• 19.05.2008, 11:20:49
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Aut idem bringt nur Nachteile ohne Einspareffekt

Medikation ist Teil der Therapie und muss somit der Ärzteschaft vorbehalten bleiben

Wien (OTS) - "In neun von zehn Fällen ist es aus medizinischer
Sicht kein Problem, wenn Generika anstatt von Originalpräparaten
verschrieben werden", so Dr. Christoph Reisner, Präsident der
Ärztekammer für Niederösterreich. "Unsere niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzte unterliegen jedoch bereits sehr strengen
Verschreibungsrichtlinien sowie einer Ökonomiekontrolle seitens der
Gebietskrankenkasse und verordnen daher bereits fleißig so genannte
Generika, die bei Wirkstoffen mit abgelaufenem Patentschutz
erhältlich sind." Der Einsparungseffekt dürfte jedoch eher marginal
sein. "Arzneimittelpreise werden in Österreich nicht ausverhandelt
oder am Markt gebildet, sondern vom Hauptverband diktiert. Das führt
dazu, dass nach Ablauf des Patentschutzes innerhalb weniger Monate
kaum ein preislicher Unterschied zwischen Original und Generikum
besteht. In einigen Fällen sind Generika sogar teurer als die
Originale."

Der Medikamentenreferent der Ärztekammer für Niederösterreich, Dr.
Wolfgang Geppert, kritisiert in diesem Zusammenhang die Vorgangsweise
des Gesundheitsministeriums: "Es werden Einsparpotenziale durch eine
Aut idem-Regelung in den Raum gestellt, die weder belegt noch
nachvollziehbar sind. Uns liegen Daten vor, nachdem sich bei Ärzten
mit höherem Verschreibungsanteil von Generika kein nachweisbarer
Kostenvorteil ergibt." Dies liegt auch daran, dass sich Generika oft
im niederpreisigen Bereich unterhalb der Rezeptgebühr befinden. Dr.
Geppert fasst kurz zusammen: "Dort wo es geht, verschreiben unsere
Ärztinnen und Ärzte ohnehin schon außerordentlich ökonomisch. In
diesen Fällen wäre Aut idem aus medizinischer Sicht kein Problem,
würde aber auch keine Kosten sparen."

Enorm sind jedoch die Probleme, die sich in Einzelfällen aus der
Aut idem-Regelung ergeben können: "In einem von zehn Fällen hat es
sicherlich aus medizinischer Sicht keinen Sinn, der Patientin/dem
Patienten eine Medikamentenlotterie durch eine Apothekenhilfskraft
zuzumuten." Etwa wenn es sich um Unverträglichkeiten der
Trägersubstanz handelt, die dem Apotheker nicht bekannt sind. Oder
bei schwer kranken Menschen, die mit einer enormen Anzahl an
Medikamenten leben müssen und von der Ärztin/dem Arzt auf die
einzelnen Medikamente aufwändig eingestellt werden. "Schwer kranke
Menschen, die dann mit riesigen Problemen zu kämpfen haben, wenn von
einem Nicht-Mediziner die Medikamententherapie nach ausschließlich
ökonomischen Gründen verändert wird", so Dr. Geppert. Was je nach
Lagerhaltungsmethode des Apothekers leider jederzeit passieren kann.
Nach Schätzung der Experten der Ärztekammer könnten daher die
Folgekosten durch Aut idem ungeahnte Ausmaße erreichen, wenn es den
Menschen schlecht geht und sie nach einer unsachgemäßen Medikation
gleich wieder zur Ärztin/zum Arzt müssen. "Weiters ungeklärt ist die
Haftungsfrage, wenn von medizinischen Laien in die ärztliche Therapie
eingegriffen wird."

Ein weiteres Problem der Medikamentenverschreibung wird bei dieser
Pseudo-Gesundheitsreform auch nicht zufriedenstellend gelöst: Dass
ökonomische Verschreibung in Krankenhäusern nämlich noch lange ein
Fremdwort bleiben wird, aber dass genau dort die Grundlagen für
Folgemedikationen (überwiegend mit Originalpräparaten) gelegt werden.
Erfahrungen aus dem benachbarten Ausland belegen übrigens, dass Aut
idem bei weitem nicht das erhoffte Sparvolumen gebracht hat. Aus
Sicht von Präsident Dr. Reisner sind in Österreich von Aut idem auch
keine Kostenvorteile, stattdessen massive Nachteile für die
Patientinnen und Patienten und damit auch enorme Folgekosten zu
erwarten. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch die
Vorgangsweise der Gesundheitsministerin, die einerseits mit
Phantasiezahlen argumentiert und andererseits der Ärzteschaft
fälschlicherweise vorwirft, keine Vorschläge zur Sanierung des
Gesundheitssystems zu unterbreiten. "Wir haben mehrfach vorgerechnet,
dass ein Dispensierrecht für Ärzte enorme Vorteile für unsere
Patientinnen und Patienten sowie ein Einsparpotenzial im zigfachen
Bereich der Aut idem-Regelung bringen würde, aber unsere Vorschläge
wurden bis dato nur ignoriert", berichtet Präsident Dr. Reisner
abschließend.

Rückfragehinweis:
Michael Dihlmann, Pressesprecher
Tel. 0664/144 98 94, E-Mail: presse@arztnoe.at

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