- 11.04.2011, 20:08:34
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"Österreich morgen" - Fragen zur Bevölkerungsentwicklung Diskussionsveranstaltung im Parlament
Wien (PK) - Die demografische Entwicklung Österreichs vor dem
Hintergrund steigender Lebenserwartung und niedriger
Geburtenraten stand heute im Mittelpunkt einer von der
Journalistin Anneliese Rohrer moderierten
Diskussionsveranstaltung, zu der Nationalratspräsidentin Barbara
Prammer in den Budgetsaal des Parlaments eingeladen hatte. Ein
Impulsreferat des Direktors des Wiener Instituts für Demografie
Wolfgang Lutz gab dabei den Anknüpfungspunkt für eine
Publikumsdiskussion, bei der Vertreterinnen und Vertreter der
Parlamentsfraktionen ihre Standpunkte zur Frage "Österreich
morgen. Welche Gesellschaft wollen wir ?" darlegten.
Wolfgang Lutz: Bildung als entscheidender Zukunftsfaktor
Wolfgang Lutz sah Österreichs Zukunft vor allem unter dem
Blickwinkel der Bildung. Im globalen Wettbewerb werden
Investitionen in die Bildung der breiten Bevölkerung und
gleichzeitig auch in die Spitzenforschung der Schlüssel für die
Sicherung unseres Wohlstandes sein, war er überzeugt. Die
Statistik zeige, dass Menschen mit mehr Bildung gesünder leben,
in einem höherem Ausmaß und auch länger erwerbstätig sind und
damit mehr zum Wohlstand der Gesellschaft beitragen.
Unverzichtbar sei die Bildung ferner für die Integration der
Zuwanderer. Schließlich führe Bildung auch, wie der Professor
unter Hinweis auf ausländische Beispiele betonte, zu mehr und
besserer Demokratie. Ein Blick auf die Entwicklung der letzten
Jahre legte für Lutz den Schluss nahe, dass es nach einem
anfänglichem Aufholprozess mittlerweile zu einer Stagnation im
Bildungsbereich gekommen sei.
Elisabeth Hakel: Mehr Chancengleichheit in der Bildung
Abgeordnete Elisabeth Hakel (S) brachte ihre Wünsche für das
Österreich der Zukunft vor: In 20 Jahren sollte Österreich ein
Vorzeigeland innerhalb der EU und beim PISA-Test Nummer 1 sein.
Chancengleichheit in der Ausbildung dürfe nicht mehr vom sozialen
Umfeld abhängen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit sollte ebenso
selbstverständlich sein wie die Väterkarenz, Kinderbetreuung
dürfe kein Thema mehr sein. Weiters meinte sie, sie wünsche sich,
dass sie im Jahr 2030 keine Projekte mehr zum Thema Anti-
Rassismus veranstalten müsse.
Gabriele Tamandl: Unternehmen müssen familienfreundlicher werden
Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) war sich des Stellenwerts der
Bildung für die Zukunft Österreichs ebenfalls bewusst, gab aber
weiters zu bedenken, der Fokus in Richtung universitäre Bildung
dürfe die Lehrausbildung nicht in den Hintergrund drängen.
Angesichts der immer flexibleren Arbeitszeiten brauche das Land
darüber hinaus auch flächendeckende, flexible
Kinderbetreuungsangebote. Die Unternehmen wiederum forderte
Tamandl auf, kinder- und familienfreundlicher zu werden und auch
Männern verstärkt die Chance zu geben, in Väterkarenz zu gehen.
Bei der Integration sei auf das Verständnis der Sprache wert zu
legen, bloßes Urlauberdeutsch reiche nicht aus, um im
Erwerbsleben erfolgreich zu sein. Was die älteren Arbeitskräfte
betrifft, mahnte Tamandl, man könne nicht immer nur ein höheres
faktisches Pensionsantrittsalter fordern, ohne den älteren
Menschen altersgerechte Arbeitsplätze anzubieten.
Anneliese Kitzmüller: familienfreundliche Steuern, qualifizierte
Zuwanderung
Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) plädierte dafür, durch ein
gerechteres Familiensteuersystem Anreize zu schaffen, dass auch
Österreicher mehr Kinder in die Welt setzen. Bei der Zuwanderung
wiederum sei ihrer Meinung nach stärker auf die Qualifikation
abzustellen. In diesem Sinne gelte es, höhere Anforderungen an
die Migranten zu stellen. Wichtig war für Kitzmüller auch, dass
das Bildungssystem durch die Zuwanderung keinen Einbruch erleide.
Anliegen Kitzmüllers war überdies die Förderung des ländlichen
Raums, um der Abwanderung in die Ballungszentren
entgegenzuwirken.
Karl Öllinger: Vermögen darf nicht über Zukunftschancen
entscheiden
Abgeordneter Karl Öllinger (G) sprach von Defiziten Österreichs
in der Bildungspolitik und kritisierte, das Schulsystem sei nach
wie vor stark selektiv. Seinen Vorstellungen zufolge sollte in
Zukunft jedes Kind die Chance haben, sich nach seinen Fähigkeiten
zu entwickeln, niemand dürfe zurückbleiben. Öllinger äußerte
weiters auch den Wunsch, dass in 20 Jahren die Menschen
wesentlich mehr Zeit haben, ihre Beziehungen zu leben und zu
festigen. Von zentraler Bedeutung sei es darüber hinaus, die
Bedürfnisse der älteren Menschen besser abzudecken. Insgesamt
stellte Öllinger fest, er möchte nicht, dass im Jahr 2030 das
Vermögen über die Zukunftschancen entscheidet.
Robert Lugar: Demografie zwingt Politik zum Handeln
Abgeordneter Robert Lugar (B) ortete angesichts der
demografischen Entwicklung der Gesellschaft dringenden
Handlungsbedarf. Wenn wir so weiter machen wie bisher, dann
gefährden wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt, warnte er.
Gefordert sah Lugar die Politik dabei vor allem bei der
Verbesserung des Bildungssystems, insbesondere auch bei der
Förderung der Grundfertigkeiten der breiten Masse. Daneben werde
es darum gehen, Anreize zu schaffen, damit auch besser Gebildete
mehr Kinder bekommen. Klar war für Lugar zudem die Notwendigkeit
der besseren Integration von Zuwandererfamilien bei der Bildung
und am Arbeitsmarkt. In Sachen Pension sprach sich Lugar für eine
längere Zeit der Erwerbstätigkeit aus, wobei er anmerkte, es sei
nicht einzusehen, dass Menschen mit Anfang 50 schon in Pension
gehen.
HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie - etwas
zeitverzögert - auf der Website des Parlaments
(www.parlament.gv.at) im Fotoalbum.
(Schluss)
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