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Commission on Radio and Television Policy untersuchte journalistische Standards

Tagung im ORF-Zentrum unter der Leitung von Ellen Mickiewicz und Erhard Busek

Wien (OTS) - Nachrichtenagenturen und Journalisten, die über
Krisen berichten, sollten aus diesen Krisen weder Sensationen machen noch diese kleinreden, sondern so präzise und faktenbasiert wie möglich berichten. Als Teil dieses Bemühens sollten Journalisten Informationen von Regierungen und aus nichtstaatlichen Quellen sorgfältig verifizieren und analysieren. Nachrichtenorganisationen können ebenso auf ihr eigenes Publikum als Quelle zugreifen, solange auch diese Informationen einer sorgfältigen Überprüfung unterzogen werden. Diese Thesen waren das Ergebnis der Diskussion von Journalisten und Politikern beim jährlichen Treffen der "Commission on Radio and Television Policy" am 16. und 17. Oktober 2009 im ORF-Zentrum Wien. Dr. Erhard Busek, Präsident des Europäischen Forums Alpbach, und Dr. Ellen Mickiewicz, Professorin für Politikwissenschaften an der Duke Universität in den USA, teilen sich den Vorsitz der Kommission. Organisiert wurde die Tagung von der Duke University, dem Europäischen Forum Alpbach und dem ORF, mit Unterstützung von ERSTE Stiftung und Wien Kultur.

Der wichtigste Grund für Genauigkeit in der Berichterstattung bei Krisen ist die Möglichkeit, den Ausbruch von Panik und Konflikten zu minimieren, besonders dann, wenn unterschiedliche Krisen zusammentreffen. Vergangenes Jahr - so viele Mitglieder der Kommission - seien Nachrichtenorganisationen durch die Weltfinanzkrise gezwungen gewesen, die Kosten zu reduzieren, da die Umsätze einbrachen. In manchen Fällen bedeutete das die Verkleinerung von Redaktionen oder weniger Berichterstattung zu Themen, die ungewöhnlich komplex sind, so etwa die öffentliche Gesundheit und die Wirtschaft. Im umgekehrten Fall können diese Themen zur Basis eines politischen und sogar gewaltsamen Konflikts werden.

Lange sprachen die Teilnehmer über das Wiedererstarken nationalistischer Tendenzen in ihren Regionen, und alle drängten darauf, dass Nachrichtenorganisationen und Journalisten wachsam sein müssen gegenüber Vorfällen, die Potenzial für ernsthafte Konflikte darstellen. Der kosovarische Journalist Agron Bajrami: "Nationalismus als Emotion tritt neben unsere Logik und kann von Politikern manipuliert werden, die ihrerseits den nationalen Mythos nutzen, um andere Personen zu fördern oder an der Macht zu bleiben."

Derartige Krisen veranlassten Nachrichtenorganisationen zur Nabelschau, sagten einige Mitglieder der Kommission, und zur Suche nach Sündenböcken, die man für die Krise verantwortlich machen kann. Ausnahmslos ginge das "große Bild" in dieser engen Sichtweise verloren, sagte BBC-Nachrichtenmacher Olexiy Solohubenko vom BBC World Service. Nuri Colakoglu von der Dogan Media Group in der Türkei beobachtete wie viele andere auch, dass es bei einem modernen Konflikt viel schwieriger geworden ist, dessen Geschichte zu erfassen, als es noch zu Zeiten des Kalten Krieges oder kurz danach war. "Statt des alles vernichtenden Krieges damals sind wir heute beinahe mittelalterlich unterwegs", sagte Colakoglu. "Vor 20 Jahren gab es zwei Supermächte, dann nur mehr eine, und in absehbarer Zeit wird es vier oder fünf geben."

Nachrichtenorganisationen müssen verantwortungsvolle Wege finden, um ihrem Publikum die neue Welt zu erklären, stimmte die Kommission überein. Man brauche ein neues Vokabular für Konflikt-Berichterstattung oder zumindest eine sorgfältigere Wortwahl in einer Welt, in der die Konsequenzen des Handels aufgrund falscher oder unvollständiger Information schwerwiegend und schnell sein können.

Die "Commission on Radio and Television Policy" wurde 1990 vom früheren US-Präsidenten Jimmy Carter gegründet, um die Rolle der freien Presse in demokratischen Gesellschaften zu fördern. In den Anfangsjahren lag der Schwerpunkt der Arbeit der Kommission bei medienpolitischen Themen in den USA, in Ost- und Westeuropa. Seit Mitte der neunziger Jahre fand eine Ausdehnung auf Zentral-, Ost- und Südosteuropa statt.

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