- 21.01.2014, 22:00:32
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Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 22. Jänner 2014. Von CHRISTIAN JENTSCH. "Von Brandstiftern und Kollateralschäden".
Innsbruck (OTS) - Untertitel: Trotz Friedensverhandlungen in der
Schweiz wird die syrische Tragödie so schnell kein Ende finden.
Auch weil in den Planspielen der großen Weltpolitik noch kein
Kompromiss vorgesehen ist.
Vom Schlachtfeld in Syrien ins mondäne Örtchen Montreux am Genfer
See: Heute fällt in der Schweiz der Startschuss zu den
Friedensgesprächen für Syrien. Nein, eine Verhandlungslösung wird es
in absehbarer Zukunft nicht geben, die Kontrahenten im Bürgerkrieg
werden sich weiter bis aufs Blut bekämpfen und für Millionen Syrer
wird es kein Erwachen aus dem Albtraum geben. Man will keinen Frieden
finden, weil auf dem Schachbrett der großen Weltpolitik in Syrien,
das zum Aufmarschgebiet verfeindeter Regionalmächte mutierte, noch
niemand schachmatt gesetzt wurde. Noch glauben beide Seiten - das
Regime von Präsident Bashar al-Assad auf der einen Seite und die
zersplitterte Opposition auf der anderen Seite -, mit Hilfe ihrer
Verbündeten schlussendlich das bessere Ende für sich zu haben. Auch
wenn vielen die Erkenntnis dämmert, dass nach weit über 130.000 Toten
auch die letzten Hoffnungen auf ein neues Miteinander begraben
wurden. Auf syrischer Seite kann es also nur Verlierer geben. Die
Beute werden sich jene untereinander aufteilen, die in Syrien für
ihre Interessen kämpfen lassen - Saudi-Arabien, die Golfemirate und
zum Teil auch der Westen auf Seiten der Aufständischen, der Iran und
Russland auf Seiten des Regimes.
Die Ausgangslage vor dem Start der Verhandlungen in der Schweiz
verheißt also nichts Gutes. Wobei eines klar ist: Syriens Präsident
verspürt Rückenwind, seine Delegation geht selbstbewusst in die
Gespräche. Mit Hilfe Russlands wurde der Westen ausgetrickst. Zuerst
setzte Assads Regime im Kampf gegen die Opposition Chemiewaffen ein,
um sich dann später - als ein Militärschlag des Westens immer näher
rückte - plötzlich als verlässlicher Partner bei deren Vernichtung zu
präsentieren. Zuerst ließ Assad friedliche Demonstrationen blutig
niederschlagen, um sich nun als Kämpfer gegen den Terrorismus feiern
zu lassen. Der Vormarsch radikaler Islamisten auf Seiten der
Aufständischen spielt Assad in die Karten. Doch es waren keine
radikalen Gotteskrieger, die zu Beginn des Aufstandes vor drei Jahren
Reformen einforderten. Es waren Demonstranten, die im Rahmen des
Arabischen Frühlings mehr Mitsprache einforderten. Das Regime in
Damaskus setzte auf Gewalt, nicht auf Dialog. Und setzte einen
Bürgerkrieg in Gang, der außer Kontrolle geriet. Syrien wurde rasch
zum Spielball rivalisierender Regional- und Großmächte. Und nur diese
entscheiden heute, wie lange das Blutvergießen in Syrien noch
andauern wird.
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