• 16.08.2011, 16:29:48
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Polit-Knieschuss an der Regulierungsfront - von Astrid Schuch

Die Folgen von Basel III und Solvency II sind nicht abschätzbar

Wien (OTS) - Die politische Führung der westlichen Welt ist sich,
das wissen wir spätestens seit zwei Wochen, über die Konsequenzen
ihrer (Un-) Tätigkeit nicht immer im Klaren, mögen auch die besten
Absichten dahinter stehen. Beste Absichten verfolgen sicher auch die
EU-Kommission und der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht mit Basel
III bzw. Solvency II - den neuen Regeln zur Stärkung der Kapitalbasis
von Banken und Versicherern. Dabei ist Basel III eine Antwort auf die
Finanzkrise. Indes liegt die Solvency II-Initiative schon viel länger
in der Schublade der Kommission. Im Grunde sollen beide unter
Berücksichtigung des Risikos in den Bilanzen der Institute die
Quantität und Qualität des Kapitals erhöhen, um sie besser gegen
Krisen zu wappnen.

Bislang ist keine der beiden Verordnungen in Stein gemeißelt.
Glücklicherweise, denn einige Details sind bestenfalls unangemessen.
Darunter die Tatsache, dass Versicherer als große Investoren
verzinsliche Wertpapiere in der Bilanz proportional zum Rating und
der Restlaufzeit mit Kapital unterlegen müssen. Das heißt, je
schlechter das Rating und je länger die Restlaufzeit, umso größer die
Kapitalerfordernis. Gleichzeitig wird den europäischen Staatsanleihen
(unabhängig vom Rating) null Risiko beigemessen - es besteht also
keine Notwendigkeit zur Hinterlegung mit Kapital. Bei Basel III ist
es ähnlich.

Damit sind die Verordnungen nicht auf der Höhe der Zeit: Abgesehen
davon, dass Risikoaufschläge auf Staatsanleihen in Zukunft wohl höher
sein werden als in der Vergangenheit, haben einige Staaten ihren
"risikolosen" Status längst verloren. Dennoch werden Banken und
Versicherer für das Halten von Staatsanleihen belohnt.
Außerdem hat eine Verschlechterung der Kreditwürdigkeit eines Staates
unweigerlich höhere Finanzierungskosten für die Banken, die im selben
Land ihren Sitz haben und/oder die Staatstitel halten, zur Folge -
sei es, weil die Kursverluste die Bilanzen der Banken schwächen oder
Downgrades der staatlichen Bonität meist auch eine Herabstufung der
Bank-Bonitätsnote zur Folge haben. Die Durchschlagskraft eines
kreditunwürdigen Staates auf die Banken ist groß - und kann über den
Interbankenmarkt auch noch zur Ansteckung anderer Banken führen, die
vielleicht nicht einmal betreffende "Junk"-Staatsanleihen halten.

All das haben uns die vergangenen Monate gelehrt. Anstatt
Systemkrisen à la 2007/08 zu verhindern, drohen Basel III und
Solvency II die Verbindung zwischen Staats- und Finanzsystem noch zu
verstärken - und das Krisenpotenzial noch zu erhöhen.

Rückfragehinweis:
Wirtschaftsblatt Verlag AG
Tel.: Tel.: 01/60117 / 300
mailto:redaktion@wirtschaftsblatt.at

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