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Wiener Zeitung: Andreas Unterbergers Tagebuch

Europas Sorgen

Wien (OTS) - "Unsere größte Herausforderung wird die Überalterung der Gesellschaft." Das stellte neulich im "Kurier" der Regierungschef Finnlands, des derzeit so populären europäischen Musterlands, wohl zu Recht fest. Es ist beklemmend, wie sehr diese Bedrohung in anderen Staaten, etwa in Österreich, ignoriert wird, obwohl sie bei uns nicht geringer ist als in Finnland.

Die heimischen wie die europäischen Politiker kümmern sich mit Vorliebe nicht um dieses Problem, sondern lieber um andere Mini- und Mikro-Anliegen. Manche Aktivitäten, wie die ständigen teuren Wohlfahrts-Ausbau-Pläne des österreichischen Sozialministers, machen die Überalterung sogar langfristig zu einer noch viel größeren Last für die Volkswirtschaft.

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Die EU hat die Sprengkraft des Problems Überalterung auch nicht erkannt. Sie kümmert sich viel lieber um sekundäre Problembereiche. Das zeigt sich etwa bei der neuen Verfassung. So unverzichtbar sie auch ist, damit die Union funktionieren kann, so problematisch sind die mit ihr eingeschleusten "sozialen Grundrechte". Denn in Europa gibt es im internationalen Vergleich wirklich kein Defizit mehr an solchen Rechten. Dennoch wird ihr weiterer Ausbau von manchen Politikern als besonders wichtig angesehen.

Die heimischen Sozialdemokraten freuen sich sogar schon, dass diese Verfassung zu einer "Veränderung der Rechtssprechung" führen wird. Und sie freuen sich wohl zu Recht: Denn die Freigiebigkeit der ökonomisch ahnungslosen Richter auf Steuerzahlers Kosten ist ja in den letzten Jahren zu einem noch größeren Problem geworden als die Ausgabenfreude der Politiker, die wenigstens zum Teil noch ein Grundverständnis von Volkswirtschaft haben. Man kann sicher sein:
Europäische wie österreichische Richter werden große Phantasie entwickeln, um den schuldenfinanzierten Wohlfahrtsstaat auch künftig durch immer neue Ansprüche auszubauen. In Österreich haben ÖVP wie Wirtschaft die Frage verschlafen. Beide glauben offenbar, das Außenministerium würde schon alle Gefahren einer Überregulierung aus Brüssel abwehren. Diplomaten haben aber eine geradezu genetische Freude daran, ständig mehr durch internationale Vereinbarungen regulieren zu können. Der Gedanke, dass die Welt durch einen Abbau der vielen Verträge und Richtlinien besser werden könnte, ist ihnen fremd. Sie wären ja dann auch nicht mehr so wichtig.

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