• 31.07.2013, 17:58:15
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Wiener Zeitung: Leitartikel von Reinhard Göweil: "Verkehrte Parteien-Welt"

Ausgabe vom 1.8.13

Utl.: Ausgabe vom 1.8.13 =

Wien (OTS) - In der Vergangenheit war es oft so, dass die SPÖ bequeme
Mehrheiten bei Nationalratswahlen einfahren konnte, weil die
Volkspartei bei irgendeinem Thema untereinander zu streiten begann -
entweder die Bünde fielen übereinander her, oder Landeshauptleute
begannen am Stuhl des Bundesparteiobmanns zu sägen.

Die aktuelle Debatte um die Abschiebung der pakistanischen
Flüchtlinge lässt den Schluss zu, dass nun die SPÖ davon befallen
ist. Oberösterreichs SP-Chef Ackerl findet es nicht lustig, dass sein
eigener Parteigeschäftsführer Darabos die Bescheide des
Asylgerichtshofs verteidigte. Auch der steirische Landeshauptmann
Voves löckte in der Vergangenheit öfters parteiintern wider den
Stachel.

Nun mag es ja sein, dass in einer offenen Gesellschaft auch Konflikte
offen ausgetragen werden, doch die SPÖ kommt halt von ganz woanders
her. Selbst wenn es intern so nicht gewesen sein mag, nach außen bot
sie vor Wahlgängen immer ein Bild großer Geschlossenheit.
Diesen Weg hat derzeit die Volkspartei beschritten. Das beliebte
"Obmann-Bashing" unterbleibt, mit Ausnahme von Ursula Stenzel (der
die ÖVP zu liberal ist) halten sich Funktionäre mit Manöverkritik
zurück.

Dass die ÖVP hier von der SPÖ lernte, leuchtet ein. Aber was hat wohl
die SPÖ von der ÖVP gelernt? Schon beim Salzburger Finanzskandal, der
nun doch nicht so schlimm ausfällt wie befürchtet, hielten sich die
SPÖ-Granden außerhalb Salzburgs eher zurück. Nun war auch Burgstaller
nicht gerade zimperlich mit Kritik an ihrer Partei, doch das
Bundesland verlieren musste sie alleine.
In Linz kämpft die Stadt-SPÖ ebenfalls gegen Spekulationsverluste -
und eine mit allen Wassern gewaschenen Bawag. Bisher eher einsam,
obwohl die Linzer diesmal vermutlich gerne Schützenhilfe von "den
Wienern" annehmen würden.

Die Umfragen sehen die SPÖ am Beginn des Wahlkampfs vorne. Dazu wird
es aber - so die Meinungsforscher - notwendig sein, dass die SPÖ ihre
Wähler auch motivieren kann. Eine geringe Wahlbeteiligung in Wien
(oder auch Linz) könnte sich für die SPÖ fatal auswirken.
Die ÖVP jedenfalls hat beschlossen, Geschlossenheit zu zeigen, und in
den Umfragen tut ihr das ganz gut. Und so scheint am Beginn des
Wahlkampfes nur eines sicher zu sein: Beide Parteien werden locker
über 50 Prozent springen . . .

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