- 26.11.2008, 13:12:16
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Orden suchen neue Antworten ... (2)
Falsche Gottes- und Menschenbilder
Beim allgemeinen Ordenstag am Dienstag sprach die Wiener
Pastoraltheologin Regina Polak über "Gottes- und Menschenbilder in
der heutigen Gesellschaft". Kontext der gegenwärtigen Gottes- und
Menschenbilder sei das moderne, von Beliebigkeit und Relativismus
geprägte Wirklichkeitsgefühl, das von einem Mangel an
Unterscheidungs- und Deutungskriterien begleitet werde, so Polak.
Dabei seien aber positive Entwicklungen im Menschenbild nicht zu
übersehen. Die Pastoraltheologin erinnerte daran, dass beispielsweise
heute auch den Kindern das Menschsein selbstverständlich zugesprochen
werde und in einer eigenen Kinderrechtskonvention festgeschrieben
sei, was früher keineswegs der Fall war. Die Rede vom "Kind als
Schaden" erinnere freilich daran, dass Kinder mit einer Behinderung
heute durchaus noch befürchten müssten, dass ihnen die Gesellschaft
das Menschsein abspreche.
Auch für Flüchtlinge würden heute wenigstens theoretisch die
Menschenrechte gelten, auch wenn die Praxis noch immer anders
aussehe. Theologisch sei zu sagen, dass die Flüchtlinge - so wie
jeder Mensch - Ebenbild Gottes sind und ihnen mit entsprechender
Achtung zu begegnen sei. In diesem Sinn "repräsentieren die
Flüchtlinge Gott in Österreich", sagte Polak.
P. Rauch hielt in diesem Zusammenhang fest, dass es etwa zur
Flüchtlingsfrage oder zu Themen des Lebensschutzes auch unter
Christen unterschiedlichste Ansichten gebe. Hier sei es Aufgabe der
Orden, das grundlegende christliche Menschenbild in Erinnerung zu
rufen und deutlich zu vertreten.
Glaube ist keine Privatsache
Wie Polak weiter ausführte, würden sich zwei Drittel der Menschen in
Österreich zum Glauben an Gott bekennen, sogar mit wachsender
Tendenz. Wenn die Kirche bei diesem Glauben allerdings nur allzu oft
als Störfaktor wahrgenommen wird, sei das dahinter stehende
Gottesbild zu hinterfragen. Wo der Glaube zur Privatsache wird,
blende man nicht nur den Gemeinschaftscharakter des Glaubens aus,
sondern auch die sozialethische und politische Dimension des
Gottesbildes, warnte die Theologin. Stelle man heute die Frage nach
der Bedeutung Gottes im öffentlichen Raum, so sei Gott im Alltag kaum
erkennbar. Eine Folge sei, dass die christliche Religion zu einer vom
Alltag abgehobenen bloßen Weltanschauung werde, ohne Konsequenzen für
den Alltag.
Kritische Worte fand Polak auch zur gegenwärtigen
Leistungsgesellschaft. Diese beginne schon im Kindergarten. Es
herrsche die Angst vor, einmal aus dem Sozialgefüge herauszufallen.
Gefördert werde so ein Menschenbild, das alles Leid ausblende. Die
Erfahrung von Tod und Endlichkeit, Scheitern und Leid werde
tabuisiert. Doch gerade dort "ereignet sich heute Gott", so Polak.
Mensch als Bild Gottes
Der Wiener Alttestamentler Prof. Ludger Schwienhorst-Schönberger
verdeutlichte das Gottes- und Menschenbild in der Bibel. Dass Gott in
der alttestamentlichen Tradition nicht bildhaft dargestellt werden
darf, erkläre sich daraus, dass Gott nicht durch leblose Statuen,
sondern durch den lebendigen Menschen vergegenwärtigt wird. "Jeder
Mensch, und zwar Mann und Frau gleichermaßen, ist Repräsentant Gottes
auf Erden. In jedem Menschen und durch ihn ist Gott gegenwärtig", so
Schwienhorst-Schönberger wörtlich.
Durch das Nichthören auf Gott - die Realität der Sünde - habe der
Mensch das ihm zugedachte Gottesbild-Sein verletzt. Die Gottesstatue
sei gleichsam "zu Boden gefallen, zwar nicht zerstört, aber doch
beschädigt". In Jesus Christus, dem "Bild des unsichtbaren Gottes",
sei das umgefallene Bild Gottes wieder aufgerichtet worden.
Schwienhorst-Schönberger: "Im Blick auf Jesus erkennt der Mensch sich
selbst und zugleich Gott: Wie er durch den Ungehorsam geworden ist
und wie er von seinem Ursprung her gemeint ist." (forts.)
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