• 30.06.2009, 19:12:10
  • /
  • OTS0339 OTW0339

Nowotny: IWF-Bericht stellt Österreich positives Zeugnis aus Aktuelle Aussprache mit den beiden Nationalbank-Gouverneuren

Wien (PK) - Auf der Tagesordnung des heute Nachmittag stattfindenden
ersten Sitzung des Finanzausschusses standen die Berichte des
Gouverneurs und des Vize-Gouverneurs der Oesterreichischen
Nationalbank über die erfolgten geld- und währungspolitischen
Maßnahmen im ersten Halbjahr 2009.

IWF-Länderbericht kommt insgesamt zu einem positivem Ergebnis

Der Gouverneur der OeNB, Ewald Nowotny, informierte zunächst über den
IWF-Länderbericht Österreich, der im Rahmen der so genannten Artikel-
IV-Konsultationen erstellt und heute der Öffentlichkeit präsentiert
wurde. Auch wenn Österreich von den Auswirkungen der Subprime-Krise
wenig betroffen sei, stellen die allgemeinen wirtschaftlichen
Entwicklungen in Europa und vor allem in Osteuropa, eine große
Herausforderung dar, urteilten die Autoren des Berichts. So werde
etwa mit einem Rückgang des Sozialprodukts um 4 % im Jahr 2009
gerechnet. Die IWF-Experten kamen aber gleichzeitig zum Schluss, dass
Österreich schnell und effektiv reagiert und entsprechende Maßnahmen
ergriffen habe. Insgesamt ziehe der Bericht eine positive Bilanz,
meinte Nowotny, was auch hinsichtlich der Einschätzung durch die
internationalen Ratingagenturen für Österreich sehr wichtig ist.

Sodann ging Ewald Nowotny auf die Prognosen hinsichtlich der
makroökonomischen Entwicklungen im Euro-Raum ein, wo es zu einem
massiven Wirtschaftseinbruch gekommen ist; deshalb müsse man im Jahr
2009 auch mit einem Rückgang um 4,5 % rechnen, 2010 wird ein Plus von
0,7 % erwartet. Welchen genauen Verlauf die Wirtschaftsentwicklung
nun aber nehmen wird, könne man aufgrund der hohen
Unsicherheitsfaktoren derzeit nicht abschätzen. Was die
Inflationsrate angeht, die ebenfalls stark zurückgegangen ist, so
betrug sie im Mai 2009 0 % im Euro-Raum bzw. -0,1% in Österreich.
Auch in den nächsten Monaten könne es vorübergehend zu negativen
Inflationsraten kommen, da die Energiepreise derzeit niedriger sind
als im Vorjahr, gab Nowotny zu bedenken.

Für richtig erachtete er die Reaktion von Seiten der
Wirtschaftspolitik, zumal erstmals eine halbwegs koordinierte
expansive Fiskalpolitik aller EU-Staaten feststellbar war, was zu
einer Beruhigung der Situation beigetragen hat. Im Bereich der
Geldpolitik kam es zu massiven Eingriffen durch die EZB, wodurch die
Liquiditätsversorgung der Banken (insgesamt 440 Mrd. €)
sichergestellt und der Zusammenbruch der Geldmärkte aufgehalten
wurde. Es sei jedoch richtig, dass es im Bereich der Kreditversorgung
noch eine Vielzahl von Problemen gebe, die durch den Basel-II-Effekt
noch verstärkt werden könnten, räumte der OeNB-Gouverneur ein.

Schließlich ging Nowotny noch auf die Frage ein, ob die massive
Liquiditätsausweitung inflationäre Effekte auslösen könne. Dies müsse
differenziert betrachtet werden, gab er zu bedenken. Während er aus
geldpolitischer Sicht keine Auswirkungen sehe, könnte es
möglicherweise gewisse Risiken im realwirtschaftlichen Sektor geben,
und zwar, wenn es zu einem Aufschwung kommt. Die sensibelsten
Bereiche seien dann die Erdöl- und Energiepreise. Aus diesem Grund
seien alle Maßnahmen in Richtung mehr Energiesparen und
Energieeffizienz aus seiner Sicht voll zu unterstützen.

Duchatczek: Finanzmarktlage freundlicher, aber keine Entwarnung

Sodann ging der Vizegouverneur der OeNB, Wolfgang Duchatczek, auf
einige wichtige Themenbereiche ein. Grundsätzlich könne die Lage am
Finanzmarkt als etwas freundlicher bezeichnet werden, zumal die
Aktienpreise etwas angezogen haben und die Anleihenmärkte in Bewegung
gekommen sind. Dennoch gebe es keinen Anlass zur Entwarnung, betonte
der Vize-Gouverneur. Was die Ertragssituation der Banken angeht, so
wurde diese natürlich durch die Krise beeinträchtigt. 2008 (und auch
im ersten Quartal 2009) wurde zwar nach wie vor ein Gewinn
verzeichnet, dieser sei aber um ein Drittel geringer als im Vorjahr.
Verlangsamt habe sich auch das Kreditwachstum, und auch die
Fremdwährungskredite seien leicht rückläufig. Bezüglich der so
genannten Banken-Stresstests mahnte Duchatczek zu einer vorsichtigen
Beurteilung, da in den einzelnen Ländern von unterschiedlichen
Annahmen ausgegangen wird. In Österreich rechne man derzeit mit einem
Rückgang des Wirtschaftswachstums um 4 %, 2010 sollte es zu einer
ökonomischen Stabilisierung kommen. Vor diesem Hintergrund könne man
derzeit sagen, dass die Eigenkapitalquote der Banken als ausreichend
zu betrachten sei. Schließlich ging der Vizegouverneur noch auf die
neue Finanzmarktaufsichtsarchitektur in der EU ein und berichtete
darüber, mit welchen Themen sich die Kommission derzeit befasst
(Richtlinien bezüglich Hedgefonds, Private Equity-Gesellschaften,
Prozyklizität etc.).

Pröll: Freier Fall gebremst, aber Boden noch nicht erreicht

Finanzminister Josef Pröll lobte zunächst die gute Zusammenarbeit
zwischen der OeNB und seinem Ressort, was gerade in wirtschaftlich
schwierigen Zeiten von großer Bedeutung sei. Auch er ging sodann auf
den IWF-Bericht über Österreich ein, der belege, dass man sich in die
Gruppe jener Länder einreihen könne, die rasch und effizient auf die
globale Finanzkrise reagiert haben. Die von der Regierung geschnürten
Maßnahmenpakete haben wesentlich dazu beigetragen, dass der freie
Fall gebremst werden konnte, war Pröll überzeugt, der Boden bezüglich
Wachstum und Arbeitslosigkeit sei allerdings noch nicht erreicht.

Pröll wies weiters auf den nächste Woche stattfindenden
Finanzministerrat in der EU hin, wo von österreichischer Seite u.a.
das Thema der Prozyklizität von Basel II vorangetrieben werden soll.
Auf der Agenda stehe sicher auch das Defizitverfahren, das gegen
Österreich - wie wahrscheinlich gegen insgesamt 20 Länder -
eingeleitet werden soll. Die Europäische Kommission habe aber
gleichzeitig auch bestätigt, dass die von Österreich ergriffenen
Maßnahmen als zeitgerecht und richtig erachtet werden.

Die Einigung in der EU über eine gemeinsame Finanzmarktaufsicht, die
aus einem Zweisäulenmodell besteht, sehe er als ersten wichtigen
Schritt.

Die Fragen der Abgeordneten

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) wies darauf hin, dass Österreich
laut dem IWF-Bericht größere Maßnahmenpakete geschnürt habe als der
europäische Durchschnitt. Seiner Ansicht nach sei jedoch ein
Inflationsrisiko langfristig nicht auszuschließen, weshalb ein
besonderes Augenmerk auf diesen Bereich gelegt werden müsse.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) zeigte sich verwundert darüber,
dass Nowotny in einem Interview das Osteuropa-Risiko als nicht
besonders hoch eingeschätzt habe, obwohl zahlreiche
Wirtschaftsexperten Warnungen ausgesprochen haben. Weitere Fragen
stellte er zur Geldmarktpolitik sowie zur "Staatsfinanzierung" der
Kommunalkredit.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hätte sich gewünscht, dass sich
Österreich intensiver für die Aussetzung des EU-Defizitverfahrens
eingesetzt hätte, zumal mehr als zwei Drittel der Länder davon
betroffen sind. Sein Fraktionskollege Christoph Matznetter (S)
befasste sich vor allem mit den Auswirkungen von Basel II, wodurch
große Probleme entstehen können. Er plädierte dafür, dass eine
Eigenkapitaldeckung von 8 % ausreicht und dass den Ratingsystemen der
Banken ein längerer Vergleichszeitraum zu Grunde gelegt wird.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) hatte den Eindruck, dass
die Aufsichtsarchitektur in der EU nur zusätzliche Bürokratie
schaffe, denn eine gemeinsame Finanzmarkt- und Bankenaufsicht gebe es
damit noch immer nicht.

Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny wies in Beantwortung der Fragen
der Abgeordneten zunächst darauf hin, dass 60 % des Defizits durch
automatische Stabilisatoren verursacht werden; dieser Bereich sei
also vom Wachstum abhängig. Abgeordnetem Bartenstein versicherte er,
dass die EZB eine Priorität in der Preisstabilität sehe, was von der
OeNB natürlich sehr ernst genommen werde. Hinsichtlich der Fragen
über die Risken, die mit dem starken wirtschaftlichen Engagement
Österreichs in Osteuropa verbunden sind, merkte Nowotny an, dass die
Phase der Hysterie vorbei sei. Aussagen wie "Österreich droht der
Staatsbankrott" hätten sich mittlerweile als völlig falsch
herausgestellt. Dennoch stehe man vor großen Herausforderungen,
räumte Nowotny ein, wobei die Länder in Osteuropa sehr differenziert
betrachtet werden müssten. Außerdem hätten die starken Engagements
von Seiten des IWF und der Europäischen Kommission zu einer massiven
Beruhigung der Situation beigetragen.

Bezüglich der Frage zur Kommunalkredit informierte Nowotny darüber,
dass es sich bei der Unterstützung um eine kurzfristigen Kredit
gehandelt habe, zumal die OeNB auch gar keine Staatsfinanzierung
durchführen dürfe. Der V-Abgeordneten Karin Hakl pflichtete Nowotny
bei, dass sich für bestimmte Wirtschaftsbereiche (z.B.
Jungunternehmer) die Finanzierungsgrundlagen nachdrücklich
verschlechtert haben. In solchen Fällen halte er Staatsgarantien oder
Unterstützungen von Seiten des Europäischen Investitionsfonds für
sehr wichtig. (Fortsetzung)

Eine Aussendung der Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272, Fax. +43 1 40110/2640
e-Mail: pk@parlament.gv.at, Internet: http://www.parlament.gv.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel