- 08.09.2010, 14:47:50
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ibw-Studie: Österreich ist bei internationalen Bildungsvergleichen unterbewertet
Die derzeitige Umsetzung der ISCED-Methodik in Österreich bildet die Qualifikationsstärke des Landes nur ungenügend ab
Wien (OTS/PWK671) - Die "International Standard Classification
of Education" (ISCED) ist das heute weltweit verwendete
Klassifikationssystem für Bildung. Das System ist aber bislang nicht
in der Lage, der Diversität der Bildungssysteme gerecht zu werden.
Das ist das Ergebnis einer aktuellen ibw-Studie, die zeitgerecht zur
Veröffentlichung der diesjährigen OECD-Publikation "Bildung auf einen
Blick" vorgestellt wird, deren Analysen und Aussagen zu einem großen
Teil auf dieser Bildungsklassifikation beruhen.
Im Kern klassifiziert ISCED die "Höhe" von Bildungsgängen nach
sechs "Levels". Dieses Klassifikationssystem soll als neutraler
Bezugsrahmen fungieren. Da aber echte Qualifikationsstandards für den
Vergleich nicht vorhanden sind, behilft man sich mit formalen
Kriterien, wie Bildungsjahren oder der zeitlichen Abfolge von
Bildungsgängen. Andere und allenfalls auch relevantere Kriterien, wie
etwa die Berufseinmündung von Absolventen von Ausbildungen oder die
Bewährung von Abschlüssen im Beruf, bleiben dabei ausgeklammert.
Die Kriterien von ISCED hängen, wie sich bei genauerer Analyse
zeigt, mit der Bildungstradition der anglophonen Länder zusammen.
Dieses Bildungsmodell ist vor allem durch intern differenzierte
gesamtschulische Bildung bis zum Ende der Sekundarstufe II,
berufliche Bildung im Collegesystem oder ausschließlich in
betrieblicher Weiterbildung sowie dem Bachelor/Master?system im
universitären Bereich gekennzeichnet. Länder, die auf der oberen
Sekundarstufe nach Interessen und Anforderungen differenzieren und
arbeitsmarktfähige Qualifikationen vermitteln, sind mit ISCED kaum
adäquat zu erfassen. Dies trifft auch auf Österreich zu und führt zur
Unterbewertung des Bildungsstands der österreichischen
Erwerbsbevölkerung.
Hauptursache der klassifikationsbedingten Unterbewertung der
gehobenen Bereiche der Berufsbildung in Österreich ist, dass im
nationalen Bildungssystem die Matura als "Wasserscheide" zwischen
sekundärer und tertiärer Bildung fungiert, tertiäre Bildung auf
Hochschulbildung eingeschränkt wird und damit eine international nur
schwer vergleichbare Struktur gegeben ist. Um eine bessere
internationale Transparenz zu erreichen, müsste man sich auf die
Logik von ISCED - also die Abfolge von Bildungsgängen und die
Trennung des Tertiärbereichs in einen beruflichen und einen
akademischen Sektor - einlassen.
Die Studie kommt daher zum Schluss, dass Österreich in der
internationalen Darstellung des Bildungssystems eine Orientierung an
der Logik von ISCED und nicht an der traditionellen Logik des
österreichischen Bildungssystems braucht. Dies betrifft z.B. die
Aufbaulehrgänge und die BHS für Berufstätige, die international
eindeutig als tertiär einzustufen sind, da sie Abschlüsse der
Sekundarstufe II voraussetzen. Eine Umstufung der Hauptformen der
BHS, deren Lernergebnisse ident sind, ist gleich gelagert, dürfte
aber einer gesetzlichen Veränderung bedürfen. Weitere Verzerrungen
bestehen etwa bei der Diplomkrankenpflege, die in Österreich ein
mittlerer Fachschulabschluss ist, während inhaltlich idente
Ausbildungen in anderen Ländern als Hochschulabschlüsse eingestuft
sind, einfach weil die Lernenden dort älter sind. Daneben gibt es in
Österreich Ausbildungen, die überhaupt nicht eingestuft werden: Dazu
zählen etwa Ausbildungen für den Polizei-Dienst oder auch die
Universitätslehrgänge und Lehrgänge universitären Charakters, deren
Pendants in anderen Ländern als Hochschulabschlüsse gezählt werden.
Mit der vorliegenden Untersuchung des ibw werden die Ursachen der
Unterbewertung beruflicher Bildungsabschlüsse in der ISCED-Systematik
mit dem Ziel beleuchtet, einen Anstoß für eine verbesserte
internationale Darstellung der Berufsbildungsabschlüsse Österreichs
zu geben. Eine bessere Abbildung der österreichischen Bildungsstärke
ist notwendig, weil die internationalen Vergleiche zunehmend auch von
der Politik herangezogen werden. So bedarf es für den auf
europäischer Ebene beschlossenen Benchmark, wonach bis zum Jahr 2020
40% eines Altersjahrganges ein Hochschulabschluss verfügen soll, ein
deutlich breiteres Verständnis von hochschulischer Bildung als dies
derzeit in Österreich üblich ist. Aber auch für Unternehmen, die sich
um internationale Aufträge bemühen sowie für mobile Erwerbspersonen
ist eine adäquate Einstufung der Zeugnisse und Diplome unverzichtbar,
um nicht in Nachteil zu geraten.
Arthur Schneeberger: Internationale Einstufung der
österreichischen Berufsbildung. Adäquate ISCED-Positionierung als
bildungspolitische Herausforderung. ibw-Forschungsbericht Nr. 156,
Wien, 2010, 112 Seiten.
Rückfragehinweis:
ibw - Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft Rainergasse 38 1050 Wien T: +43 1 545 16 71 0 www.ibw.at
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