WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Mit oder ohne Opec: Ölpreis wird sich beruhigen - von Hans Weitmayr
Öl fungiert als Finanzinstrument - das zieht Probleme nach sich
Wien (OTS) - Prall gefüllte Lager, ein hoher Versorgungsgrad, ergo selbst bei knapp 100 US-$ je Fass Brent-Öl kein Grund, die Fördermengen zu erhöhen. So analysiert Opec-Generalsekretär Abdalla Salem El-Badri (Interview siehe Seite 2) die aktuelle Situation -zwischen den Zeilen schwingt aber Unbehagen mit. In den arabischen Kartell-Kernländern notieren die Futures bereits auf einem zu hohen Niveau. Denn die Konsequenzen eines hohen Ölpreises sind unangenehm:
Zum einen kommt es in einem solchen Fall für die lokalen Regime zu erhöhtem Druck seitens des lebenswichtigen Verbündeten USA. Außerdem steigt die Konkurrenz durch schwer zugängliche Lager von Nicht-Opec-Ländern genauso wie die Forschung nach alternativen Energiequellen.
Obwohl die Opec also recht glaubwürdig ein Preisziel von rund 80 Dollar verfolgt und zuletzt auch Förderdisziplin an den Tag gelegt wurde, galoppiert der Organisation der Preis davon. Das liegt daran, dass Öl nicht mehr nur das Schmiermittel der Weltwirtschaft, sondern auch ein Finanzinstrument darstellt. Öl-Futures werden verstärkt als Hedge gezeichnet, wenn der Dollar an Wert verliert und die US-Inflation steigt. Nun ist es aber so, dass eine schwächere Währung prinzipiell eine schwächere Wirtschaft widerspiegelt. Die historisch gesunde Gleichung "schwache Wirtschaft = schwacher Ölpreis" wird unterwandert, was den Effekt nach sich zieht, dass das schwache Wachstum der Industrienationen durch einen starken Ölpreis Gegenwind erhält. Dass die BIP-Ölpreis-Korrelation außer Kraft gesetzt wurde, kann man am Jahr 2008 festmachen, als das Weltwirtschaftswachstum 1,6 Prozent ausmachte, gleichzeitig ein Ölpreis von durchschnittlich 98,5 Dollar erzielt wurde. Im Jahr zuvor waren die selben Futures bei einem dreimal so hohen Wachstum gerade einmal 72,7 Dollar wert. Erst wenn beim BIP extreme Ausschläge auftreten, werden Finanzmechanismen außer Kraft gesetzt, der Ölpreis korreliert - wie zuletzt im Rezessionsjahr 2009 - wieder mit dem BIP. 2011 soll es laut Weltbank zu einem moderaten Wachstum kommen. Das heißt, die Rolle der Finanzmärkte, die auf Dollar und US-Inflation schielen, wird wieder steigen. Dementsprechend sprechen eine US-Inflationsprognose von unter einem Prozent und ein tendenziell stärkerer Dollar für eine Abschwächung des Ölpreises. Die aktuelle Ölpreis-Rally sollte also nach Wegfall der aktuellen Euro-Zwischenhausse und der damit einhergehenden, inversen Dollarschwäche sowie nach dem Überwinden der Förderausfälle in Alaska und der Nordsee mit oder ohne Zutun der Opec ein Ende finden.
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