- 20.12.2010, 09:52:56
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: EU: Die Suche nach Neuland geht weiter - von Sabine Berger
Haltbarkeit politischer Aussagen war 2010 geringer als jene von Milch
Wien (OTS) - Keine Fragen zu Problemen, die sich nicht stellen."
Mit diesem Satz bremste EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am 11.
Februar Journalisten ein, die sich nach einer etwaigen Finanzhilfe
der EU für das schuldengeplagte Griechenland erkundigen wollten.
Jetzt, zehn Monate und zwei Rettungsaktionen später, wäre Van Rompuy
wohl froh, hätte sich der EU im Jahr 2010 "nur" das Problem
Griechenland gestellt. Mit den heuer getätigten Aussagen hochrangiger
europäischer Politiker, deren Haltbarkeit nicht einmal jene einer
durchschnittlichen Frischmilch erreichte, ließen sich mehrere Seiten
dieser Zeitung füllen. Das liegt nicht nur am selbst auferlegten
Berufsoptimismus der Volksvertreter und einer falschen Einschätzung
der Lage - sondern auch an den rasanten wirtschaftlichen
Entwicklungen der vergangenen Monate. Kaum jemand hätte darauf
getippt, dass die Staats- und Regierungschefs im Dezember die Weichen
für ein permanentes Rettungsnetz für die Eurozone stellen würden,
oder besser stellen mussten. Wie viel von der "No-Bail-out"-Klausel
noch übrig bleibt, ist Interpretationssache. Faktum ist: Das zu Ende
gehende Jahr hat der Eurozone schmerzhaft vor Augen geführt, dass sie
kein monetärer Freizeitclub, sondern eine echte
Schicksalsgemeinschaft ist. Es ist klargeworden, dass bei der
Konzeption der Währungsunion im Hinblick auf etwaige finanzielle
Probleme ihrer Mitglieder zu blauäugig agiert wurde - nach dem Motto:
Nicht sein wird, was nicht sein darf.
Die ersten Reparaturarbeiten sind nun veranlasst, die Detailarbeiten
für den fixen Notfallmechanismus laufen. Aber: Von Van Rompuy abwärts
seien sich alle bewusst, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht
erreicht ist, heißt es in diplomatischen Kreisen mit Verweis auf die
Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit. Eine gemeinsame Währung
passt mit dem derzeitigen Maß an wirtschaftlicher Koordinierung à la
longue nicht zusammen. Die EU hat 2010 zweifelsohne Neuland betreten.
Damit ist die Entdeckungsreise noch nicht vorbei. Deutschlands
Kanzlerin Angela Merkel hat am Freitag für 2011 eine Debatte über die
Erhöhung der Kohärenz der Eurozone in Aussicht gestellt - allerdings
ohne einen Hinweis zu geben, worin diese münden wird. Gemeinsame
Anleihen der Euro-Staaten zwecks Refinanzierung von Schulden sollen
es aus ihrer Sicht jedenfalls nicht sein. Derzeit sind kollektive
Bonds ob der guten Argumente ihrer Gegner tatsächlich unvorstellbar.
Aber das war die Rettungsaktion für Griechenland für viele vor
einigen Monaten ja auch.
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