• 19.06.2008, 16:25:30
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  • OTS0316 OTW0316

Unterrichtsausschuss: Bildungsstandards werden gesetzlich fixiert Schmied will Qualitätssicherung und Feedback-Kultur entwickeln

Wien (PK) - Bildungsstandards werden im österreichischen Schulsystem
rechtlich verankert. Die Mitglieder des Unterrichtsausschusses gaben
heute teils einstimmig, teils mit S-V-F-Mehrheit der entsprechenden
Novelle zum Schulunterrichtsgesetz unter Berücksichtigung eines
Abänderungsantrags ihre Zustimmung (606 d.B.). Ein Abänderungsantrag
der Grünen, der eine andere Zielrichtung der Bildungsstandards
vorsieht, wurde zwar vom BZÖ unterstützt, blieb damit aber in der
Minderheit.

Der Entschließungsantrag der Grünen, in dem sich diese gegen die
Einführung von Bildungsstandards für Dreijährige aussprechen, wurde
von SPÖ, ÖVP und FPÖ abgelehnt und erhielt damit nicht die
erforderliche Zustimmung (370/A[E]).

Bildungsstandards stellen ein wichtiges Instrument zur
Qualitätssicherung dar, heißt es in den Erläuterungen zur
Regierungsvorlage. Sie sollen regelmäßig umfassende und objektiv
festgestellte Ergebnisse zu den Kompetenzen der Schülerinnen und
Schüler liefern, um entsprechende Steuerungen und Planungen im
Bildungsbereich vornehmen zu können. Sie dienen auch dazu, die
Bildungsziele für Lernende und Lehrende gleichermaßen transparent zu
machen und die Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen zu
erleichtern.

Grüne und BZÖ: Überprüfung setzt zum falschen Zeitpunkt an

Abgeordneter Dieter Brosz (G) übte an der Zielrichtung der
Bildungsstandards Kritik. Sie sollten generell ein Instrument
darstellen, um die Schulqualität zu heben und die Lernerfolge der
SchülerInnen zu verbessern. Sie dürften dem Ziel des
individualisierten Unterrichts nicht im Wege stehen, forderte er. Er
gab daher dem skandinavischen Modell den Vorzug und brachte dazu auch
einen Abänderungsantrag ein. Darin wird festgehalten, dass es sich
bei Bildungsstandards um Mindestanforderungen handeln sollte. Sie
dürften keinesfalls so umfangreich sein, dass für die Erfüllung
derselben fast die gesamte Unterrichtszeit aufgewendet werden muss.
Darüber hinaus sollte nach Auffassung der Grünen die Überprüfung zu
einem Zeitpunkt stattfinden, an dem im Falle des Nichterreichens der
Ziele noch gegengesteuert werden kann. Eine Überprüfung an den
Schnittstellen des österreichischen Bildungssystems, also am Ende der
4. bzw. 8. Schulstufe, sei nicht sinnvoll. Die Grünen schlagen daher
vor, die Stichproben am Beginn der 3. und 7. Schulstufe anzusetzen.

Dem stimmte auch Abgeordneter Gernot Darmann (B) zu. Man brauche eine
Erhebung zu einem früheren Zeitpunkt, um zeitgerecht entsprechende
Maßnahmen setzen zu können. Darmann forderte auch eine
flächendeckende Erhebung.

Schmied: Entwicklung einer Feedback-Kultur ohne Schuldzuweisungen

Dem hielt Bundesministerin Schmied entgegen, dass es ihr um eine
Rückmeldung an das System gehe, um einen Qualitätscheck des
Schulstandorts. Nicht die Schule werde im Mittelpunkt stehen, sondern
die Rückmeldung an das System, an die LehrerInnen in Bezug auf
Ressourcen, Methoden, etc. Ihr Ziel sei es, die Qualitätsstandards
von der Leistungsfeststellung der SchülerInnen zu entkoppeln.

Die Qualitätsstandards seien ein Meilenstein, der zwei Problemfeldern
in der Schule entgegenwirken soll. Denn einerseits hänge der
erfolgreiche Abschluss eines Bildungsweges oft von den Finanzen der
Eltern ab, andererseits gebe es große Ergebnisunterschiede unter den
einzelnen Schulstandorten. Bildungsstandards stellten nun eine
zentrale Maßnahme in Richtung Kompetenzorientierung und
Qualitätssicherung dar und sollten ein wesentliches Element der
Schulentwicklung bilden. Es gehe um die Standortentwicklung inklusive
der Weiterbildung der LehrerInnen und der Entwicklung neuer Methoden,
stellte die Ministerin fest. Schmied bekräftigte mehrmals, die
Bildungsstandards seien klar vom Beurteilungssystem zu trennen.

Grundsätzlich stellte die Ministerin fest, dass es sich bei den
Bildungsstandards um ein sensibles Thema handle, das zirka 120.000
LehrerInnen betreffe. Sie habe daher frühzeitig über ihre Pläne
informiert und damit versucht, die bildungspolitische Diskussion in
der Öffentlichkeit zu versachlichen. Ihre Vorgängerin, Ministerin
Gehrer, habe die Bildungsstandards initiiert und das Projekt sei
eines der bestvorbereiteten im Bildungsbereich. Bildungsstandards
sollen laut Schmied zu einem Paradigmenwechsel in der Haltung
beitragen. Sie wolle eine wertschätzende Feedback-Kultur ohne
Schuldzuweisung erzeugen, deren Aufbau durch
Organisationsentwicklungsprojekte begleitet werden soll. Die
Standards seien als Regelstandards konzipiert, und man beabsichtige,
die Stichproben so durchzuführen, dass jede Schule einmal im
Dreijahresrhythmus vorkommt.

Dieser Argumentation konnten sich die Abgeordneten Barbara Zwerschitz
und Dieter Brosz (beide G) nicht anschließen. Es sei eine Chimäre,
sagte Brosz, zu glauben, dass Schüler nicht überprüft werden. Das
skandinavische Modell werde von ihm deshalb favorisiert, weil es
flächendeckend ist und Fördermaßnahmen direkt an den Rückmeldungen
ansetzen.

Dem hielt Abgeordnete Gertrude Brinek (V) entgegen, es gebe keine
"richtige" Variante der Standards. Wichtig sei nun, einen
österreichischen Weg zu entwickeln und diesen dann auch entsprechend
zu evaluieren. Die Aufgabe des BIFIE werde es sein, die Aussagekraft
der Stichproben sicher zu stellen. Man solle daher nun auf der gut
vorbereiteten Basis starten und das Ganze als "Work in Progress"
betrachten, meinte sie.

Auch Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) vertrat die Auffassung, dass
man die umfangreichen Vorarbeiten, die auch in Kooperation mit
Deutschland und der Schweiz stattgefunden haben, nicht über Bord
werfen sollte, und räumte ein, dass jedes Modell seine Berechtigung
habe. Es gehe darum, nachhaltige Ergebnisse zu erzielen und aufgrund
eines internen Feedbacks rechtzeitig Korrekturen anzubringen.
Bildungsstandards seien aber keineswegs dazu da, LehrerInnen zu
beurteilen.

Ähnlich äußerte sich Abgeordneter Robert Rada (S). Das
österreichische Schulwesen zeichne sich positiv durch Rahmenlehrpläne
aus. Es habe sich aber die Notwendigkeit ergeben, in diesem Rahmen
Leitlinien näher zu definieren. Das mache eine Evaluierung und
bessere Vergleichbarkeit möglich. Rada räumte jedoch ein, dass
durchaus eine Gefahr der Gängelung der LehrerInnen besteht, was im
Widerspruch zur gewollten Individualisierung des Unterrichts stehe.
Würde man sich dem von den Grünen propagierten Modell anschließen und
ständig überprüfen, ginge viel pädagogische Freiheit verloren, warnte
Rada.

Seitens der FPÖ kam ebenfalls Zustimmung zu den Bildungsstandards.
Diese seien ein erster und mutiger Schritt, stellte Abgeordneter
Martin Graf fest, man werde sich aber die Umsetzung genau anschauen
müssen. Er bedauerte, dass der Inhalt der dafür notwendigen
Verordnung noch nicht bekannt ist, meinte aber, es sei wichtig, das
Ganze nun in Gang zu setzen und eine Kultur zu entwickeln, die es in
Österreich derzeit nicht gebe. (Fortsetzung)

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