Offene Medizinuniversitäten aus Ärztesicht kontraproduktiv
Dorner: "Wahlkampf der Oberflächlichkeiten, der an den wirklichen Problemen vorbei geht"
Wien (OTS) - Alarmiert zeigt sich die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) über den Plan eines weitgehend freien Zugangs für das Medizinstudium von SPÖ, FPÖ und Grüne. Das Vorhaben konterkariere jahrelange Bemühungen zur Modernisierung und Qualitätssteigerung der Medizinerausbildung im Kern, übt ÖÄK-Präsident Walter Dorner in einer Aussendung am Dienstag massive Kritik. Das neue Medizin-Curriculum, das Übungen in praxisnahen Kleingruppen und am Krankenbett vorsehe, werde durch eine Massenöffnung ad absurdum geführt. Die Medizinuniversitäten hätten weder die personellen Ressourcen noch finanziellen Mittel, den vorhersehbaren Ansturm zu bewältigen. Die notwendige Patientenorientierung des Medizinstudiums sei in diesem Fall nicht zu gewährleisten, warnt der Ärztekammerpräsident. Auch sichere man Qualität und soziale Treffsicherheit nicht durch die Erlassung von Studiengebühren, sondern durch großzügige Gewährung von Stipendien.
Das aktuelle Beispiel illustriert für Dorner einen "Wahlkampf der Oberflächlichkeiten", der an den wirklichen Problemen des Landes vorbei gehe. Dorner: "Die Leichtfertigkeit, mit der sich die Politik derzeit über die Gesetze verantwortungsvoller Gestaltung hinwegsetzt, ist beängstigend. Es werden überflüssige Pläne für das eben erst modernisierte Medizinstudiums gewälzt, während die Frage nach der Sicherung der medizinischen Versorgung angesichts leerer Kassen totgeschwiegen wird." Zugunsten des besseren Show-Effekts würden wirkliche Antworten auf brennende Probleme ausgeblendet. Während ein Reformversprechen das andere jage, entstünden daraus Bindungen und Erwartungen, die die Spielräume für nachhaltige und sinnvolle Veränderungen tatsächlich einschränkten, so Dorner.
Vor diesem Hintergrund mahnt der ÖÄK-Präsident die Rückkehr zu einer seriösen Diskussionskultur ein. Dies gelte besonders für den sensiblen Bereich des Gesundheitswesens. Wie aktuelle Umfragen belegen, ist die Gesundheit für die Österreicherinnen und Österreicher Top-Thema noch vor der Teuerung. "Nicht nur die Ärzteschaft wünscht sich, dass am Verhandlungstisch echte, seriöse Lösungen gefunden werden, die den Namen auch verdienen", folgert Dorner. Die Österreichische Ärztekammer werde das ihre dazu beitragen. Seit Wochen werde in der Ärztekammer an tragfähigen Vorschlägen zur Finanzierung und nachhaltigen Sicherung der optimalen Versorgung gearbeitet. "Damit man aber weiterkommt, wäre es wichtig, das Feuerwerk der Wahlkampfgags einzustellen und sich auf die wesentlichen Dinge zu besinnen. Wir erwarten uns jedenfalls nach der Wahl, dass wir baldigst in die Verhandlungen eingebunden sind, bevor es wieder zu Missverständnissen und Konfrontationen kommt", so Dorner abschließend.
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