• 09.03.2009, 13:43:23
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Adelheid Popp als Parlamentarierin Die parlamentarischen Mühlen im Kampf um Frauenrechte

Wien (PK) - "Mich trifft das Schicksal, dass ich Jahr für Jahr bei
der Budgetdebatte zum gleichen Thema reden muss, ohne darauf
hinweisen zu können, dass sich irgendetwas zum Günstigeren verändert
hätte - im Gegenteil, nicht günstiger, sondern ungünstiger sind die
Zustände geworden, auf die sich meine Äußerungen beziehen", beklagte
Adelheid Popp in der Debatte um den Bundesvoranschlag für das Jahr
1933 (119 Sitzung NR vom 16. Februar 1933, IV.GP, S. 3092 ff) -
knappe drei Wochen vor den Ereignissen am 4. März 1933, die zur
Ausschaltung des Parlaments führten und schließlich in den
autoritären Ständestaat mündeten. Nach einem Porträt der
christlichsozialen Politikerin Hildegard Burjan im Vorjahr (siehe PK
Nr. 205, 206 und 207/2008), bringt die Parlamentskorrespondenz heuer
zum Internationalen Frauentag ein Porträt der sozialdemokratischen
Parlamentarierin Adelheid Popp.

Adelheid Popp meinte mit der zitierten Bemerkung ihren unermüdlichen
Einsatz um ein moderneres Eherecht, insbesondere die Zivilehe, und
die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs. Von Beginn ihrer
Tätigkeit in der Konstituierenden Nationalversammlung bis zu den
tragischen Märztagen des Jahres 1933 hat sich die Sozialdemokratin im
Parlament für die Rechte der Frauen und die Verbesserung der
katastrophalen Lage der Masse der Bevölkerung eingesetzt. Ihre
Anträge und ihre Reden im Nationalrat sind ein beredtes und
eindringliches Zeitkolorit der Ersten Republik. Die Beispiele
konkreter Schicksale von Menschen, die sie immer wieder zur
Untermauerung ihrer Forderungen in ihren Reden schilderte, stellen
eindringliche Appelle an das soziale Gewissen dar und lassen die
unendliche und heute unvorstellbare Not der Menschen erahnen. Die
Notwendigkeit, immer wieder auf gleiche Probleme hinzuweisen, ist
auch heute denjenigen, die sich für Gleichberechtigung und
Gleichbehandlung einsetzen, keineswegs fremd.

Ob es das schwere Los der Hausgehilfinnen war, die am Beginn der
jungen Republik völlig rechtlos dastanden, ob es um die Zustände in
den Gefängnissen ging, vor allem in den Justizanstalten für Frauen,
um den Einfluss der Kirche im Bildungswesen oder die hart umkämpften
Kompetenzen im Schulwesen, Adelheid Popp nannte die Dinge beim Namen.
Ihr Kampfesmut im positiven parlamentarisch demokratischen Sinn ist
aus jedem Satz heraus zu spüren. Sie ließ sich nicht beirren, auch
wenn jenen, die für Frauenrechte eintraten, ein immer kälter
werdender Wind ins Gesicht blies und wie wir heute wissen, der Weg
zur Gleichberechtigung ein steiniger war und noch immer ist. Schon
1920 (82. Sitzung der Konstituierenden Nationalversammlung, S. 2593)
wies Popp auf den männlichen Widerstand hin: "Dass bei den männlichen
Berufsangehörigen nicht das Bedürfnis nach weiblichen Kollegen
vorhanden ist, haben wir überall gehört und das ist überall
aufgetreten". In ihrem Debattenbeitrag zum Bundesvoranschlag für das
Jahr 1931 (14. Sitzung NR vom 11. Februar 1931, IV. GP, S. 340)
klagte sie ebenfalls: "Auch wir haben die staatsgrundgesetzlich
gewährleistete Gleichberechtigung der Frau, wenn wir auch überall
sehen und fühlen, wie man versucht, wenn auch nicht direkt und auf
geradem Wege, den Frauen von der Position, die sie sich durch unsere
Verfassung errungen haben, wieder ein Stück wegzunehmen."

Adelheid Popp zählte mit ihren sechs anderen sozialdemokratischen
Kolleginnen und mit Hildegard Burjan von der Christlichsozialen
Partei, zu den weiblichen Pionierinnen im Parlament. Sie zog nach der
Einführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen
Wahlrechts für alle Staatsbürger und Staatsbürgerinnen ohne
Unterschied des Geschlechts für die Sozialdemokratische Partei aus
dem Wahlkreis 7, Wien West (14., 16. und 17. Bezirk) ins Parlament
der jungen Republik ein und wurde am 4. März 1919 angelobt. Sie
gehörte in der Konstituierenden Nationalversammlung und in den darauf
folgenden vier Gesetzgebungsperioden (GP) unter anderem dem
Budgetausschuss, dem Justizausschuss, dem Ausschuss für soziale
Verwaltung, dem Verfassungsausschuss und dem Ausschuss für Erziehung
und Unterricht, teils als Mitglied, teils als Ersatzmitglied
("Ersatzmann" laut Indices zu den Stenographischen Protokollen bis
zur III. GP) an.

Hinweis: Ausführlicher siehe Website des Parlaments:
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