Nur ein Teilstück einer Reform
Innsbruck (OTS/TT) - Von Cornelia Ritzer
Untertitel: Nach der Einigung ist vor der Einigung: Auf die gemeinsame Planung, Steuerung und Finanzierung haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung geeinigt. Was sich dahinter verbirgt, muss erst ausverhandelt werden.
Ein großes Stück ist geschafft, viele Fragen sind jedoch noch unbeantwortet. Die "Einigung zur Gesundheitsreform" feierten gestern Minister, Ländervertreter und Verhandler der Sozialversicherung. Als "spektakuläres Ergebnis" wurde das Resümee der einjährigen Verhandlung gelobt, danach die Eckpunkte des "partnerschaftlichen sektorenübergreifenden Zielsteuerungsmodells" vorgestellt. Ein sperriger Begriff, hinter dem sich aber eine echte Kooperation zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung verbergen soll. Und der eine kleine Revolution bedeutet: Denn laut Plan werden die Länder ihre Macht über die Krankenhäuser abgeben, die Ärzte in den Ordinationen nicht mehr den Kassen unterliegen.
Statt unabhängig voneinander zu agieren, sollen die Player in Zukunft also miteinander das Gesundheitssystem tragen. Um - und das ist das eigentliche Ziel dieser Reform - bei der Kostensteigerung auf die Bremse zu steigen. Das Budget für die Gesundheit wird zwar weiterhin größer werden, die Steigerung soll aber auf durchschnittlich 3,6 Prozent (das prognostizierte Wirtschaftswachstum) gedeckelt sein. Durch die gemeinschaftliche Planung, Steuerung und Finanzierung will man die Kosten in den Griff bekommen und Doppelgleisigkeiten bei Untersuchungen ausmerzen. Dazu ein Beispiel aus der Steuerungsgruppe:
Eine Frau, die drei Operationen im Jahr braucht, wird künftig nur noch einmal auf HIV getestet - statt wie bisher vor jedem Eingriff. Dass durch einen rigorosen Sparkurs Leistungen für die Patienten gestrichen oder Arztpraxen ausgehungert werden, wie Kritiker befürchten, wird verneint. Und keinesfalls werde dadurch der Mehrklassen-Medizin Tür und Tor geöffnet, heißt es außerdem. Überprüfen kann man das Bekenntnis zur reinen Optimierung (noch) nicht: Inhaltliche Details darüber, wie das Geld verteilt wird, müssen erst ausverhandelt werden. Auch wie die Aufteilung der Stimmrechte zwischen Ländern und Sozialversicherung oder Strafen bei Mehrausgaben aussehen werden, ist noch offen. Bis jetzt scheint die Ankündigung, sich auf eine Gesundheitsreform geeinigt zu haben, kaum mehr als ein gelungener PR-Coup zu sein. Bis Oktober wartet beinharte Arbeit auf die Verhandler, um in Kleinarbeit gemeinsame Planung, Steuerung und Finanzierung umzusetzen. Angesichts der "Mühen der Ebene", die auch Oberösterreichs Landeshauptmann Pühringer erkennt, ist Skepsis durchaus angebracht.
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