WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Barack Obama will Normalität erzwingen - Hans Weitmayr
Setzt sich der US-Präsident durch, gewinnen fast alle - auch in Österreich
Wien (OTS) - Der Ärger, mit dem US-Präsident Barack Obama gegen das Finanzsystem seines Landes vorgeht, scheint echt zu sein. Entsprechend groß ist das Zähneknirschen unter den Opfern seines Zorns: den Bankern selbst. Besteuert sollen sie werden. Eingeschränkt sollen sie werden. Aufgespaltet sollen sie werden. Gerade der letztere - und jüngste Vorstoß - verdient die ganze Aufregung aber nicht wirklich. Die Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken ist keine neue Erfindung - sie war, ganz im Gegenteil, über sechs Jahrzehnte fester Bestandteil der Normalität. In den 30er-Jahren hatte man erkannt, dass das Zusammenlegen von Eigenhandel und Kundengeldverwaltung zu den Hauptherden der finanziellen Kernschmelze gehört hatte. Banken nahmen Risiken zur Ausweitung von Margen und Profitabilität auf, die durch Kundengelder gedeckt wurden. So wurde das Endrisiko auf den Sparer abgewälzt, von den gesteigerten Gewinnen hatte dieser im Gegenzug herzlich wenig. Schlussendlich wurde das Risiko schlagend, das System brach zusammen, die Einlagen waren weg. Also kam es 1933 zum Glass- Steagall-Act, der die Trennung von Eigenhandel und Kundengeschäft einführte. Sechs Jahrzehnte später hatte man die Lektion vergessen. 1999 fiel die Unterteilung im Rahmen des Gramm Leach-Bliley-Acts.
Mehr als zehn Jahre später kann man nur hoffen, dass sich Obama mit seinem Vorhaben, das Rad der Geschichte um eine gute Dekade zurückzudrehen, durchsetzt. Banken sollten in Zukunft klar entscheiden müssen, was für ein Geschäftsmodell sie verfolgen wollen - mit allen damit einhergehenden Konsequenzen. Etwa der, dass man im Investmentbanking in guten Jahren mehr verdient, in schlechten aber auch nicht vom Steuerzahler aufgefangen wird.
Die Goldman Sachses dieser Welt müssen pleite gehen dürfen -ansonsten wird in ein paar Jahren wieder das alte Spiel gespielt, wonach die Konzentration von Ressourcen in Zeiten der Hochkonjunktur zunimmt, Risiko und Verlust in Krisenzeiten jedoch sozialisiert werden. Auch aus Anleger- und Managersicht sollte eine klare Trennung wünschenswert sein. So könnte es in Zukunft Banken wie der Erste Group nicht passieren, dass Fonds nur dann investiert bleiben, wenn der Konzern den Gewinn pro Jahr um 20 Prozent steigert. Banken, die den Großteil ihres Überschusses aus dem Zinsgeschäft lukrieren, müssten dann in puncto Profitabilität nicht mehr mit Investmentbanken in den Ring steigen. Die Aktienkurse wären vom Gewinn her limitiert, ihre Volatilität jedoch auch. Mit anderen Worten: Setzt sich Obama durch, gewinnen fast alle. Auch in Österreich.
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