• 26.05.2009, 12:06:27
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Küberl: "Den Menschen nicht auf medizinische Restgröße reduzieren"

Zur Eröffnung der Bundestagung des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland referierte Caritas-Präsident Franz Küberl über die Aufgabe der Caritas zwischen "Markt und Menschlichkeit"

Achtung S p e r r f r i s t 26.05.2009 14:00 Uhr =

Dresden, 26.05.2009 (KAP) "Der Mensch ist ein Gesamtkunstwerk und
darf nicht auf eine medizinische Restgröße reduziert werden. Das
sicherzustellen ist Aufgabe der Caritas". Mit diesem Plädoyer für
eine selbstbewusste Positionierung der Caritas zwischen "Markt und
Menschlichkeit" eröffnete der österreichische Caritas-Präsident
Franz Küberl am Dienstag die 16. Bundestagung des Verbandes
katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD). Bis zum 28. Mai wird
dabei in Dresden über die Auswirkungen der Europäisierung des
Altenhilfemarktes beraten.

Laut Küberl sei es Aufgabe der Caritas, durch alle Probleme, die
etwa ein europäischer Konkurrenzkampf unter Anbietern wie unter
Spendenwerbern und Werbern um öffentliche Gelder mit sich bringt,
den Gesamtauftrag nicht aus den Augen zu verlieren: sich für den je
einzelnen Menschen und seine Bedürfnisse einzusetzen. Diese Aufgabe
gleiche oftmals einer "seiltänzerischen Meisterleistung" angesichts
knapper werdender öffentlicher Mittel und einer "Marktlogik", die
die Zahl der spendenwerbenden Organisationen in den vergangenen
Jahren vervielfacht habe.

Mit ihrem dichten Netz aus haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern
erfülle die Caritas jedoch weit über den Bereich der konkreten
Pflegedienstleistung hinausgehende Aufgaben, etwa eine aktive
zivilgesellschaftliche Interessenvertretung und eine
anwaltschaftliche Tätigkeit für all jene Menschen, deren Stimme
ansonsten nicht gehört wird. Diese anwaltschaftliche Tätigkeit
gewinne ihre Relevanz laut Küberl insbesondere im Blick auf die
zahlreichen Richtlinien und Beschlüsse auf europäischer Ebene.
Gerade im Bereich der Altenpflege lasse sich die Verbindung zur
täglichen Arbeit der Caritas und zu den aktuellen Herausforderungen
deutlich machen.

So verfolge etwa die Europäische Kommission in der Frage der
Altenhilfe und -pflege laut Küberl "eine klare Marktstrategie", die
von einem funktionierenden Spiel von Angebot und Nachfrage auf
europäischer Ebene ausgehe. Die Kommission fordere außerdem
europaweite Qualitätskriterien und setze zugleich "mündige und
kompetente Kunden" voraus, die sich selbstbewusst für oder gegen
spezielle Angebote entscheiden.

Dies jedoch entspreche bei weitem nicht der Realität, so Küberl, da
gerade in der Altenhilfe viele Menschen aufgrund ihres Alters, ihrer
finanziellen Möglichkeiten oder aufgrund mangelnder Informiertheit
eine eher "eingeschränkte Kundenrolle" einnehmen. Der größte Teil
der Pflegedienstleistungen werde etwa in Österreich immer noch von
den Familien selbst übernommen, an denen ein von der Kommission
angestrebter "Altenhilfemarkt" schlicht vorbeigeht. Der freie Markt
werde - trotz eines steigenden Bedarfs an Pflege- und
Betreuungsleistung - nicht alle benötigten Leistungen abdecken
können, so Küberl.

Abschließend skizzierte Küberl fünf Herausforderungen, vor denen die
Caritas als professioneller Dienstleister im Bereich der Altenpflege
heute steht: Zum einen müsse sich die Caritas gerade auf
europäischer Ebene stärker in die Diskussion um Finanzierbarkeit und
Bedarfsfeststellung von Betreuung einbringen. Gerade bei der
Definition des Pflegebedarfs dürfe es nicht zu einer
"Funktionseinschränkung" und zu einer Orientierung an
Minimalkriterien kommen, so Küberl. Zweitens müsse die Caritas
offensiv bei der Definition der Qualitätskriterien in der
Altenpflege und -hilfe auftreten. Küberl wörtlich: "Ich glaube, dass
wir diejenigen sein müssen, die konkrete Qualitätskriterien
vorgeben, bevor uns die Politik mit Minimalvarianten konfrontiert".

Weiters bedürfe es gerade in der Altenhilfe einer weiteren Anpassung
an individuelle Bedürfnisse der Klienten. Standardlösungen seien
hier verfehlt. Dies werde gerade beim Thema Demenz, das immer
größeren Raum in der Caritas-Arbeit einnehme, deutlich. Außerdem
müsse die Caritas den Bereich der ehrenamtlichen Arbeit weiter
ausbauen. Dabei sei es freilich wichtig, ein komplexes System der
Professionalisierung auch dieser Mitarbeiter zu installieren, um die
Qualität zu gewährleisten. Zuletzt sei die Caritas herausgefordert,
den Einsatz für bedürftige Menschen nicht nur als professionelle
sondern vor allem auch als "sinnvolle und wichtige Tätigkeit" den
Mitarbeitern zu vermitteln. Dazu gehöre die Verbesserung der
Ausbildung, ein gutes Betriebsklima und die Fortbildung.

Die 16. Bundestagung des Verbandes katholischer Altenhilfe in
Deutschland (VKAD) vom 26. bis 28. Mai in Dresden steht heuer unter
dem Motto: "Mehr_wert im Wettbewerb. Katholische Altenhilfe:
flexibel im Angebot - stabil in den Werten".

(ende)
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