- 20.08.2014, 20:46:42
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Das Wagnis, Kommentar zu Infineon von Michael Flämig
Frankfurt (ots) - Selbst in diesen Zeiten sind 2,4 Mrd. Dollar eine
Menge Geld. Dies gilt insbesondere für die Halbleiterbranche, die
eine überschaubare Dimension hat. Mit dem Angebot an die
Anteilseigner des US-Konkurrenten International Rectifier am
Mittwochabend kann Infineon sich daher in eine neue Dimension
katapultieren. Doch Volumen ist kein Selbstzweck. Wie ist der Kauf zu
bewerten?
Positiv fällt auf: Das Management hat die Investoren gut auf die
Offerte vorbereitet. Es ist eine Akquisition mit Ansage. Dass die
Börse auf Spekulationen im gestrigen Tagesverlauf mit einem
Kurseinbruch reagierte, hatte anfangs mit dem Kaufkandidaten nichts
zu tun. Denn mancher Aktionär hatte zuvor auf eine Sonderdividende
gehofft. Im abendlichen Späthandel ging es allerdings weiter abwärts.
Rectifier bringt trotzdem gute Voraussetzungen mit, den Infineon-Wert
zu stützen. Erstens garantiert der Zukauf dort regionalen Rückenwind,
wo Infineon unterrepräsentiert ist: im Technologie-Hub an der
US-Westküste. Zweitens kann Infineon via Rectifier kleinere und
mittlere Kunden besser adressieren. Drittens bleibt Infineon mit dem
Cash-Eigenanteil von nur 800 Mill. Euro ausreichend Polster, um
aktionsfähig zu sein. Am wichtigsten allerdings ist - viertens - ein
weiterer Punkt: Die Überschneidungen in der Technologie sind zwar
vorhanden, aber die Ergänzungen substanziell.
Allerdings ist die Bewertung mehr als ambitioniert. Der Aufschlag auf
den Rectifier-Aktienkurs von 50% mag im US-Halbleitermarkt üblich
sein, bleibt aber happig. Dieses Geld muss erst einmal verdient
werden. Bis zum Beweis des Gegenteils werden die Anleger skeptisch
sein. Dafür gibt es gute Gründe. Schließlich sind derart große
Übernahmen in der Branche unüblich, es gibt keine Erfahrungswerte.
Naturgemäß fehlen diese damit auch dem Infineon-Vorstand. Er muss
unter Beweis stellen, die erforderlichen Qualitäten zu besitzen.
Noch schwerer wiegt: Rectifier steckt mitten in einer
Restrukturierung. Damit ist der US-Konzern ein unsicherer Kantonist
schon aus sich heraus. In dieser Lage lassen sich
Margensteigerungspotenziale wunderbar extrapolieren, eine ganze
Beratungsindustrie lebt von entsprechenden Charts. Doch Papier ist
geduldig. Die Bayern stehen vor der Aufgabe, über die kulturelle
Grenze des Atlantiks hinweg diesen Umbau zu fördern und stellenweise
neu zu justieren.
Das Wagnis ist offensichtlich - aber die Chancen sind es ebenso. Mehr
als bei anderen Akquisitionen kommt es darauf an, in der sensiblen
Branche bei einem semistabilen Kaufkandidaten die Integration gut zu
managen.
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