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Wiener Zeitung: Unterbergers Tagebuch: "Hoch der Benzinpreis!"

Ausgabe vom 28. Mai 2008

Wien (OTS) - Wir ärgern uns alle über die hohen Energiepreise. Stündlich macht ein Autofahrerklub, ein Politiker oder ein Boulevardblatt Vorschläge, was dagegen zu tun wäre. Nun glaubt auch VP-Klubobmann Wolfgang Schüssel - einst ein Hort der wirtschaftlichen Vernunft - das Patentrezept gefunden zu haben: Er ruft nach einer Spekulationssteuer.

Was wie alle anderen Ideen Unsinn ist. Denn niemand kann Spekulation definieren. Soll etwa der Industriebetrieb, die Fluggesellschaft, der Spediteur zusätzlich bestraft werden, weil sie sich in Erwartung weiterer Preiserhöhungen vorausschauenderweise noch schnell die Treibstofflager füllen?

Im Mittelalter hat man unerquickliche Entwicklungen oft Hexen und Geistern zugeschrieben. Heute sind unheimliche Spekulanten und gefährliche "Heuschrecken" die üblichen Verdächtigen.

Eine Reihe von Gründen macht aber klar: Es wäre ein arger Fehler, irgendetwas gegen die hohen Preise zu tun.

Erstens: Eine Verbilligung von Treibstoff durch Rücknahme von Verbrauchssteuern würde den Zwang zum Energiesparen reduzieren. Öl ist aber wohl dauerhaft zu einem knappen Gut geworden. Und nur ein hoher Preis ist imstande, Sorgsamkeit bei dessen Verwendung zu erzwingen.

Zweitens wäre es absolut falsch, die Konsumenten direkt zu entschädigen (etwa durch höhere Pendlerpauschale oder weniger Einkommensteuer). Da das nur auf Schulden erfolgen kann und da dem zusätzlichen Geld in der Konsumenten Hand kein zusätzlicher Zuwachs an Öl oder anderen Gütern gegenübersteht, würde damit nur eines bewirkt: eine rapide Beschleunigung der Inflation.

Drittens schafft nur ein hoher Ölpreis den Anreiz, überflüssige Fahrten zu vermeiden: etwa von leeren Lkw über Fernreisen bis zu jenen Pendlern, die, statt den Wohnort zu wechseln, täglich Stunden im Auto sitzen (wozu sie freilich auch durch die mobilitätsfeindliche österreichische Wohnbauförderung und Mietengesetze motiviert werden).

Viertens löst nur ein hoher Energiepreis energiesparende Investitionen aus: wie etwa Bahn- und U-Bahnbau, Wärmeisolationen oder die Entwicklung sparsamer Autos.

Und fünftens macht erst ein hoher Preis die Intensivierung der Ölsuche auch dort rentabel, wo es sich bisher nie gerechnet hätte.

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