empfehlung des
Rechnungshofs auf transparentere Vergabeverfahren umzusetzen. Einmal
mehr zeige sich, so Moser, wie wichtig die Kontrolle des
Rechnungshofs sei.
Wie viel Geld der Staat bei Immobiliengeschäften liegen lasse,
empörte auch Abgeordnete Martina Schenk (T), die ihrerseits nicht
nachvollziehbare Bieterverfahren und Doppelgleisigkeiten bei der
Genehmigung von Grundstücksverkäufen kritisierte. Schenk lobte den
Rechnungshof für seine engagierte Arbeit und legte einen
Entschließungsantrag ihrer Fraktion vor, der verlangte, dem
Rechnungshof angesichts zunehmender Aufgaben die notwendigen Mittel
zu geben.
Angesichts der Kritik an Mängeln beim Verkauf von Liegenschaften der
Sozialversicherungen schlug Abgeordneter Andreas Ottenschläger (V)
vor, bei Geschäften ab einer bestimmten Größe das Know-how der
Bundesimmobiliengesellschaft zu nutzen, um optimale Verkaufserlöse zu
erzielen.
Kontrolle von Steuernummern wichtig für Staatseinnahmen
Die große Bedeutung der Ausgabe und der Kontrolle der
Umsatzsteuerindentifikationsnummern (UID) legte Abgeordneter Erwin
Preiner (S) dar. Sie seien die Eintrittskarten für Unternehmen in den
EU-Binnenmarkt. Da die Mehrwertsteuerlücke in Österreich auf 3,1 Mrd.
€ oder 14 % der gesamten Umsatzsteuerschuld geschätzt werde,
unterstützte der Abgeordnete die Empfehlungen des Rechnungshofs auf
eine einheitlichere Vorgangsweise bei der Vergabe und Kontrolle der
UID-Nummern und begrüßte die dabei bereits erreichten Fortschritte. -
Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. - Der
Entschließungsantrag des Teams Stronach auf bessere budgetäre
Ausstattung des Rechnungshofs blieb in der Minderheit der
Oppositionsparteien und wurde abgelehnt.
Behördenfunk - Lehrgeld bezahlt, Endausbau bis Ende 2018/Anfang 2019
Mit einem Sonderprüfungsbericht hatte der Rechnungshof die
Abgeordneten über das Beschaffungswesen im Innenministerium
informiert, das 2010 mit 72 Mio. € das höchste Beschaffungsvolumen
aller Ministerien hatte. Ein vollständiger Überblick über Liefer- und
Dienstleistungsaufträge sowie die regelmäßige Kontrolle ausgewählter
Beschaffungen fehlten. Auch sei das Bundesvergabegesetz durch
unzulässige Direktvergaben verletzt worden, stellte der Rechnungshof
kritisch fest. Das besondere Interesse der ParlamentariereInnen galt
dem Projekt österreichweites digitales Behördenfunknetz für alle
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Nach der
Auflösung des Vertrags mit Master-talk habe das Ressort bei der
neuerlichen Ausschreibung das Risiko für die Akquisition der Länder
übernommen, kritisierte der Rechnungshof und drängte auf rasche
Fortschritte sowie auf die Nutzung von Einsparungsmöglichkeiten bei
den Funkdienstentgelten und die Beteiligung des Bundes an
Einnahmenüberschüssen. Bis 2018 soll der Vollausbau abgeschlossen
werden, um weitere Mehrkosten für den Bund zu vermeiden. Bei
vergleichbaren Projekten sollte künftig die Planung verbessert
werden, um Mehrkosten für die SteuerzahlerInnen zu vermeiden, lautete
der Vorschlag von Rechnungshofpräsident Josef Moser.
Lob für den Rechnungshof für Untersuchungen zum Behördenfunk
"Die budgetäre Situation des Rechnungshofs soll verbessert werden",
hielt SPÖ-Abgeordneter Elmar Mayer in seiner einleitenden
Stellungnahme als Ziel ausdrücklich fest. Die Vorgänge rund um die
Vergabe des Projekts zur Einrichtung eines digitalen Behördenfunks
für alle Einsatzorganisationen habe gezeigt, wie wichtig die Arbeit
des Rechnungshofs sei, dessen 27 Empfehlungen zu diesem Thema
großteils bereits umgesetzt wurden. Froh zeigte sich der Redner auch
über die absehbare neue Möglichkeit einer Minderheit der
Abgeordneten, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, um politische
Verantwortungen im Zusammenhang mit Missständen rasch aufzuklären.
Das für den Katastrophenschutz so wichtige Projekt digitaler
Behördenfunk werde gut umgesetzt und bis Anfang 2019 abgeschlossen,
zeigte sich Abgeordneter Hermann Gahr (V) überzeugt. Er erinnerte an
Mängel und Fehler bei der Erstausschreibung des Projekts und sah es
positiv, dass Innenministerin Mikl-Leitner 22 der 27
Rechnungshofempfehlungen bereits umgesetzt habe. Bei diesem Projekt
musste Lehrgeld bezahlt werden, mittlerweile sei es aber gelungen,
ÖBB und ASFINAG sowie mittlerweile sieben Bundesländer einzubinden,
auch Kärnten und Vorarlberg seien bereit mitzumachen, sagte Gahr.
Abgeordnete Gabriela Moser (G) informierte darüber, dass die
Ermittlungen zum Vorwurf von Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit
der Einführung des digitalen Behördenfunks immer noch nicht
abgeschlossen seien und lobte den Rechnungshof für seine raschen
Untersuchungen. Als besonders fragwürdig bezeichnete die Rednerin,
dass Entscheidungen über dieses Projekt getroffen wurden, ohne die
Meinung der Bundesländer dazu einzuholen. Dies habe zu Verzögerungen
und hohen Kosten für die SteuerzahlerInnen geführt, klagte Moser. Um
künftig derartige Missstände zu vermeiden, sollten die
Regierungsparteien die Opposition, die im Fall Digitalfunk von Anfang
an gewarnt habe, rechtzeitig in die Kontrolle einbinden.
Abgeordneter Martina Schenk (T) sprach beim Thema digitaler
Behördenfunk von einem Paradebeispiel für Geldvernichtung und lobte
ihrerseits die Arbeit des Rechnungshofs.
Aua der Sicht Niederösterreich sprach sich Abgeordneter Hell (S) für
eine bessere Einbindung der Bundesländer in Entscheidungen des Bundes
aus. Hell betonte die Bedeutung einer optimalen Zusammenarbeit und
Kommunikation der Blaulicht-Organisationen im Katastrophenfall und
brachte sein Bedauern über die schlechte Abwicklung des Projekts zum
Ausdruck.
Die Einrichtung eines digitalen Behördenfunknetzes ist ein
Meilenstein bei der Weiterentwicklung des Katastrophenschutzes, sagte
Abgeordneter Andreas Hanger (V), begrüßte die Umsetzung der meisten
Rechnungshofempfehlungen zu diesem Thema durch die Innenministerin
und hoffte darauf, dass es Bund und Ländern gelingen werde, das Netz
rechtzeitig 100-prozentig auszubauen.
Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (S) erinnerte abschließend daran,
dass sich der Rechnungshof nicht nur mit dem Projekt Behördenfunk,
sondern auch mit der Vergabepraxis im Innenministerium
auseinandergesetzt habe und dabei kritische Anmerkungen gemacht habe.
Die Rechnungshofkritik sei im Innenressort ernst genommen und die
notwendigen Konsequenzen gezogen worden, lobte Gessl-Ranftl.
Mit einem anderen Thema hatte sich Abgeordneter Christian Hafenecker
(F) befasst, nämlich mit der Kritik des Rechnungshofs an der
Unterschreitung der für Eurofighter-Piloten notwendigen Zahl von
jährlich 110 Flugstunden beim Bundesheer. Besorgt um die Sicherheit
im österreichischen Luftraum zeigte sich der Abgeordnete auch wegen
geplanter Änderungen bei der Luftraum-Verordnung, die unter anderem
flachere Landeanflüge und die Einführung einer Transponder-Pflicht
für Sportflieger vorsehen soll. Hafenecker brachte dazu einen
Entschließungsantrag ein und schlug eine faire Diskussion mit den
Luftsportverbänden vor. - Dieser Antrag blieb bei der Abstimmung in
der Minderheit. Der Rechnungshofbericht wurde einstimmig zur Kenntnis
genommen. (Fortsetzung Nationalrat) fru
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