- 12.04.2012, 17:31:47
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Wiener Zeitung: Leitartikel von Walter Hämmerle: "Weichei unter harten Hunden"
Ausgabe vom 13. April 2012
Wien (OTS) - Das Bild vom "harten Hund" an der Staatsspitze ist
ein erstaunlich langlebiges Rollenklischee unter amtierenden und
angehenden Staatenlenkern. Wehe dem, der auch nur den Eindruck
erweckt, er könnte als Weichei sein Land vertreten ... Mit seinen
(Wieder-)Wahlchancen wäre es dahin. Und diese Regel gilt beileibe
nicht nur für das vermeintlich starke Geschlecht.
Und wer jetzt Barack Obama als menschgewordenen Softie unter den
Mächtigen herbeifantasiert, sollte sich in Erinnerung rufen, wie
geschickt dieser den Umstand inszeniert, dass er und kein anderer es
war, der Osama bin Laden zur Strecke gebracht hat.
Apropos "harter Hund": Kofi Annan, der ehemalige UNO-Generalsekretär,
ist kein Vertreter dieser Spezies. Annan hat bis an die Grenzen
seiner persönlichen Glaubwürdigkeit im Auftrag der Vereinten Nationen
um einen Waffenstillstand zwischen den Bürgerkriegsparteien in Syrien
gekämpft. Fast wäre er darob zum Gespött all jener Kommentatoren
geworden, die nicht mehr an die Möglichkeiten der Diplomatie in
diesem Konflikt glauben wollten. Als einer, der sich vom syrischen
Diktator am Gängelband im Kreis führen lässt. Ein typisches Weichei
eben, und schlimmstenfalls ein nützlicher Idiot. Man kennt die
Floskeln.
Natürlich ist es noch viel zu früh zu sagen, ob dem Plan Annans für
eine Beendigung des Blutvergießens in Syrien tatsächlich Erfolg
beschieden sein wird. Bei Redaktionsschluss schwiegen die Waffen noch
nicht einmal 24 Stunden.
Die für heute angekündigten Massendemonstrationen gegen das
Assad-Regime werden wohl die erste Feuerprobe darstellen - und mit
Sicherheit nicht die letzte. Auf beiden Seiten wird es welche geben,
die sich im Falle eines erneuten Blutvergießens bessere Chancen für
die eigene Sache ausrechnen. Und wer möchte es der geschundenen
Opposition verübeln, dass sie auf die Entscheidung zu ihrem Gunsten
drängt?
Alle anderen, und zuvorderst all die gefühlten "harten Hunde" in den
Staatskanzleien, sollten dagegen hoffen, dass Annan mit seiner
Strategie der geduldigen Diplomatie Erfolg hat. Andernfalls könnte
sich nämlich zeigen, dass ihnen für die harte Tour gegen Assad nicht
nur die Mittel fehlen, sondern auch der politische Wille. Was
wiederum für die Bürger Syriens die größte Tragödie wäre.
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