- 28.01.2014, 18:16:01
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OÖNachrichten-Leitartikel: "Wann waren Sie das letzte Mal bei der Polizei?", von Helmut Atteneder
Ausgabe vom 29. Jänner 2014
Utl.: Ausgabe vom 29. Jänner 2014 =
Linz (OTS) - Am Anfang starben die Greißler, dann die Postämter und
jetzt die Polizei. Und die Totengräber schwangen stets positive
Trauerreden. Die Schließung von 122 Polizeiinspektionen in Österreich
ist Nahrung für Pessimisten. Aus Sicht der Menschen in kleinen
Kommunen - und die sind in der Hauptsache von der gestern bekannt
gegebenen Umstrukturierung bei der Polizei betroffen - sticht dieses
Argument auf den ersten Blick.
Allerdings: Ist nach einer Reform wirklich immer alles schlechter
geworden? Nein. Wie oft waren Sie eigentlich in Ihrem Wohnort schon
von sich aus in einer Polizeiinspektion? Oder ist es nicht wichtiger,
dass die Polizei schnell dort ist, wo sie gebraucht wird? Genau da
setzt die Reform von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner an. Sie
will die Inspektionen vergrößern, flexibler machen, mehr Beamte auf
die Straße schicken und von unnötiger Verwaltungsarbeit befreien.
Dagegen ist nichts einzuwenden, im Gegenteil. Denn immer wieder wird
in der Bevölkerung der Ruf nach mehr Polizeipräsenz auf den Straßen
oder in den Abendstunden laut. Wir wissen: Das subjektive
(Un-)sicherheitsgefühl ist oft nicht mit real existierenden
Fallzahlen in der Kriminalstatistik kompatibel. Es sind oft
Einzelfälle, etwa ein Überfall in einer Tiefgarage, oder besonders
brutal vorgegangene Dämmerungseinbrecher, die Angst erzeugen. Und
dass im Zuge der Reform Doppelgleisigkeiten bereinigt und Kosten
eingespart werden, liegt im Interesse der Öffentlichkeit.
Jede Reform auf dem Reißbrett hat eines Tages den Echttest in der
realen Welt zu bestehen. So auch diese. Die Polizeireformer
versprechen, dass im Einsatzfall - egal, wo er passiert - Polizisten
spätestens nach 30 Minuten am Tat- oder Unfallort sind. Eine lange
Zeit, etwa bei einem Raubüberfall auf eine Bank, eine Tankstelle oder
ein Wettbüro.
Dass bei den betroffenen Gemeinden kein Jubel aufkommt, ist eine
natürliche Reaktion. Oberösterreich hat mit Andreas Pilsl als
obersten Polizisten einen erfahrenen, wohl aber auch konsequenten
Reformer. Sich auf gefährliche Experimente einzulassen kann weder in
seinem noch im Interesse seiner Landsleute liegen. Der
Schließungsplan hat allerdings auch zahlenmäßige Schieflagen: In
Kärnten wird jeder vierte Posten geschlossen, in Niederösterreich nur
einer von zehn. Ob es daran liegt, dass Mikl-Leitner
Niederösterreicherin ist?
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