- 15.07.2008, 18:30:34
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Da müssen wir wohl durch . . .
"Presse"-Leitartikel, vom 16. Juli 2008, von Franz Schellhorn
Wien (OTS) - Die Banken haben weltweit Milliarden versenkt. Nicht
so tragisch. Die Zeche zahlen andere. Wir zum Beispiel.
Am vergangenen Montag musste die US-Regierung bereits das zweite Mal
in nur vier Monaten ausrücken, um den Zusammenbruch ihres
Finanzmarktes zu verhindern. Den beiden Hypothekenbanken Fannie Mae
und Freddie Mac wurden vom US-Finanzministerium 300 Milliarden Dollar
vorgestreckt, um sie vor dem Bankrott zu bewahren. Zuvor legte die
Hypothekenbank IndyMac die größte Pleite eines US-Instituts seit 20
Jahren hin, was wiederum zu Problemen bei "Fannie" und "Freddie"
führte.
Nicht einmal 24 Stunden später schrillen bei der US-Sparkasse
Washington Mutual die Alarmglocken: Analysten prognostizieren dem
Institut einen Verlust von 26 Milliarden Dollar. Quasi zum
Drüberstreuen meldet Spanien die drohende Insolvenz der führenden
Immobiliengruppe des Landes.
Das klingt vergleichsweise unerfreulich. Ist es auch. Wir haben es
hier nämlich mit einem verheerenden Versagen der internationalen
Finanzwirtschaft und deren führender Manager zu tun. Über Jahre
hinweg haben US-Banken ihren Kunden günstiges Geld geradezu
nachgeworfen, ohne entsprechende Sicherheiten zu verlangen. Die
US-Bürger nahmen die günstigen Kredite dankbar an und finanzierten
sich damit das lang ersehnte Eigenheim.
Im Zuge der steigenden Nachfrage nach Immobilien schnellten auch die
Häuserpreise in die Höhe. Eine Gelegenheit, die sich die Banken nicht
entgehen ließen: Auf wertvoller gewordene Immobilien wurden neuerlich
Kredite gewährt - womit sich die Amerikaner auch noch einen schicken
Geländewagen in die Garage ihres fremdfinanzierten Häuschens stellen
konnten.
Sehr zur Freude der Banken, die in dieser Zeit Milliarden verdienten.
Das System funktionierte so prächtig, dass die großen Häuser an der
Wall Street vielen US-Hypothekenbanken deren Außenstände abnahmen und
zu Anleihepaketen bündelten. Diese wurden in immer kleinere Teile
zerstückelt und weiterverkauft. Die ersten Adressen der europäischen
Kreditwirtschaft gehörten ebenso zu den begeisterten Käufern wie
ausländische Pensionsfonds, Firmen und Staaten.
Bis eben das einträgliche Spiel der Banken mit dem Platzen der völlig
überzogenen Häuserpreise kollabierte. Die Werte der Immobilien
schossen talwärts, die Kreditwirtschaft hockte plötzlich auf einem
Berg uneinbringlich gewordener Kredite. So etwas kommt schon mal vor.
Weniger häufig anzutreffen ist schon der Umstand, dass dafür andere
geradezustehen haben. Allerorts schreien die Banken nach der Hilfe
der Steuerzahler. Mit Erfolg. Es gibt nämlich so etwas wie ein
ungeschriebenes Gesetz: Banken, die eine entsprechende Größe erreicht
haben, können Unsummen verspekulieren. Wenn die Sache schiefgehen
sollte, werden sie ohnehin von der öffentlichen Hand aufgefangen, um
nicht die gesamte Wirtschaft mit in den Abgrund zu reißen. "Too big
to fail", wie der Engländer so schön sagt.
Staaten schießen den Banken großzügigst Steuermittel zu, während
Verbraucher für die Finanzkrise über die massiv gestiegene Inflation
zu bluten haben. Die US-Notenbank "Fed" sowie die Europäische
Zentralbank haben nämlich Milliarden in die Geldmärkte gepumpt, um
die Banken "flüssig" zu halten. Dadurch wurde die Geldmenge ohne
Gegenwert vermehrt - die logische Folge ist eine beschleunigte
Entwertung des Geldes.
Just zur selben Zeit verteuern sich auch noch Erdöl- und
Nahrungsmittel kräftig. Um die Inflation einigermaßen zu bremsen,
bleibt den Zentralbanken nur ein Weg: Geld über steigende Zinssätze
künstlich zu verteuern und somit aus dem Umlauf zu ziehen.
Unternehmen wie Verbraucher werden angehalten, weniger zu investieren
bzw. auszugeben. Und das zu einer Zeit, in der die Wirtschaft ohnehin
schon in die Phase des Abschwungs eingetaucht ist. Wir steuern somit
auf ungemütliche Zeiten mit einer hohen Teuerung und einem relativ
schwachen Wachstum zu.
Nun, da müssen wir wohl durch. Die Regierungen werden mit steigenden
Ausgaben und höheren Defiziten auf die Schwächephase reagieren, und
die Bürger werden die Teuerung samt höheren Zinsen einfach
auszusitzen haben. Weil es nämlich keine Alternative gibt.
Entscheidend wird allerdings die Zeit nach der überstandenen
Finanzkrise sein: Dann wird es nämlich vor allem darum gehen, die
Banken gegen alle Widerstände in ein engeres Korsett zu zwängen. Die
Kreditwirtschaft hat nämlich eines hinlänglich bewiesen: Sie ist der
ihr gewährten Freiheit keineswegs gewachsen.
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