Buchinger: "Solidarität heißt, dass jeder einmal schwach sein kann"
Sozialmininister diskutiert mit Caritas-Präsident zum Thema "Politik mit sozialer Handschrift"
Wien (SK) - "Solidarität heißt nicht nur, dass die Starken den Schwachen helfen. Das Konzept der Solidarität fußt darauf, dass jeder einmal stark und schwach sein kann", betonte Erwin Buchinger, Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz am Montag Abend im Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Caritas, Franz Küberl diskutierte Buchinger über "Politik mit sozialer Handschrift". Die Veranstaltung entstand in Zusammenarbeit der der SP Wien 19 und der Arbeitsgemeinschaft Christentum und Sozialdemokratie (ACUS), durch die Diskussion führte Daniela Kittner (Kurier). ****
"Solidarität ist ein starkes Konzept, weil es Nächstenliebe mit Selbstliebe verbindet. Sozial ist nicht nur was Arbeit schafft. Sozial ist, was gute Arbeit schafft und berücksichtigt, dass auch Menschen Sozialleistungen benötigen, die aktuell keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können." Buchinger zeigte sich erfreut über die Verbesserungen der ArbeitnehmerInnensituation, die die Regierung in den letzten 18 Monaten erreichen konnte und nannte die Rekordbeschäftigung, die volle Sozialversicherungspflicht für freie DienstnehmerInnen, die Ausbildungsgarantie für Jugendliche und die 1000 Euro Mindestlohn als einige von zahlreichen Beispielen.
"Eine Politik mit sozialer Handschrift baut darauf, dass es in einem Land auch Starke gibt. Man muss den Wirtschaftsstandort Österreich und den Sozialstandort Österreich verbinden und als Einheit betrachten", so Franz Küberl und führte weiter aus, dass die Grundfesten eines Staates darauf aufbauen würden, dass wir miteinander leben, dass keiner ganz alleine existieren könne. "Nur sind sich dessen bei weitem nicht alle bewusst - und genau hier liegt die Problematik", kritisierte der Caritas-Präsident. Küberl sprach sich klar für die bedarfsorientierte Mindestsicherung aus und unterstrich: "Denn wo sich ein Mensch selbst nicht mehr helfen kann, dort muss eingegriffen werden."
Buchinger bedauerte, dass die bedarfsorientierte Mindestsicherung bisher an der ablehnenden Haltung von Kärntens Landeshauptmann Haider gescheitert sei. "Nach den Wahlen werde ich einen letzten Anlauf zur Einigung mit Haider unternehmen", so Buchinger und erinnerte daran, dass es rechtlich möglich sei, eine Artikel-15a-Vereinbarung für nur acht Bundesländer zu treffen. "Dann muss Haider den Menschen erklären, warum diese Verbesserungen nur in Kärnten nicht möglich sind", unterstrich der Sozialminister.
Absoluter Konsens herrschte zwischen Buchinger und Küberl hinsichtlich der Tatsache, dass der Staat die Aufgabe habe, Chancengleichheit herzustellen. "Wir müssen unser hochqualitatives Gesundheitssystem für alle verfügbar halten. Der Geldbeutel darf niemals über die Gesundheit entscheiden", betonte Buchinger und Küberl ergänzte, dass es Aufgabe der Gesundheitspolitik sei, das Krankheitsrisiko für alle möglichst gering zu halten. Küberl sprach sich deutlich für eine gemeinsame schulische Ausbildung der 10- bis 14-Jährigen aus: "Es ist mir egal, wie die gemeinsame Schule heißen wird, aber es braucht eine gemeinsame Ausbildung, damit wir alle Kinder in die Zukunft mitnehmen können." Der Präsident der Caritas hielt weiter fest, dass er auch ein gemeinsames Kindergartenjahr für "sehr wichtig" erachte um "sprachliche, soziale und anderweitige Defizite zu erkennen und aufzuarbeiten". Buchinger betonte, dass integrative Bildungspolitik bessere soziale Möglichkeiten schaffen und vor dem sozialen Abseits schützen würde.
Küberl hob auch die Bedeutung des Pflegegeldes hervor: "Persönliche Solidarität muss gestützt werden" und er betonte die Wichtigkeit von gesicherten Pensionen. Buchinger zeigte sich erfreut darüber, dass die nächste "spürbare Pensionserhöhung" in Österreich bereits am 1. November stattfindet und mit etwa 3,2 Prozent deutlich über dem europäischen Schnitt (Frankreich 1,1 Prozent, Deutschland 1,0 Prozent) liegt. Für Buchinger und Küberl stand fest, dass Politik mit sozialer Handschrift nicht an den Staatsgrenzen enden dürfe. "Die Politik kann und muss handeln. Wirtschafts-, Finanz-, und Sozialpolitik müssen stärker vernetzt werden", betonte Buchinger. Dies sei auf europäischer Ebene zwar theoretisch bereits erkannt, praktisch leider aber noch kaum umgesetzt worden, schloss der Sozialminister. (Schluss) sv
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