Ärztekammertag: Niederösterreich will EU-Spitalsarbeitszeit-Richtlinie unterwandern
Ignoriert geplante Gesetzesnovelle - Einstimmige Resolution gegen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in Spitälern - Ärzte zeigen heftigen Widerstand
Loipersdorf (OTS) - Die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) hat am Freitag im steirischen Loipersdorf in einer einstimmigen Resolution heftigen Widerstand gegen die Absicht des Landes Niederösterreich zum Ausdruck gebracht, die EU-konformen Höchstarbeitszeiten in den Spitälern zu umgehen. Die in einem Antrag des Landes an die Bundesgesundheitskommission enthaltenen Forderungen würden den Arbeitnehmerschutz unterminieren, eine massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in den Spitälern nach sich ziehen und langfristig die Qualität der medizinischen Versorgung gefährden. Im Falle einer Umsetzung der Forderungen befürchtet das höchste österreichische Ärztegremium einen weiteren Attraktivitätsverlust des Ärzteberufes, was das bereits bestehende Problem des Ärztemangels verschärfen würde. Auch die vorgesehene fortgesetzte Ausbeutung der Turnusärzte, die nur der Kosteneinsparung diene, werde vom höchsten Ärztegremium abgelehnt. Die politischen Entscheidungsträger seien indes gefordert, den völlig inakzeptablen Antrag des Landes Niederösterreich ebenfalls abzulehnen und stattdessen endlich Maßnahmen zu setzen, den Arztberuf in Österreichs Spitälern wieder attraktiver zu machen.
Die Resolution im Wortlaut
Resolution der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer gegen einen Antrag des Landes Niederösterreich "betreffend flankierende Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2003/88 ..." an die Bundesgesundheitskommission, der jedoch eine deutliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen in Österreichs Spitälern enthält.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Arbeiten an einem Novellierungsentwurf des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes hat das Land NÖ überraschend einen Antrag, gezeichnet von LH-Stv. Sobotka, an die Bundesgesundheitskommission für die Sitzung am kommenden Montag, den 30.6.2014, vorbereitet, der versucht, u.a. die Arbeitszeithöchstgrenze de facto auszuhebeln und daher sowohl einen massiven Angriff auf den ArbeitnehmerInnenschutz, die Arbeitsbedingungen in den Spitälern sowie auf das Recht der Patientinnen und Patienten auf eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung darstellt.
Dieser Antrag enthält u.a. folgende Forderungen, die massive Verschlechterungen für die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte beinhalten und ein ärztliches Tätigwerden in Österreich weiter unattraktiv machen:
- De facto Aushebelung der Arbeitszeithöchstgrenzen durch unbefristete Opt-Out-Regelung bzw. Verlängerung der Befristung bis 2030 (der Entwurf enthält ohnedies sechs Jahre Übergangsfrist bis 2021 zur Umsetzung einer seit 17 Jahren bekannten EU-Vorgabe)
- Wegfall der für die Ausbildungsqualität erforderlichen Kernarbeitszeit von Turnusärzten, wohl um Kosten zu sparen
- Lockerung des Ausbildungsschlüssels, d.h. mehr Turnusärzte als derzeit pro Facharzt, d.h. Verschlechterung der Ausbildungs-qualität, wohl um Kosten zu sparen
- Ermöglichung des fächerübergreifenden Einsatzes von Turnusärzten (Allgemeinmedizinern) im Bereich der Basisleistungen
- Ausdünnung bzw. Abschaffung fachärztlicher Anwesenheiten durch Ausweitung von Rufbereitschaftsdiensten, d.h. noch weniger Fachärzte in Krankenanstalten
Diese im Widerspruch zu den Anforderungen der Praxis stehenden Forderungen sind inakzeptabel und werden daher von der Österreichischen Ärztekammer klar abgelehnt!
Die politischen Entscheidungsträger werden aufgefordert, diesen Antrag ebenfalls klar abzulehnen und endlich Maßnahmen zur deutlichen Attraktivierung des Arztberufs - vgl. etwa die Empfehlungen der aktuellen GÖG-Ärztebedarfsstudie - umzusetzen. (slv)
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