• 30.07.2009, 10:40:11
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Lebensmittel auf dem Prüfstand: "Originell" statt Original

"Konsument": Klare Kennzeichnung für Lebensmittel gefordert.

Wien (OTS) - Analogkäse und Wasserschinken sind seit einiger Zeit
in aller Munde. Selbst wenn diese - unter Einhaltung hygienischer
Standards - keine Gesundheitsgefährdung darstellen, ist die
Verunsicherung der Konsumenten hinsichtlich der Qualität unserer
Lebensmittel groß. "Konsument" hat sich aus aktuellem Anlass auf
Einkaufstour begeben, um Mogeleien im Lebensmittelbereich auf die
Spur zu kommen. Fazit: Analogkäse und Wasserschinken sind nur die
Spitze des Eisberges.

Rindsrouladen aus Formfleisch, Himbeerkracherl ohne Himbeer,
Schokomilch mit Kakaopulver oder Erdbeerjoghurt mit sage und schreibe
1 (!) Prozent Erdbeeranteil. Das Ausmaß der fehlleitenden
Kennzeichnung hat abseits von Analogkäse und Wasserschinken eine
enorme Bandbreite entwickelt, da hilft oft nur der genaue Blick auf
die Zutatenliste", zieht Birgit Beck,
"Konsument"-Ernährungswissenschafterin, Bilanz.

"Unsere Nachforschungen zeigen, dass mit dem Vertrauen der
Konsumenten Schindluder betrieben wird", kritisiert Franz Floss,
Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation (VKI). "Wir
haben Lebensmittelimitate ohne klare Kennzeichnung sowie
phantasievolle Variationen und Abbildungen gefunden, die bei weitem
mehr suggerieren, als tatsächlich der Fall ist. Dass eine solche
Vorgehensweise dazu geeignet ist, die Konsumenten in die Irre zu
führen, wird uns in zahlreichen Briefen und Anrufen erboster
Konsumenten klar vor Augen geführt. Imitate sind daher klar zu
kennzeichnen und bildliche Darstellungen wahrheitsgetreu auf den
Verpackungen anzubringen. Ein Mehr an Produktwahrheit liegt nicht nur
im Interesse der Konsumenten, sondern letztlich auch der Produzenten:
Denn sonst folgt die Enttäuschung auf dem Fuß."

Versprechungen versus Realität

Rund 60 Produkte hat "Konsument"-Ernährungswissenschafterin Birgit
Beck stichprobenartig im Rahmen einer Einkaufstour in den Warenkorb
gefüllt: darunter Zitronenlimonade, Erdbeerjoghurt, Pesto,
Kürbiscremesuppe, Garnelen, Schafkäse, Rindsrouladen, Schokomilch,
Früchtetee und Thunfischaufstrich - zumindest vermeintlich. Ein
genauerer Blick auf die Zutatenliste zeigt: Der Inhalt hält mit den
Versprechungen bzw. dem Erwarteten nicht immer Schritt - was sowohl
für Billigprodukte als auch für Markenprodukte gilt. Da wird das
ganze Rahmschnitzerl schon auch mal zum Formfleisch, der
Schaf(misch)käse zu Magermilch und Pflanzenöl in Salzlake, oder der
Vanilletraum zum Milchmischgetränk mit Beta Carotin und Aroma - ohne
echte Vanille.

Der Konsument wird an der Nase herumgeführt

Imitationen finden sich vielfach: Ob nun begünstigt durch
bildliche Darstellungen, eine geringere Menge an Inhaltsstoffen,
ausgeklügelte Produktbeschriftungen oder das bewusste Spiel mit
Assoziationen. Wer hinterfragt etwa, ob die angepriesene Schokomilch
nicht doch aus Kakaopulver und Aroma besteht oder die in Schokolade
getunkten Enden der Linzerkipferl letztlich doch nur aus
kakaohaltiger Fettglasur bestehen? Für manchen mag der Unterschied
von Kakao und Schokolade ohnehin vernachlässigbar sein - in der
"Geldbörse" der Produzenten ist er es nicht.

Großes Täuschungspotential haben auch die Aromen: Eines der wohl
beliebtesten ist die Vanille, ob nun in der vermeintlichen
Vanilletopfencreme, dem Milchmischgetränk oder dem Vanilleeis - die
dann allesamt ohne Vanilleschoten selbst auskommen. Doch auch in
Keksen, Pudding, Limonaden oder Cappuccino tummeln sich die Aromen,
ob nun mit Erdbeer-, Zitrone-, Himbeer- oder Haselnuss-Geschmack.
"Nicht selten werden dabei auf den Verpackungen Abbildungen von
Früchten geboten, die in Wirklichkeit nicht annähernd enthalten sind
und zur Irritation der Verbraucher beitragen", beanstandet Birgit
Beck.

Die Grenze zwischen Aufmachung und Inhalt verschwimmt nicht
zuletzt dann, wenn zwar die angepriesenen Inhaltsstoffe tatsächlich
enthalten sind - allerdings nur in sehr geringer Menge: etwa das
Erdbeerjoghurt mit nur einem Prozent Erdbeeren, oder die
Kürbiscremesuppe mit nur neun Prozent Kürbis. Umgekehrt gibt es auch
den Fall, bei dem Produkte mit zusätzlichen billigen Zutaten
gestreckt werden: So enthält etwa ein Pesto in der Erhebung
zusätzliche Zutaten wie Molke und Reismehl, die in einem klassischen
Pesto nichts verloren haben. Abgesehen davon wurden die Pinienkerne
in diesem Fall mit Cashewkernen ersetzt und Olivenöl zum größten Teil
mit Sonnenblumenöl - à la: "Es merkt keiner, wenn’s auch billiger
geht."

Klare Kennzeichnung nötig

"Die Produkte müssen nicht per se schlechter sein, so hat etwa
Schinken mit mehr Wasser zugleich auch weniger Kalorien. Unter
Einhaltung hygienischer Standards stellen all diese Produkte -
maßvoll genossen - keine Gesundheitsgefährdung dar. Dreh- und
Angelpunkt ist aber nicht, ob die Produkte gesund oder schädlich
sind, sondern die mögliche Verbrauchertäuschung und deren Ausmaß",
kritisiert Birgit Beck. Konsumenten, die auf Nummer sicher gehen
möchten, rät die "Konsument"-Ernährungswissenschafterin zum genauen
Blick auf die Zutatenliste: "Je kürzer und einfacher diese ist, umso
besser. Je mehr E-Nennungen darauf zu finden sind, desto länger wurde
das Produkt verarbeitet." Zudem steht auf verpackten Produkten eine
Zutatenliste. Die Zutaten sind mengenmäßig gereiht, d.h. das was als
erstes steht, ist am meisten drinnen. Steht z.B. Aroma vor dem Käse,
ist mehr Aroma als Käse enthalten.

"Die feinen Unterschiede zwischen Original und Imitat sind aber
selbst für Experten nicht immer einfach sichtbar. Umso notwendiger
ist eine verpflichtende und unmissverständliche Kennzeichnung von
Lebensmittelimitaten - und zwar auf europäischer Ebene", fordert
Franz Floss, Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Untersuchung
beim VKI. "Selbst wenn gewisse Ersatzstoffe einigen Zielgruppen
durchaus recht kommen, etwa wenn sich Käseimitate auch für Veganer
oder Menschen mit Lactoseintoleranz eignen: Wenn Käse draufsteht,
dann soll er auch drinnen sein."

SERVICE: Die Liste mit sämtlichen Produkten der Erhebung steht ab
sofort unter www.konsument.at zum Download bereit.

Rückfragehinweis:

Verein für Konsumenteninformation/
   Testmagazin "Konsument"
   Mag. Andrea Morawetz
   Öffentlichkeitsarbeit
   Tel.: 01/588 77 - 256 
   Email: amorawetz@vki.at
   www.konsument.at

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