Mobilfunk: Mögliche Krebsgefahr von WHO bestätigt
Die Einstufung der WHO über die möglichen Gefahren von Handys muss nun Politik, Medien und Industrie auf den Plan rufen
Wien (OTS) - Die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen durch Mobilfunkstrahlen sind schon seit Jahren Gegenstand laufender Forschungen und öffentlicher Diskussionen. Nun hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Handystrahlungen untersucht und der Gefahrenkategorie 2B zugeordnet. Das bedeutet, dass Handys möglicherweise krebserregend sind. Die Ärztekammer fordert nun ein umfassendes Maßnahmenpaket, allen voran ein Werbeverbot mit der Zielgruppe Kinder, Schulungen von Lehrern über das Gesundheitsrisiko bei Handygebrauch sowie die Förderung eine von der Industrie unbeeinflusster Forschung. ****
"Die Menschen machen sich Sorgen über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunkstrahlungen", betonte der Präsident der Österreichischen und Wiener Ärztekammer, Walter Dorner, heute Vormittag bei einer Pressekonferenz. Mit der neuen Klassifikation sei diese Sorge nun endlich auch auf der großen politischen Bühne angekommen. Dorner: "Wir werden weiterhin auf das Vorsorgeprinzip bauen, denn Vorsorge darf nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden!" Man solle das Vorsorgeprinzip respektieren und die aktuellen Grenzwerte noch einmal überarbeiten, "sonst könnte es zu hohen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgekosten kommen, wie in der Vergangenheit bei Asbest oder Tabak", betonte der Ärztekammerpräsident.
Besonders Kinder und deren Eltern müssten über die potenziellen Gefahren von Mobilfunkstrahlung aufgeklärt werden. "Die Mobilfunkbetreiber streiten weiterhin jegliches Risiko einer Gesundheitsgefährdung für Kinder kategorisch ab und unternehmen nichts, um über die möglichen gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Telefonierens mit dem Handy bei Kindern und Jugendlichen zu informieren", bringt es Dorner auf den Punkt. Im Gegenteil: "Mittels Werbemaßnahmen wird ein positives Bild über Handys in der Öffentlichkeit vermittelt, zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen gibt es seitens der Mobilfunkbetreiber und deren Lobbying-Institutionen keine Meldungen in den Medien. Das Image des Handys muss sich ändern!"
Verstärkte Forschungsbemühungen - neue Empfehlungen
"In den letzten zehn Jahren hat die Erforschung der Wirkungen niedriger Intensitäten von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (EMF) so stark zugenommen, wie nie zuvor in der Geschichte", so Michael Kundi, Leiter des Instituts für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien, und er liefert auch gleich den Grund dafür: die Einführung der mobilen Telefonie. Als plötzlich Mitte der 1990er-Jahre der Gebrauch von Handys nahezu explosionsartig zunahm, habe es rasch Bedenken über die mögliche Gesundheitsgefährdung gegeben, und viele wissenschaftliche und medizinische Organisationen, einschließlich der WHO, empfahlen verstärkte Forschungsbemühungen.
Diese Empfehlungen zeigten Wirkung. Kundi: "Die Forschung zu dem Thema nahm stark zu, hatte aber nicht immer ein klares und international abgestimmtes Konzept. Das jetzt vorliegende Votum kommt einige Jahre später als geplant, weil die größte bisher durchgeführte epidemiologische Untersuchung von Tumoren im Kopfbereich, die Interphone-Studie (eine von der International Agency für Research on Cancer [IARC] koordinierte internationale Untersuchung, Anm.) mehr als drei Jahre später als vereinbart veröffentlicht wurde." Der Hintergrund: Die Veröffentlichung der Studie, in der unter anderem mehr als 2700 Patienten mit bösartigen Hirntumoren untersucht wurden, musste man erst abwarten, bevor ein Votum abgegeben werden konnte.
Zweck der Risikobewertung durch die IARC, einer Teilorganisation der WHO, ist es, adäquate Maßnahmen treffen zu können, um das Krebsrisiko zu minimieren. "Bei einer Einstufung in Gruppe 1 müssen im Allgemeinen Schutzmaßnahmen gesetzt werden (zum Beispiel Nichtraucherschutz, Anm.), bei 2A oder 2B sind neben der Information der Bevölkerung über das wahrscheinliche oder mögliche Risiko Vorsorgemaßnahmen zur Reduktion des Exposition angezeigt", so Kundi.
Eine solche "vorsorgliche Reduktion der Exposition" fordern bekanntlich sowohl die Ärztekammer und auch der Oberste Sanitätsrat bereits seit Jahren. "Jetzt, nach dem ersten internationalen Votum, das ein mögliches Krebsrisiko konstatiert, sollten jedenfalls alle Bemühungen zur Umsetzung des Vorsorgegedankens intensiv verstärkt werden", meint Kundi. (kmc)
(Forts.)
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