Wende im Fall Aliyev
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte erlaubt Auslieferung nach Kasachstan - wegen Verbesserung der Menschenrechtssituation in Kasachstan
Wien (OTS) - Opferanwalt Lansky: "Aliyevs Auslieferung jetzt zwingend geboten"
Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat entscheidende Auswirkungen auf den Fall Rakhat Aliyev in Österreich. Der EGMR hat nämlich seine Judikatur hinsichtlich Auslieferungen nach Kasachstan entscheidend modifiziert, indem er die Möglichkeit der Auslieferung von Straftatverdächtigen nach Kasachstan bejaht hat, und zwar auch in Fällen, in denen der Auszuliefernde politische Verfolgung in Kasachstan behauptet. "Das ändert die Situation im Fall Aliyev von Grund auf", so der Wiener Rechtsanwalt Gabriel Lansky, der die Opfer von Aliyev vertritt und die Auslieferung des früheren kasachischen Botschafters und seiner Mittäter nach Kasachstan betreibt.
In ihrem Urteil vom 10. Februar 2011 (Dzhaksybergenov vs. Ukraine; application no. 12343/10) stellen die Richter in Straßburg unter Verweis auf aktuelle internationale Berichte (unter anderem des UNO-Sonderberichterstatters Manfred Nowak) fest, dass sich die Menschenrechtssituation in Kasachstan soweit gebessert hat, dass ein generelles Auslieferungsverbot nach Kasachstan nicht besteht und aufgrund der positiven Entwicklungen auch nicht gerechtfertigt wäre. Im konkreten Fall entschied der Fünfte Senat des EGMR einstimmig, dass ein angeblich politisch Verfolgter aus der Ukraine nach Kasachstan ausgeliefert werden darf. Kasachstan hatte zuvor umfassende Garantien abgegeben, die die menschenrechtskonforme Behandlung des Beschuldigten sicherstellen.
Der EGMR begründet seine Entscheidung mit dem Argument, dass kein Grund mehr bestehe, per se von einem Folterrisiko oder einem unfairen Verfahren in Kasachstan auszugehen. Vielmehr müsse der Auszuliefernde im Einzelfall von sich aus nachweisen, dass genau er dem konkreten Risiko menschenrechtswidriger Behandlung ausgesetzt sei.
Opferanwalt Lansky: "Damit bricht die Argumentation von Rakhat Aliyev und seiner in Österreich lebenden Komplizen völlig in sich zusammen. Weder die Behauptung, aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgt zu werden, noch die Berufung auf ein generelles Folterrisiko in Kasachstan wird vom EGMR als pauschales Auslieferungshindernis akzeptiert."
Der Nachweis eines individuellen Risikos werde Aliyev aber mit Sicherheit nicht erbringen können, so Lansky, weil Kasachstan der österreichischen Regierung verbindlich angeboten habe, sowohl das Strafverfahrens gegen ihn und seine Mittäter neu durchzuführen, wie auch eine allfällige Freiheitsstrafe unter internationale Beobachtung zu stellen.
Aliyev wurde von einem kasachischen Gericht wegen Entführung zweier früherer Manager der kasachischen "Nurbank" und schwerer Erpressung zu 20 Jahren Haft verurteilt. Weiters sind gegen ihn in Österreich Ermittlungsverfahren wegen dem Verdacht der Geldwäsche, der Untreue sowie der Freiheitsentziehung und Folterung anhängig. Ebenfalls wegen des Verdachts der Geldwäsche ermittelt die Justiz in Deutschland.
Die österreichische Justiz verweigerte bisher die Auslieferung von Aliyev und seinen Mittätern nach Kasachstan. Die Bezirkshauptmannschaft Horn stellte Aliyev und seinen vier nach Österreich geflüchteten Komplizen sogar eine Niederlassungsgenehmigung aus, die jetzt ebenfalls Gegenstand eines Strafverfahrens wegen Amtsmissbrauch ist.
Zwei von Aliyevs Mittätern und deren Familien haben in Österreich mittlerweile Asyl beantragt und warten völlig unbehelligt von der österreichischen Justiz auf den Ausgang des Verfahrens.
Lansky: "Nachdem Aliyev und seine Leute in Österreich fast vier Jahre lang geschützt wurden, muss unsere Justiz jetzt endlich handeln. Es ist schlicht unerträglich, dass zwei Familienväter spurlos verschwinden und die Verantwortlichen in Österreich weder zur Rechenschaft gezogen, noch ausgeliefert werden. Doch nach diesem neuen Urteil des EGMR ist die Auslieferung der Täter wohl zwingend geboten."
Das Argument, Österreich müsse im Fall der Auslieferung von Aliyev und seinen Mittätern eine Verurteilung durch den EGMR befürchten, gelte nicht mehr, so Lansky. Vielmehr würden Auslieferungen nach Kasachstan von den Straßburger Richtern nunmehr ausdrücklich erlaubt.
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