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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Billa huldigt den Marienfeiertag aus ganz profanen Gründen" (von Elisabeth Tschernitz)

Ausgabe vom 24.11.2007

Graz (OTS) - Der Hausverstand, der in der Billa-Werbung mahnend auftaucht, ist jetzt auch beim eigenen Management mit erhobenem Finger vorstellig geworden. Er hat der Marketingabteilung des größten österreichischen Handelskonzerns wohl geraten, das eigene Image aufzupolieren und sich vor Weihnachten von der menschlichen Seite zu zeigen. Es hört sich doch wirklich gut an, wenn Billa-Vorstandssprecher Volker Hornsteiner vorweihnachtlichen Frieden statt Konsumwahn predigt: "Es scheint, als gäbe es immer weniger Zeit für uns selbst und unsere Freunde und Familien. Daher schenken wir den Tag unseren Mitarbeitern." Danke Billa. Bedanken wird sich auch die Konkurrenz, die Billa-Kunden willkommen heißen wird.

Dass sich der Handelsriese dazu entschlossen hat, seine mehr als 1000 Filialen am Marienfeiertag geschlossen zu halten und den 16.000 Mitarbeitern damit eine vorweihnachtliche Freude zu machen, ist bemerkenswert, weil Billa bislang nicht gerade als loderndes Beispiel für Mitarbeiter-Verhätschelung galt. Mit Fällen von Arbeitszeitübertretung, Arbeit auf Abruf, gering bezahlten Teilzeitjobs, machte der ReweKonzern Schlagzeilen. Wenn man umdenkt, ist das gut so.

Zu denken gibt allerdings, dass das Geschenk des arbeitsfreien Marienfeiertages nur für die 16.000 Billa-Mitarbeiter gilt, die anderen 16.000 im Rewe-Konzern, die bei Penny, Merkur und Bipa arbeiten, gehen leer aus.

Kein Wunder, dass Handelsexperten und mündige Konsumenten nach den Motiven der plötzlichen Großzügigkeit forschen. Und die Gründe scheinen ganz profan: In den vergangenen Jahren haben die Lebensmittelketten den 8. Dezember auffallend intensiv beworben. Preisnachlässe zwischen zehn und 25 Prozent sollten Kunden locken. Erfahrungsgemäß nützen Konsumenten den Feiertag, um nach Geschenken zu jagen, und da gehören Lebensmittel nur bedingt dazu. Pressesprecherin Corinna Tinkler beteuert, dass betriebswirtschaftliche Gründe für die Entscheidung nicht ausschlaggebend waren, doch in ländlichen Billa-Läden soll der Umsatz mäßig gewesen sein. Die zusätzlichen Kosten - hundert Prozent Lohnzuschlag und ein freier Tag für Angestellte - müssen erst verdient sein.

Dass jetzt eine Trendumkehr einsetzt, ist nicht zu erwarten. Für den Handel gehört der 8. Dezember zu den umsatzstärksten Tagen des Jahres. Die offenen Läden wurden vor fast 20 Jahren von den Händlern erkämpft und so manche Mitarbeiterin freut sich vor Weihnachten über 100 Prozent Lohn-Zuschlag und einen zusätzlichen freien Tag. ****

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