- 19.02.2013, 09:20:49
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Bisher unbekannter Immundefekt entdeckt
Wien (OTS) - Schwere Autoimmunität kann im Kindesalter Zeichen eines
primären Immundefekts (PID) sein - das hat jetzt eine Forschergruppe
der MedUni Wien, des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin
der ÖAW und des St. Anna-Kinderspitals bei einem 13-jährigen
Patienten gezeigt. Mit Hilfe des so genannten "Next Generation
Sequencing", mit dem genetische Veränderungen im Erbgut innerhalb
weniger Tage entdeckt werden können, wurde bei dem Jugendlichen ein
bisher unbekannter B-Zell-Defekt identifiziert. Die Studie wurde im
Top-Journal "Blood" publiziert.
"Unsere Entdeckung hat für Aufatmen in der Familie gesorgt, denn
endlich weiß sie, woran der Junge leidet", so Kaan Boztug, der in
seinem Alltag als Arzt an der Universitätsklinik für Kinder- und
Jugendheilkunde schwerkranke Kinder behandelt und als Forscher am
CeMM nach den molekularen Ursachen von Erkrankungen des Immunsystems
mittels modernster genetischer Technologien sucht. Aufgedeckt wurde
im konkreten Fall ein Defekt im PRKCD-Gen. Hierdurch kommt es zum
Fehlverhalten in der Regulation der B-Lymphozyten, die als
"Antikörperfabriken" gelten. Die Folge ist eine schwere
Autoimmunität.
Aus der jetzt gelungenen, molekularen Identifizierung des Defekts
lassen sich laut Boztug und Elisabeth Förster-Waldl, Kinderärztin und
Immunologin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde
der MedUni Wien, sowohl diagnostische als auch therapeutische
Konsequenzen ableiten. Seit früher Kindheit litt der Patient
zeitweise unter schwerer Autoimmunität der Nieren, der Lymphknoten
und des Bindegewebes. Bisher war der jetzt 13-Jährige über lange
Zeiträume mit Cortison generell immunsupprimiert worden, jetzt lässt
sich das Ziel der Therapie exakt eingrenzen. Förster-Waldl: "Erst
wenn man den Mechanismus kennt, lässt sich eine individualisierte
Therapie sinnvoll anwenden oder entwickeln."
Daten aus dem anglo-amerikanischen Raum gehen davon aus, dass die
Prävalenz eines klinisch relevanten Immundefektes, der manchmal
lebensbedrohliche Folgen für die Betroffenen mit sich bringen kann,
zwischen 1:1200 und 1:2000 liegt. Für Österreich können solche Zahlen
nur geschätzt werden, da die systematische Datenerhebung erst seit
zwei Jahren erfolgt.
Derzeit bleiben, so Förster-Waldl, rund 30 bis 40 Prozent dieser
Defekte ohne genaue Diagnose. Das könnte sich jetzt mit Hilfe
modernster Diagnoseverfahren inklusive des "Next Generation
Sequencing" ändern. Die meisten Immundefekte gehören zu den so
genannten "seltenen Erkrankungen" (Rare Diseases). Kaan Boztug: "Die
Summe aller dieser Defekte ist dennoch nicht als selten zu
beurteilen."
Der weltweite Tag der "Rare Diseases" findet am 28. Februar 2013
statt (http://www.rarediseaseday.org/country/at/austria). Dieser Tag
wurde ins Leben gerufen, um eine erhöhte Aufmerksamkeit auf diese
Krankheitsgruppen zu lenken, um Patienten wie den beschriebenen
bessere Diagnosemöglichkeiten und die Aussicht auf wirksame Therapien
anbieten zu können. Insgesamt gibt es rund 8.000 seltene
Erkrankungen. Acht von zehn dieser Erkrankungen treten bereits im
Kindesalter auf.
Service: Blood
"B cell deficiency and severe autoimmmunity caused by deficiency of
protein kinase C delta." E. Salzer, E. Santos-Valente, S. Klaver, S.
A. Ban, W. Emminger, N. Prengemann, W. Garnarcz, L. Müllauer, R.
Kain, H. Boztug, A. Heitger, K. Arbeiter, F. Eitelberger, M. Seidel,
W. Holter, A. Pollak, W. Pickl, E. Förster-Waldl and K. Boztug. doi.
10.1182/blood-2012-10-460741.
CeMM (Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften) - Kurzprofil
Das CeMM ist eine internationale, unabhängige und interdisziplinäre
Forschungseinrichtung für molekulare Medizin. "Aus der Klinik für die
Klinik" - orientiert sich das CeMM an den medizinischen
Erfordernissen und integriert Grundlagenforschung sowie klinische
Expertise, um innovative diagnostische und therapeutische Ansätze zu
entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte sind Krebs, Entzündungen und
Immunstörungen. Infos: www.cemm.oeaw.ac.at.
Medizinische Universität Wien - Kurzprofil
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der
traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten
Europas. Mit fast 7.500 Studierenden ist sie heute die größte
medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit ihren
31 Universitätskliniken, 12 medizintheoretischen Zentren und
zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den
bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im
biomedizinischen Bereich. Für die klinische Forschung stehen über
48.000m2 Forschungsfläche zur Verfügung. Infos: www.meduniwien.ac.at
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