- 11.11.2009, 12:31:42
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ÖGB Oberhauser: Reden wir über den Reichtum
Podiumsdiskussion zur Armutsbekämpfung
Wien (OTS/ÖGB) - "Wir müssen dringend über Reichtum reden", sagte
ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser gestern Abend im Rahmen einer
Podiumsdiskussion in der ÖGB-Fachbuchhandlung in Wien. "Soziale Krise
verhindern" lautete der Titel, das sei nur möglich, wenn man die
Frage der Verteilung ernsthaft angehe, so Oberhauser.
ArbeitnehmerInnen, StudentInnen, PensionistInnen usw. dürften sich
nicht gegeneinander ausspielen lassen: "Wenn wir uns in eine
Neiddebatte hineindrängen lassen, leistet das nur der
Entsolidarisierung und dem Sozialabbau Vorschub. Angesichts der
Wendung, die die Diskussion zur Bewältigung der Krise genommen hat,
brauchen wir eine Diskussion über den im Land vorhandenen Reichtum."
Vermögensbezogene Abgaben machen in Österreich nur 1,4 Prozent des
gesamten Abgabenaufkommens aus.++++
Rolf Gleißner, stv. Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit
in der WKÖ, warnte, dass man den Bogen bei der Umverteilung nicht
überspannen dürfe, "denn um etwas verteilen zu können, muss ich es
zuerst jemandem anderen wegnehmen." Es müssten Leistungsanreize
bestehen bleiben, sonst sinke der Wohlstand der gesamten
Gesellschaft, und es wäre weniger zum Umverteilen da. Etwa die
bedarfsorientierte Mindestsicherung sei zu einem "erstaunlichen
Zeitpunkt gekommen, denn jetzt ist die Kasse leer."
Josef Wöss, Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der AK, meinte
hingegen, dass die Umverteilung gerade in Zeiten der Krise überfällig
sei: "So bleibt ein großer Teil der Kaufkraft erhalten, die
Auswirkungen der Krise werden gedämpft. Ohne soziales Netz, ohne
Arbeitslosenversicherung, wären die Auswirkungen viel dramatischer."
Wöss forderte langfristiges Denken ein: Investitionen ins
Bildungssystem, Prävention statt Krankheitsbehandlung: "Der Zugang,
wir können uns das alles nicht leisten, stört mich - angesichts des
riesigen gesamtgesellschaftlichen Reichtums."
Der Philosoph und Autor Manfred Füllsack kritisierte, dass gerade
diejenigen, die vom sozialen Netz profitieren sollten, das System mit
seinen zahlreichen Fördermöglichkeiten, um die man ansuchen könne,
oft gar nicht durchschauten. Er plädiert für eine Ausweitung der
gesellschaftlich anerkannten Arbeit, zum Beispiel um private
Pflegetätigkeiten, wenn es darum ginge, die Arbeitswilligkeit zu
beweisen: "Es gibt eine ganze Reihe von Arbeiten, die derzeit
schlecht ?gerahmt? werden?". Auch das gesamte Bildungssystem sei
derzeit viel zu stark auf die Qualifikation von Erwerbsarbeit
ausgelegt. Das habe sich durch den Bologna-Prozess noch
verschlimmert.
Der ÖGB verlangt, dass insbesondere jene Gruppen, die Verantwortlich
für die Finanzkrise sind, einen substanziellen Beitrag zur
Krisenbewältigung leisten. Dazu gehören insbesondere folgende
Elemente:
o Wertpapierkauf darf nicht als Investition steuerlich begünstigt
werden.
o So lange auf EU-Ebene die Finanztransaktionssteuer nicht umgesetzt
ist, muss innerösterreichisch eine Börsenumsatzsteuer in der Höhe von
0,25 Prozent eingeführt werden, die bei Kauf und Verkauf von
Wertpapieren fällig ist.
o Für Vermögenserträge in Stiftungen ist die volle
Kapitalertragsteuer (KESt) abzuführen. Derzeit wird nur die halbe
KESt für Zinsen/Kapitalerträge aus Veranlagungen bzw.
Veräußerungsgewinnen und null Steuer auf entnommene Substanz
eingehoben.
o Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer, bei der kleinere
Vermögen von dieser Steuer verschont bleiben und größere Vermögen mit
geringeren Steuersätzen als bisher besteuert, aber dafür realistisch
bewertet werden.
Rückfragehinweis:
ÖGB Öffentlichkeitsarbeit
Florian Kräftner
(01) 53 444 290
www.oegb.at
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