• 22.05.2008, 18:31:04
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DER STANDARD-Kommentar "Schlechtes Omen für Helmut Elsner" von Renate Graber

"Das Urteil für den "Plastiksackerl-Kredit" zeigt Elsner, was ihn erwarten könnte" - Ausgabe 23.5.2008

Wien (OTS) - Nach ziemlich genau 569 Verhandlungsstunden in der
Causa Bawag ist es nun so weit. Es gibt ein erstes - nicht
rechtskräftiges - Teilurteil - und das ist sehr eindeutig
ausgefallen. Die beiden Laien- und die beiden Berufsrichterinnen, die
demnächst auch das Hauptverfahren der Bawag wegen der
Karibik-Verluste entscheiden werden, glauben Helmut Elsner und Peter
Nakowitz nicht. Ein deutliches Alarmsignal für die Angeklagten -
jedenfalls sicher eines für Helmut Elsner.

Die Richter über den "Plastiksackerl-Kredit", das "Geldgeschenk" von
mehr als 630.000 Euro an Ex-Konsum-Chef Hermann Gerharter, wollen
Elsner für zweieinhalb Jahre unbedingt im Gefängnis sehen. Auch
seinem "treuen Diener Nakowitz", wie die Anklage den Generalsekretär
nannte, der nach Elsners Pensionierung in den Bawag-Vorstand
aufsteigen durfte, versetzten sie unübersehbar einen kräftigen
Schock: 15 Monate bedingt - und das, obwohl etwa nicht eindeutig
geklärt werden konnte, ob er denn nun die berühmte Plastiktasche
brachte, in der Gerharter das Geld laut eigenen Aussagen "scheu"
davontrug - um es fortan in einem anderen Bankinstitut zu veranlagen.

Nakowitz bestreitet das, die Richter nützten ihr Recht auf freie
Beweiswürdigung - und glaubten ihm kein Wort. Die (nicht
rechtskräftige) Verurteilung mag wohl auch ein Warnschuss für
Nakowitz gewesen sein. Schließlich geht das große und mit Dokumenten
sonder Zahl unterfütterte Bawag-Verfahren rund um die
Karibik-Verluste von 1,4 Milliarden Euro noch weiter.

Mag sein, dass Nakowitz oder dem einen oder anderen Angeklagten ob
der ersten Schuldsprüche doch noch das eine oder andere Detail
einfällt. Mag sein, dass die Schuldsprüche die alten Fesseln der
Loyalität im roten Netzwerk der Gewerkschaftsbank doch noch sprengen.
Was vor der Urteilsverkündung auffiel, war ein von Tränen begleiteter
Entlastungsversuch Elsners für seinen Generalsekretär: "Ich verstehe
wirklich nicht, warum Nakowitz hier sitzt."

Dass Elsner (ohne damit die Unschuldsvermutung aufweichen zu wollen)
noch länger da sitzen könnte, ist mit dem Gerharter-Urteil nicht
unwahrscheinlicher geworden. Die Fakten hinter der Einschätzung:
Nicht genug damit, dass das Gericht Elsner nicht glaubt - es
attestiert dem selbst auf der Anklagebank noch so machtbewussten,
autoritären und reflexionsresistenten Ex-Banker schnörkellos auch
noch "hohe kriminelle Energie". Ein Charakterurteil, das zu einem
schlechteren Zeitpunkt nicht kommen könnte. Elsners Ausgangslage für
das nächste Urteil ist denkbar ungünstig.

Zu allem Überdruss hat er sich prozesstaktisch selbst ins Eck
manövriert. Das Gutachten des Sachverständigen Fritz Kleiner, das
auch ihn schwer belastet, wird gerade atomisiert. Elsners Anwalt,
Wolfgang Schubert, hat 1264 Fragen gestellt, die Beantwortung kostet
nicht nur rasend viel Geld (zahlen etwaige rechtskräftig
Verurteilte), sondern beschert zudem wochenlange Verzögerungen.

Genau das brachte aber das Gericht in Zugwang, setzte angesichts der
seit 15 Monaten dauernden Untersuchungshaft Elsners das
"Beschleunigungsgebot" in Gang. Um die U-Haft nicht
"unverhältnismäßig" lang werden zu lassen, musste die Richterin etwas
unternehmen. Dass sie Elsner wegen Fluchtgefahr nicht freilassen
will, ist nicht neu. Dass sie daher einen spruchreifen
Verhandlungsteil ausschied und aburteilte, kann niemanden überrascht
haben.

Einen (nicht rechtskräftigen) Schuldspruch am Hals, der
Unglaubwürdigkeit und des hoch Kriminellen geziehen - wer Elsner
kennt, ahnt, was er nun tun wird: Einen Schuldigen suchen.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70/445

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