- 22.11.2007, 16:46:58
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Energie-Politik der kleinen Schritte - von Esther Mitterstieler
Die Länder müssen ihre Erbschaftsrechte aufgeben
Wien (OTS) - Es ist ein hehres Ziel, das sich
Verbund-Generaldirektor Michael Pistauer für die kommenden acht Jahre
vorgenommen hat: Für "sauberes Wachstum" nimmt er mit 6,7 Milliarden
Euro sehr viel Geld in die Hand und krempelt die gesamte Struktur des
Konzerns um. Innerhalb des kommenden halben Jahres werden deshalb die
Auslandsbeteiligungen in der Verbund International gebündelt.
Pistauer stellt auch in Aussicht, dass dieses Vehikel mit den
Töchtern in Italien, Frankreich und Türkei an die Börse gebracht
werden könnte. Inklusive der neuen Beteiligungen, die der Verbund in
den kommenden Jahren entweder im Alleingang oder zu zweit - auch mit
OMV oder EVN im Bunde - am Balkan anpeilt. Schliesslich sieht er dort
die Brücke zur Türkei, wo er sein bisher letztes grosses
Auslands-Joint-Venture einging.
Glänzende Idee, die dennoch nicht von einem anderen Aspekt der
Konzernstrategie abzulenken vermag, der traditionell ein schwieriger
ist: Wo bleibt das Inland? Österreichs grösster Wasserkrafterzeuger
kann sich weiter nicht damit rühmen, bei den Landesgesellschaften
besonders beliebt zu sein. Und wenn Pistauer sagt: "Wir möchten uns
überall beteiligen, wo wir erwünscht sind, auch wenn das nur
Minderheitsbeteiligungen sind", bleibt dennoch ein schlappes Ergebnis
übrig: Die österreichische Stromlösung wird es so lange nicht geben,
wie das Verstaatlichtengesetz nicht geändert wird und der öffentliche
Zwangsanteil von 51 Prozent bestehen bleibt.
Wenn Pistauer meint, er sei an jenen Anteilen interessiert, die die
Energie Baden Württemberg an der EVN hält, ist das schön und gut; und
natürlich auch, dass zwischen den ehemaligen Streithähnen Verbund und
EVN die Chemie wieder stimmt. Dennoch: Solange die Deutschen nicht
einmal den Anschein erwecken, dass sie aus ihrer
niederösterreichischen Beteiligung raus wollen, so lange bleibt dies
ein frommer Verbund-Wunsch. Und in der Steiermark ist derzeit auch
Stillstand angesagt.
Fakt ist: Die Energiepolitik der kleinen Schritte mag eine
harmonische Zwischenlösung sein, aber nicht einmal diese scheint in
greifbare Nähe zu rücken. Pistauer bleibt nichts anderes übrig, als
auf das Ausland zu setzen. Solange sich die Politik zu keiner
Entscheidung durchringen kann, so lange wird die österreichische
Stromlandschaft nicht besser geordnet werden. Nur wenn die Länder
ihre "Erbschaftsrechte" aufgeben, kann es in der Strompolitik einen
grossen Wurf geben.
Rückfragehinweis:
WirtschaftsBlatt
Redaktionstel.: (01) 60 117/300
http://www.wirtschaftsblatt.at
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