• 01.12.2011, 19:40:23
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  • OTS0362 OTW0362

Verfassungsausschuss stimmt Änderungen im Vergaberecht zu Eigenes Gesetz für Vergaben im Bereich Verteidigung und Sicherheit

Wien (PK) - Im Bereich des Vergaberechts kommen auf öffentliche
Auftraggeber und Auftragnehmer einige Neuerungen zu. Der
Verfassungsausschuss des Nationalrats gab in seiner heutigen Sitzung
grünes Licht für einen von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf.
Damit werden zum einen Änderungen im Bundesvergabegesetz vorgenommen,
zum anderen ist - in Umsetzung einer EU-Richtlinie - ein eigenes
Bundesgesetz für Auftragsvergaben im Verteidigungs- und
Sicherheitsbereich in Aussicht genommen. Der Beschluss fiel mit den
Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ; FPÖ und Grüne kritisierten die schwere
Verständlichkeit des Gesetzes bzw. fehlenden Nachdruck bei der
Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips.

Unter anderem werden mit dem Gesetzentwurf der Schwellenwert für
Direktvergaben erhöht, neue vereinfachte Verfahren für wertmäßig
mittelgroße Aufträge eingeführt, die Bestimmungen über den
Eignungsnachweis gelockert und die Möglichkeiten der zentralen
Beschaffung erweitert. Schadenersatzansprüche gegen den Auftraggeber
bestehen in Umsetzung eines EuGH-Urteils künftig auch dann, wenn er
nicht schuldhaft gegen vergaberechtliche Bestimmungen verstoßen hat.

Im Konkreten ist vorgesehen, zur Vereinfachung von Vergabeverfahren
künftig im gesamten Unterschwellenbereich ein selbst gestaltetes
Verfahren zuzulassen, wie es etwa bereits jetzt für nicht prioritäre
Dienstleistungen gilt. Außerdem werden mit der "Direktvergabe mit
vorheriger Bekanntmachung" und der "Direktvergabe nach vorherigem
Aufruf zum Wettbewerb" zwei neue Vergabevarianten eingeführt, die für
Aufträge unter 130.000 € (für öffentliche Auftraggeber) bzw. unter
200.000 € (für Sektorenauftraggeber) gelten und weitgehend formlose
Auftragsvergaben bei gleichzeitiger Sicherstellung von Transparenz
ermöglichen. Für Bauaufträge ist bei beiden Varianten ein Limit von
500.000 € in Aussicht genommen.

Der Schwellenwert für "klassische" Direktvergaben, der wegen der
Wirtschaftskrise vorübergehend auf 100.000 € angehoben wurde und 2012
wieder auf 40.000 € sinken hätte sollen, wird nunmehr mit 50.000 € -
bzw. 75.000 € im Sektorenbereich - festgelegt. Neu ist die
Möglichkeit, bei der Direktvergabe zum Zwecke der Markterhebung
verschiedene Angebote einzuholen, ohne gleich ein förmliches
Vergabeverfahren durchführen zu müssen.

Die Vorlage von Eignungsnachweisen durch Unternehmen ist in Hinkunft
nur noch im Oberschwellenbereich zwingend vorgesehen. Im
Unterschwellenbereich soll hingegen im Regelfall eine
"Eigenerklärung" reichen. Dadurch will man die Verwaltungslasten von
Unternehmen reduzieren. Betreiber von öffentlichen
Personenverkehrsdiensten werden verpflichtet, bei Auftragsvergaben
die neue EU-Richtlinie über die Förderung sauberer und
energieeffizienter Straßenfahrzeuge zu beachten und im Zuge von
Ausschreibungen entweder technische Spezifikationen mit einem hohen
ökologischen Standard festzulegen oder ökologische Zuschlagskriterien
vorzusehen.

Unter das neue Bundesvergabegesetz für die Bereiche Verteidigung und
Sicherheit (BVergGVS) fallen sowohl Liefer- als auch Dienstleistungs-
und Bauaufträge. Als Beispiele werden etwa die Beschaffung von
Militärgütern und sensibler Ausrüstung, Transportdienstleistungen und
sensible Bauten wie Luftschutzbunker oder Landebahnen genannt. Die
Schwellenwerte orientieren sich dabei an den Schwellenwerten für
Sektorenauftraggeber: bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen
beginnt der Oberschwellenbereich mit einer Auftragshöhe von 387.000
€, bei Bauaufträgen mit 4,845 Mio. €.

Auch die Rechtschutzbestimmungen sind - mit geringfügigen Adaptionen
- im Wesentlichen an jene für "normale" Vergabeverfahren angelehnt.
So ist das Bundesvergabeamt auch bei militärischen Beschaffungen
ermächtigt, Verträge unter gewissen Voraussetzungen für nichtig zu
erklären. Wie in den Erläuterungen festgehalten wird, ist Österreich
bei der Umsetzung der EU-Richtlinie bereits säumig: sie hätte bis zum
21. August 2011 implementiert werden müssen.

Da durch den vorliegenden Gesetzentwurf auch Länderkompetenzen
berührt sind, bedarf die Kundmachung des Gesetzes der Zustimmung der
Länder.

In der Debatte begrüßte Abgeordneter Konrad Steindl (V) die
Schwellenwertregelung als im Sinne der Wirtschaft gelegen, während
Abgeordneter Harald Stefan (F) eine gesetzliche Fixierung der
Schwellenwerte auf 100 000 € forderte. Der FPÖ-Mandatar kritisierte
die Vorlage insgesamt als zu komplex und für den Normalverbraucher
unverständlich.

Gegen das Gesetz sprach sich seitens der Grünen auch Abgeordnete
Daniela Musiol aus, die vor allem Mängel bei der Anwendung des
Nachhaltigkeitsprinzips im öffentlichen Beschaffungswesen sah.
Nachhaltige Beschaffung sollte von einer Soll-Bestimmung in eine
Muss-Bestimmung umgewandelt werden, schlug sie vor.

BZÖ macht sich für Agrargemeinschaften stark

Vom Verfassungsausschuss vertagt wurde ein Antrag des BZÖ, der auf
eine Novellierung des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes abzielt.
Abgeordneter Gerhard Huber und seine FraktionskollegInnen wollen
damit, wie es in den Erläuterungen heißt, auf "höchstgerichtliche
Fehlentscheidungen" reagieren und einen österreichweiten
"juristischen Flächenbrand" verhindern. Sie fürchten eine Enteignung
der vor allem in Tirol weit verbreiteten Agrargemeinschaften
zugunsten von Ortsgemeinden entgegen den ursprünglichen Intentionen
des Flurverfassungsrechts und fordern eine Wiederherstellung des
alten Systems des Teilungs- und Regulierungsrechts.

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (V) warnte hingegen vor einer
Anlassgesetzgebung und verwies auf das gegenständliche Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofs. Überdies strebe das Land Tirol
Konsenslösungen in dieser Frage an, betonte er. (Fortsetzung
Verfassungsausschuss)

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