- 06.11.2012, 18:23:28
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Wiener Zeitung: Leitartikel von Reinhard Göweil: "Der Höllen-Job"
Ausgabe vom 7. November 2012
Utl.: Ausgabe vom 7. November 2012=
Wien (OTS) - Das Duell so unterschiedlicher Charaktere wie Obama und
Romney verstellte in den vergangenen Monaten die Sicht auf den wahren
Zustand der USA. Ein Schuldenstand von 17.000 Milliarden Dollar, das
sind mehr als 100 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. Das
Budgetdefizit liegt bei acht Prozent. In Europa wäre ein Land mit
solchen Daten nahe Ramsch-Status und ein Fall für den
Euro-Rettungsschirm.
Und nun droht in den USA ein Exzess aus Ausgabenkürzungen und
Steuererhöhungen, "fiskalische Klippe" genannt. Wird sie umgesetzt,
drohen die Vereinigten Staaten in eine Krise zu stürzen. Große
Investmentfonds haben bereits begonnen, Dollar-Papiere zu verkaufen.
Die nun beginnende 57. Präsidentschaft steht vor den vermutlich
schwierigsten innenpolitischen Herausforderungen seit dem
amerikanischen Bürgerkrieg.
Es gilt nicht nur, das Land zu sanieren, sondern einen Zusammenbruch
zu vermeiden. Es wird der US-Notenbank wohl nichts anderes übrig
bleiben, als weiterhin Staatspapiere zu kaufen, denn die kommende
Regierung braucht vor allem eines: Zeit.
Zeit, die allerdings gut genutzt werden will. Die Infrastruktur in
den USA befindet sich in einem kläglichen Zustand, der Hurrikan
"Sandy" hat es erneut gezeigt. Dafür ist Geld nötig, viel Geld. Der
Staat hat es nicht, private Geldgeber müssen einspringen. Den USA
droht nun ein Problem, das die Europäer kennen: Private Investoren
vertrauen der Kraft des Staates nicht mehr. Italien muss hohe Zinsen
bezahlen, um seine Rechnungen begleichen zu können. Griechenland
bekam gar kein Geld mehr. Die USA - mit dem mächtigen Dollar im
Rücken - konnten bisher schalten und walten, wie sie wollten. George
W. Bush trieb die militärischen Ausgaben in schwindelnde Höhen - es
war egal.
Wie es aussieht, ist es nicht mehr egal. Das Vertrauen der Geldgeber
bröckelt, Asien und Südamerika sind lohnendere Ziele fürs
Profitstreben geworden.
Demokraten und Republikaner stehen sich unversöhnlich gegenüber, und
so schauen auch die politischen Beschlüsse aus. Es kann sein, dass in
einigen Monaten die bisher als zögerlich bezeichnete Politik der EU
gar nicht so schlecht dasteht - im Vergleich zu den USA. Das
Präsidentenamt wurde von früheren Amtsinhabern als "Höllen-Job"
bezeichnet. Stimmt.
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