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In Deutschland hat man sich mit dem letzten Gesundheitsreformgesetz blutige Nasen geholt, will man das in Österreich auch tun?- die Leidtragenden würden zweifelsohne die Patienten sein.

Wien (OTS) - Der Entwurf zum Gesundheitsreformgesetz der Minister Dr.Kodlsky und Buchinger kann als eine Kopie des deutschen Gesundheitsreformgesetzes angesehen werden, dessen negative Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der erkrankten Menschen wirksam geworden ist, denn ein massiver Ärztemangel plagt Deutschland, es fehlen bereits mehr als 5000 Ärzte, im Bereich des ehemaligen Ostdeutschland ist der Ärztemangel besonders gravierend. In bestimmten Gegenden nahe der Ostsee muss man als kranker Bürger bereits zwischen 50 und 100 Kilometer fahren, um eine Arzt zu finden. Aber auch in westdeutschen Spitälern beginnt der Ärztemangel spürbar zu werden. Unter den gegebenen politischen und gesetzlichen Rahmenbildungen wollen in Deutschland immer weniger junge Menschen den Arztberuf ergreifen und viele Ärzte geben auf.

Was sind wesentliche Inhalte des deutschen und des österreichischen Gesundheitsreformgesetzes die den Arztberuf immer unattraktiver machen, es ist die völlige Reglementierung der Arbeitsweise von Ärztinnen und Ärzten, die unter enormen Druck die darin enthaltenen Vorschriften exakt zu befolgen haben, denn bei Nichtbefolgung dieser Vorschriften müssen sie mit enormen ökonomischen Schaden für sich selbst (Vertragsverlust, Regressforderungen etc) rechnen.

Eine Folge des dramatischen Ärztemangels in Deutschland bringt es mit sich, dass zunehmend junge österreichische ÄrztInnen in deutsche Kliniken und Spitäler abwandern, weil sie dort, unterschiedlich zu Österreich, leicht und rasch eine Ausbildungsstelle bekommen, auf die sie in Österreich oft jahrelang warten müssten. Keineswegs ist gesichert, dass diese Ärztinnen und Ärzte je wieder nach Österreich zurückkehren werden. Freie Planstellen werden derzeit in Deutschland auch mit Ärzten aus den ehemaligen Oststaaten besetzt, die der deutschen Sprache oft nur begrenzt mächtig sind, was die so wichtige Kommunikation mit dem kranken Menschen nicht gerade erleichtert.

Bei dem derzeitigen Gesundheitsreformgesetzesentwurf der österreichischen Minister Dr. Kdolsky und Buchinger geht es in Wahrheit nicht um eine Kostendämpfungsprogramm, um nachhaltig ein erstklassiges Gesundheitssystem zu erhalten, vielmehr bedeutet es eine echte Kostenreduktion im Gesundheitswesen, in erster Linie auf Lasten der Patienten.

KassenvertragsärztInnen müsste in Zukunft unter den geplanten gesetzlichen Vorschriften des Gesundheitsreformgesetzes in erster Linie darauf Bedacht sein, den vom Gesundheitsministerium erlassenen Therapiepfaden (Therapierichtlinien) zu folgen und die vorgegebene Ökonomierichtlinien genau beachten und nicht die bestmögliche diagnostischen und therapeutische Optionen für die Patienten zu nutzen, wollen sie nicht ihre wirtschaftliche Zukunft aufs Spiel setzten.

Die niedergelassene Kassenvertrags-ÄrztInnen oder der niedergelassene Arzt praktisch gezwungen, Schwerkranke und chronisch kranke PatientInnen, und somit medizinökonomisch gesehen teure Patienten, in eine ohnehin schon überfüllte, an Personalmangel leidende Spitalsambulanz mit stundenlangen Wartezeiten oder in ein Krankenhaus überweisen müssen, anstatt sie zu Hause in deren gewohnter Umgebung oder ambulant medizinisch zu betreuen.

Durch das Gesundheitsreformgesetz der Frau Ministerin Dr. Kdolsky und des Bundesminister Buchinger erzwungene Recht der Krankenkassen, mit Ärzten Einzelverträge abzuschließen, könnten Ärzte gezwungen werden, noch weit unter den bisher schon sehr niedrigen Kassenhonoraren und unter noch größeren administrativem Aufwand ihren Dienst an den Patienten erbringen zu müssen. Was die Qualität der medizinischen Versorgung für die Versicherten bringen, kann sich jeder in diesem Land ausmalen.

Wenn es für eine junge Österreicherin oder Österreicher nach jahrelangen Ausbildungszeiten an Universitäten, Kliniken und Spitälern in Zukunft keine Freude an der täglichen Arbeit, keine halbwegs akzeptable Lebensqualität und auch kein vernünftiges Einkommens als Ärztin oder Arzt zu erwarten gib, dann werden sie immer weniger Interesse haben, diesen Beruf auszuüben.

Aber auch bisher im System tätige Ärztinnen und Ärzte könnten unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen nun ebenfalls die Nase von der Tätigkeit als Kassenvertragsarzt voll haben und aufgeben, den Rest würde der Pensionsschub der überalterten Ärzteschaft ausmachen und in ganz kurzer Zeit würde Österreich unter demselben Ärztemangel leiden wie Deutschland. Die Leidtragenden dieser Entwicklung als Folge des geplanten Gesundheitsreformgesetzes sind wie leicht zu erkennen ist die noch immer zwangsversicherten erkrankten Österreicherinnen und Österreicher, die bis heute (trotz EU Mitgliedschaft Österreichs) keine Wahlmöglichkeit zwischen einzelnen Krankenversicherung haben?!

In diese "Marktlücke" Lücke wird man ambulante Versorgungszentren (AVZs) nach deutschem Vorbild hinsetzen, die von privaten Investoren betrieben werden können. Niemand kann sagen welche Ärzte dort zukünftig in angestellter Funktion arbeiten werden, um die Gewinne dieser Institutionen zu maximieren. Der schwerkranke und damit teure Patient wird, wie zu erwarten wieder vom Steuerzahlern finanzierten Krankenhaus landen. Das bedeutet das mit diesem Gesetz gewünschte Aus für den Hausarzt oder freiberuflichen Facharzt in Wohnortnähe des Patienten, von dem man oft von Kindesbeinen an medizinisch betreut und begleitet wurde, den man als Patient gewohnt, der über einen Patienten vieles weiß ist und zu dem man das in der Medizin so wichtige Vertrauensverhältnis aufgebaut hat. Besonders den älteren und behinderten Österreicherinnen und Österreichern wird diese medizinische Betreuung fehlen.

Mit dem geplanten Gesundheitsreformgesetz wird ausschließlich wirtschaftsliberal ausgerichteten Ideen im Gesundheitssystem Tür und Tor geöffnet und man muss sich nur wundern, dass dies mit Zustimmung der Sozialdemokraten und der Gewerkschaften dieses Landes geschieht.

Dafür dass man jetzt von Seiten der Wirtschaft den Krankenkassen ein wenig Geld zukommen lässt, ist man bereit den Arbeitgebern die mühsam erkämpfte Selbstverwaltung der Krankenkassen, in der immer Arbeiter und Angestellten Funktionäre das Sagen hatten, zu überlassen.

Wo das hinführt, könnte jeder Österreicher und jede Österreicherin bald am eigenen Leib spüren, sollte sie oder er das Pech haben in Zukunft krank zu werden.

Es geht also bei der geplanten, gesetzlich abgesicherten Knebelung der KassenärztInnen durch das neue Gesundheitsreformgesetz in Zukunft um viel weiter reichende Auswirkungen auf die medizinische Betreuung Bürger diese Landes.

Demnächst sind dann die Spitäler dran reformiert zu werden - im zweiten Schritt der Gesundheitsreform.

Politiker wie Bundesminister Erwin Buchinger rufen über die Medien auf, Alternativvorschläge für diese Gesundheitsreformgesetz einzubringen. Ein wichtiger Alternativvorschlag wäre wohl, dass man von Seiten der politisch Verantwortlichen die wichtige Frage beantwortet, wie man es verhindern kann, dass immer mehr Menschen in diesem Land krank werden was mit steigenden Kosten für diagnostische und therapeutische Maßnahmen verbunden ist. Da man schon lange erkannt hat, dass der beste Weg menschliches Leid und Kosten im Gesundheitssystem zu reduzieren eine gut entwickelte vorbeugende Medizin, wie von der Ärztekammer immer wieder eingefordert, ist, sind vorrangig dahingehende Themen zu diskutieren, ob man durch Einführen eines Unterrichtsfach Gesundheitserziehung mit dem man bereits im Kindergarten beginnt und das man bis zur Universität weiterführt Leid, Elend und unnötige finanzielle Belastungen für die Allgemeinheit verringern könnte. Politisch verantwortliche sollte weiter analysieren lassen, welchen Einfluss Lebensstiländerungen auf die Zurückdrängung von den heute immer häufiger auftretenden und kostenträchtigen Lebensstilerkrankungen, wie z.B. Übergewicht, hoher Blutdruck, Diabetes mellitus, Depression und Erkrankungen des Haltungsapparates haben könnten, wenn man durch finanzielle Anreize Lebensstiländerungen fördern würde. Eine Alternative zur teuren Therapie von Zivilisationserkrankungen wäre, ein mehr an Turnstunden und Sport für die jungen Menschen zu ermöglichen, bessere Ernährungsangebote in Schulen, Firmen Unternehmen bereitzustellen, wozu man die zahlreichen, um viel Steuergeld an der Wiener Universität ausgebildeten ErnährungswissenschaftlerInnen einsetzen könnte.

Es gäbe zum Wohl der Österreicherinnen und Österreicher und zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zahlreiche ehrlichere und sozialere Ansätze mit Nachhaltigkeit als das jetzt vorliegende Gesundheitsreformgesetz. Mit einem ähnlich ausgerichteten Gesundheitsreformgesetz hat man sich Deutschland bereits blutige Nasen geholt, um dies zu verhindern sollten alle Beteiligten nochmals an den Verhandlungstisch zurück.

Rückfragen & Kontakt:

Dr.med.univ. Wolfgang Köstler
Präsidialreferent der Wiener Ärztekammer für Öffentlichkeitsarbeit,
Medien und Kommunikation
niedergelassener Arzt
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