- 11.12.2007, 13:58:49
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Bundesrats-Enquete (3) Die Debatte
Wien (PK) - Nach den Beiträgen der Referenten (siehe PK Nr. 992) und
Experten (siehe PK Nr. 993) fand noch eine rege Diskussion stand, bei
der sich zunächst die Vertreter der Länderkammer zu Wort meldeten. So
wies Bundesrat Wolfgang Schimböck (S) darauf hin, dass es zwar
zahlreiche Berichte zu den verschiedensten Themen gebe, aber bis dato
noch keine Bildungsdokumentation. Aufschrecken sollte uns auch die
Tatsache, dass jährlich 14.000 RisikoschülerInnen die Volksschule
verlassen; ähnliche Probleme gebe es auch hinsichtlich der
AbsolventInnen von Berufsmaturaprüfungen. Schimböck sprach sich zudem
noch für die Forcierung von modularen Ausbildungssystemen, die
Unterstützung von älteren Arbeitnehmern sowie für die individuelle
Förderung der Schwächeren, insbesondere der Migranten, aus.
Bundesrätin Sonja Zwazl (V) betonte die Förderung der individuellen
Begabungen, Talente und Fähigkeiten. Deshalb freue sie sich, dass
sich heute alle dazu bekannt haben, in der 7. Schulstufe eine
verpflichtende Berufsorientierung vorzusehen. Gleichzeitig sollten
ihrer Meinung nach die Berufsinformationstests noch stärker genutzt
werden. Damit würde man auch das Problem lösen, dass die Mehrzahl der
Mädchen den Friseur- oder Einzelhandelsberuf wählen, weil sie gar
nicht ihre Talente kennen.
Bundesrätin Eva Konrad (G) wies darauf hin, dass es laut der letzten
PISA-Studie zwei gefährdete Gruppen in Österreich gebe, und zwar
Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Kinder aus bildungsfernen
Schichten. Das Schulsystem müsse daher so umgestaltet werden, dass
diese diskriminierten Gruppen mehr Chancen bekommen. Ein großes
Problem stelle ihrer Meinung nach die frühe Selektion dar, also dass
man bereits im Alter von zehn Jahren entscheiden muss, welchen Weg
man geht. Ein modernes Schulsystem sollte nach Auffassung von Konrad
auch nicht schwächenorientiert sein, so wie dies derzeit der Fall
ist, sondern sich auf die Stärken der Schüler konzentrieren und eine
individuelle Förderung ermöglichen.
Bundesrätin Monika Mühlwerth (o.F.) schloss sich der Aussage von
Ministerin Schmied an, wonach sich Leistung und Freude im
Schulbereich nicht ausschließen sollen. Ihrer Meinung gehe es vor
allem darum, dass die Schüler zuerst einmal wieder Lernen lernen und
dass die Wissbegier und die Neugierde erhalten bleiben. Wenn dies
gelinge, dann sei auch ein großer Schritt in Richtung lebenslanges
Lernen und Weiterbildung getan, war Mühlwerth überzeugt. Ihrer
Vorrednerin gegenüber hielt sie entgegen, dass die Durchlässigkeit
des Systems auch für MigrantInnen gegeben sei, sie müssten es nur
annehmen.
Bundesrätin Susanne Neuwirth (S) thematisierte vor allem die
geschlechtsspezifische Segmentierung im Bildungsbereich und am
Arbeitsmarkt. Bedenklich sei für sie das Ergebnis der PISA-Studie,
wonach 25 % der Schülerinnen zur Risikogruppe in Mathematik gehören
und dass der Unterschied zwischen Mädchen und Burschen in den
naturwissenschaftlichen Fächern in Österreich am höchsten ist.
Außerdem seien drei Viertel der beschäftigten Frauen in nur neun
Berufsgruppen tätig, zeigte Neuwirth auf. Sie forderte daher, dass
Lehrer "verpflichtend geschlechtssensibel ausgebildet" werden, nur
dann können die stereotypen Rollen aufgebrochen werden.
Bundesrat Andreas Schnider (V) konzentrierte sich in seiner
Wortmeldung auf den Bereich lebenslanges Lernen, weshalb es so
wichtig sei, den Bildungsbereich in seiner Gesamtheit zu sehen. Aus
seiner Sicht sei es wichtig, sich vermehrt den Übergängen zwischen
den unterschiedlichen Altersgruppen anzunehmen und die Sozial- und
Freizeitpädagogen sowie die KindergärtnerInnen "in die Schule mit
hereinholen". Außerdem müssten in der Schule die verschiedenen
Lernorte verknüpft werden, forderte Schnider.
Auch der Vertreter des Bundeslandes Kärnten, Otto Prantl, befasste
sich mit dem Thema lebenslanges Lernen, das sehr viele Aspekte
umfasse. Weiters wies er darauf hin, dass das bundesweite Projekt
"Lehre mit Matura" in Kärnten schon Realität sei. - Abgeordneter
Erwin Niederwieser (S) hob die Bedeutung der Berufsorientierung sowie
die Verbesserung bei der Bildungskarenz hervor, die in der letzten
Woche beschlossen wurde. - Bundesrat Erwin Preiner, der als Vertreter
des Burgenland sprach, informierte über die Entwicklung der
Schulversuche in seinem Bundesland seit Ende der 70er Jahre. Das
Modell der neuen Mittelschule soll in zwei Bezirken, in Jennersdorf
und Güssing, umgesetzt werden. - Den Unternehmen müsse noch mehr
bewusst werden, dass es in ihrem eigenen Interesse sei, Lehrlinge
auszubilden, betonte Abgeordneter Veit Schalle (B). Derzeit gebe es
fast 7.000 Lehrlinge, die keinen Ausbildungsplatz haben. Die
Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft, z.B. in Form von
Schnupperwochen, sollte noch viel mehr gefördert werden, forderte
Schalle. - Abgeordneter Kurt Grünewald (G) sprach die "soziale
Schieflage" in Hinblick auf den Zugang zu höherer Bildung an.
Österreich weise z.B. eine sehr schlechte Hochschulübertrittsrate und
unterdurchschnittliche MaturantInnenquoten auf. Der größte Skandal
sei seiner Meinung nach die Lehrerausbildung für die Grundschulen, da
nicht nach internationalen Kriterien ausgebildet werde.
Abgeordneter Franz Kirchgatterer (S) begrüßte die Absicht, die
Berufsorientierung als Pflichtfach einzuführen. Mehr Wertschätzung
verlangt der Redner für die Facharbeit; würden Facharbeiter besser
angesehen, würde dies auch die Suche nach qualifizierten Lehrlingen
erleichtern, zeigte sich der Abgeordnete überzeugt.
Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) erinnerte an die Erhöhung der
Bildungsbudgets seit 1995, meinte aber gleichzeitig, Geld sei in der
Bildung nicht alles, wie Länder zeigten, die mit wenig Geld
erfolgreiche Bildungspolitik machten. Beim Schulversuch "Neue
Mittelschule" sei die Einbeziehung der Schulpartner wichtig, wobei
Fuhrmann bedauerte, dass die Schüler selbst in die Entscheidung nicht
einbezogen seien. Die Hauptschule sei keine Einbahnstraße, hielt die
Abgeordnete gegenüber Vorrednern fest, ebenso wenig wie eine Lehre,
die bereits von 2000 jungen Menschen jährlich in Kombination mit
einer Matura abgeschlossen werde.
Abgeordneter Hannes Bauer (S) kritisierte zu starre Rahmenbedingungen
in der Schulpolitik und hielt eine ehrliche Diskussion darüber für
notwendig, warum die Republik für Lehrlinge viel weniger Geld ausgebe
als für Schüler. Warum müsse ein Lehrling sich jede Weiterbildung
selbst bezahlen? Und warum ist es so schwierig, von einer
Institutionen in die andere zu wechseln, sei es aus dem Gymnasium in
eine Lehre, sei es von der Fachhochschule auf die Universität, fragte
Hannes Bauer.
Raimund Ahr (Städtebund) wies auf rechtliche und finanzielle Probleme
beim Ausbau der ganztägigen Schulformen hin und macht auf die
beträchtliche Kostenbelastung der Kommunen durch die Neue
Mittelschule aufmerksam.
Abgeordneter Peter Eisenschenk (V) warnte davor, das Instrument
"Förderunterricht" zu vernachlässigen, es habe sich sowohl bei der
Förderung hochbegabter als auch schwächerer Schüler sehr bewährt.
(Schluss)
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