- 29.01.2014, 14:37:54
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Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit
Aktuelle Europastunde im Nationalrat
Utl.: Aktuelle Europastunde im Nationalrat =
Wien (PK) - Die kommenden Wahlen zum Europäischen Parlament am 25.
Mai warfen in der heutigen Nationalratssitzung ihre Schatten voraus.
Die Abgeordneten nahmen die von der SPÖ vorgeschlagene Aktuelle
Europastunde zum Thema "Duales Ausbildungssystem, Ausbildungsgarantie
- Österreich als Beispiel für Europa" zum Anlass, nicht nur zu dieser
speziellen Frage Stellung zu nehmen, sondern auch allgemeine
Anmerkungen über die Zukunft der Europäischen Union zu machen.
So wünschte sich beispielsweise Abgeordneter Josef Cap (S) ein
"besseres und anderes Europa", in dem ein Politik- und
Mentalitätswechsel vor allem im Rahmen der EU-Kommission Platz
greift. Cap warnte insbesondere vor einer Politik des Kaputtsparens,
die Massenarbeitslosigkeit und Perspektivenlosigkeit nach sich ziehe
und damit eine Basis für Diktaturen aufbereite. Viel mehr forderte er
aktive Schritte der EU in Richtung Beschäftigung und Wachstum sowie
Erhalt der sozialen Standards. Die EU müsse sich auch für eine
ökonomische Weltordnung stark machen, um Armutsmigration einzudämmen,
sie müsse Schritte gegen den Klimawandel setzen und die
Herausforderungen des digitalen Zeitalters annehmen. Dazu bedürfe es
einer starken Währung, effektiver Schritte gegen Finanzspekulationen
sowie Maßnahmen, damit Banken wieder mehr für die Realwirtschaft tun.
Cap wandte sich damit gegen all jene Stimmen, die sich pauschal gegen
die EU aussprechen und für einen Austritt aus der gemeinsamen Währung
plädieren. Ein ähnliches Plädoyer für Europa hielt auch ÖVP-
Klubobmann Reinhold Lopatka. Die Rückkehr zu 28 verschiedenen
Währungen sei für die Volkspartei keine Option, zumal Österreich mit
seiner exportorientierten Wirtschaft auf Stabilität angewiesen sei. 6
von 10 Euro würden von österreichischen Unternehmen durch den Export
verdient, 70 % der Exporte gingen in den Euroraum, rechnete Lopatka
vor. Er verteidigte in diesem Zusammenhang vor allem die Politik der
deutschen Bundesregierung unter Angela Merkel, die für Stabilität
sorge. Lopatka unterstrich ferner die Notwendigkeit offener Grenzen
für die Wirtschaft, gleichzeitig gab er vor dem Hintergrund der
gewalttätigen Demonstrationen rund um den Akademikerball zu bedenken,
dass man, wenn notwendig, auch Hindernisse einbauen müsse.
Die beiden Wortmeldungen veranlassten den FPÖ-Bildungssprecher Walter
Rosenkranz den beiden Regierungsparteien SPÖ und vor allem ÖVP
vorzuwerfen, Denkverbote auszusprechen. Er sei derzeit zwar nicht für
einen Austritt aus dem Euro, sagte er, gleichzeitig zeigte er sich
aber überzeugt davon, dass es mit der gemeinsamen Währung weiter
bergab gehen werde. Sein Klubkollege Bernhard Themessl verwies in
diesem Zusammenhang auf die guten Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und
Budgetdaten der Schweiz.
Birgit Schatz von den Grünen forderte wiederum allgemein ein,
Instrumente wie die Aktuelle Europastunde für europarelevante Themen
zu benützen, wie etwa das Freihandelsabkommen mit den USA oder den
Wettbewerbspakt. Sie vermisste dazu ausreichende Informationen und
eine klare Positionierung der Bundesregierung.
Stronach verabschiedet sich aus dem Parlament
Frank Stronach (T) nützte die Gelegenheit, sich vom Hohen Haus als
Abgeordneter zu verabschieden. Ihm sei es ein Anliegen gewesen, mit
seiner Partei das System in Österreich zu ändern und als Politiker
ganz bei der Sache zu bleiben. Letzteres sei ihm aber nicht immer
gelungen, gab er zu. Auf sein Team im Parlament sei er stolz, merkte
er mit Zuversicht für die Zukunft des Team Stronach an. Generell
kritisierte er, dass sich der Schwerpunkt zunehmend von der
Realwirtschaft zur Finanzwirtschaft verschiebe, obwohl nur die
Realwirtschaft mit gut ausgebildeten ArbeitnehmerInnen Wohlstand
schaffen könne. Einmal mehr warnte er vor den negativen Konsequenzen
einer überbordenden Verwaltung.
Europäische Herausforderungen
Zum zentralen Thema der Aktuellen Europastunde stellte Bundeskanzler
Werner Faymann fest, der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit habe
viele Facetten. Jugendarbeitslosigkeit sei nicht nur ein Phänomen
armer Länder, sondern durchaus auch reicher Staaten. Österreich stehe
im europäischen Vergleich mit seinem dualen Ausbildungssystem und der
Ausbildungsgarantie gut da, trotzdem sei alles zu tun, um für ein
ausreichendes Wirtschaftswachstum zu sorgen, damit man sich nicht an
hohe Arbeitslosenquoten gewöhnt. Es sei wichtig, von der Arbeit auch
leben zu können, betonte der Kanzler, alles andere sei persönlich und
gesellschaftlich unerträglich. Nachdem man Schutzschirme mit Hilfe
hoher Steuermittel eingerichtet hat, um Banken zu retten, sei es nun
vordringlichste Aufgabe, mit dem selben Einsatz gegen die
Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Faymann sprach in diesem Zusammenhang
die sich mehr und mehr ausbreitenden prekären Arbeitsverhältnisse und
das Lohndumping an, er trat auch vehement für effiziente Maßnahmen
gegen den Steuerbetrug und für die Einführung der
Finanztransaktionssteuer ein und bekräftigte, in diesem Sinne eine
aktive Europapolitik betreiben zu wollen. Darin wurde er von
Christine Muttonen (S) unterstützt, die, wie ihre Klubkollegin Sabine
Oberhauser, die wichtige Rolle der Sozialpartnerschaft unterstrich
und betonte, dass Österreich in der aktiven Beschäftigungspolitik zu
einem Vorbildung und Ideengeber für Europa geworden sei.
Um in allen Ländern diese Verbindung der praxisorientierten
Ausbildung mit theoretischem Wissen durchsetzen zu können, brauche
man makroökonomische Maßnahmen, warf Angelika Rosa Mlinar von den
NEOS ein, denn viele Länder könnten aufgrund ihrer konjunkturellen
Schwierigkeiten nicht ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung
stellen. Mlinar rief daher zu einem europäischen Schulterschluss auf,
um einen gemeinsamen Wirtschaftsraum und Arbeitsmarkt zu schaffen.
Große Hoffnungen setzte sie in das Programm Erasmus Plus, in dessen
Rahmen nun auch ein größerer Fokus auf die Mobilität der Lehrlinge
gelegt wird.
Mangelnde Schulausbildung ist großes Problem
In der Debatte ging es jedoch nicht nur um diese Vorbildfunktion
innerhalb der EU, die Abgeordneten artikulierten auch die
Notwendigkeit, in Österreich selbst Änderungen vorzunehmen. Die
Kritik richtete sich in vielen Redebeiträgen gegen die mangelnde
Schulausbildung. Viele Schulabgänger beherrschen die Grundtätigkeiten
Lesen, Schreiben und Rechnen nur mangelhaft, warnte etwa der
Bildungssprecher der Grünen Harald Walser. Da ist Alarm angesagt,
formulierte er und verlangte eine grundlegende Schulreform. Das
sinkende Image der Lehre hält er für hausgemacht, die Kontrollen bei
der Lehrlingsausbildung seien entfallen, es fehlten zunehmend
Ausbildungsplätze und in naher Zukunft werde sich der
Facharbeitermangel weiter verschärfen, warnte er und vermisste
Aussagen der Regierung, wie man diesem Problem entgegen wirken könne.
Ebenso drängte Birgit Schatz (G) darauf, bei der Lehrlingsausbildung
wieder mehr auf Qualität zu achten. Sie meinte aber, dass die Lehre
die Jugendarbeitslosigkeit nur teilweise bekämpfe und vielmehr das
Problem nach hinten zu den 19- bis 25-jährigen verschiebe. Auch die
SPÖ-Politikerin Sabine Oberhauser ortete das Problem in der
schulischen Ausbildung. Man müsse nachjustieren und die Frage
beantworten, was die Schule den Kindern bringen soll. Oberhauser
glaubt jedoch, dass auch ein Umdenken in den Köpfen der Eltern
notwendig sein werde, um das Image der Lehre wieder zu heben. Walter
Rosenkranz (F) bezeichnete es sogar als einen Skandal, dass sich
heutzutage die betrieblichen Ausbildungsstätten gezwungen sehen, die
Volksschulbildung nachzuholen. Oberhauser (S) zeigte sich jedoch
erfreut darüber, dass Europa nun selbst Geld in die Hand nimmt, um
den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit aufzunehmen, zumal eine
Generation mit Perspektivenlosigkeit das Feld für Gewalt und Unruhen
aufbereite.
SPÖ und ÖVP fehle die Fantasie, um das Image der Lehre zu verbessern
und den Druck auf die Lehre zu nehmen, meinte Klubobmann Matthias
Strolz (N). Den NEOS zufolge müsse man angesichts der hohen Drop-out
Quoten in den AHS und BHS, aber auch in den berufsbildenden mittleren
Schulen die Laufbahn- und Berufsberatung mit entschlossenen Schritten
verbessern. Er sah eine massive Fehlleitung der Jugendlichen im
österreichischen Schulsystem, auch aufgrund der Werbungen der
einzelnen Schulen, und sprach sich für eine Berufsakademie aus, die
in das duale Ausbildungssystem eingebunden werden sollte. Bernhard
Themessl wiederum trat für die Wiedereinführung des Blum-Bonus, ein
Anreizsystem zur Schaffung von Lehrstellen, ein. Seitens der FPÖ ist
man auch gegen eine Ausbildungspflicht, weil man damit junge Menschen
für unmündig erklärt und es außerdem fraglich ist, wer die
angedachten Strafen zahlen soll.
Katrin Nachbaur vom Team Stronach äußerte sich sogar skeptisch
gegenüber der Ausbildungsgarantie, denn ihrer Ansicht nach könne die
Politik nur Rahmenbedingungen schaffen, alles andere sei
realitätsfern. Den Grund für den Rückgang von Ausbildungsplätzen in
den Betrieben ortete sie in einer überbordenden Bürokratie und einer
mangelnden Qualität der Schulausbildung. Nachbaur sah die Lösung in
einer größeren Schulautonomie und in der Beibehaltung der
Typenvielfalt im Schulsystem.
Der Kritik, die Regierung unternehme nichts, um vorhandene Probleme
bei der Lehrlingsausbildung zu beseitigen, konnte sich Angelika
Winzig (V) nicht anschließen. Sie verwies auf das Regierungsprogramm,
in dem die Weiterentwicklung der dualen Ausbildung und die
Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr festgeschrieben seien. Ein
Schwerpunkt werde auf die Berufsorientierung und die Potentialanalyse
für die Berufswahl gelegt, erläuterte Winzig und befürwortete vor
allem die Polytechnische Schule, in der Module zum Nachlernen der
Grundkenntnisse, für das Entwickeln sozialer Kompetenzen und die
Berufswahl angeboten werden sollen. Die Mandatarin verwies überdies
auf das Erfolgsmodell "Lehre mit Matura" und befürwortete eine
verkürzte Lehre für MaturantInnen.
Opposition für Entlastung der Wirtschaft
Die Abgeordneten Bernhard Themessl (F), Matthias Strolz (N) und
Katrin Nachbaur (T) machten sich im Rahmen dieses Themas auch für die
Entlastung der Wirtschaft stark. Strolz kündigte für den heutigen Tag
einige Anträge seiner Fraktion an. Jener zur Beibehaltung des
Gewinnsteuerfreibetrags würde auch von der FPÖ und dem Team Stronach
unterstützt. Man beantrage dazu eine namentliche Abstimmung und hoffe
nach den Aussagen von Wirtschaftskammerpräsident Leitl auf die
Unterstützung des Wirtschaftsflügels innerhalb der ÖVP, so Strolz.
(Fortsetzung Nationalrat) jan
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