• 05.11.2007, 18:23:11
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Wiener Zeitung: Andreas Unterbergers Tagebuch

Unsere Höchstsgerichte

Wien (OTS) - Endlich fand die Regierung einen Konsens, wie die
unerträglich langen Verfahren für Asylwerber etwas beschleunigt
werden können. Und schon wird protestiert: Clemens Jabloner, der
Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, zürnt, weil dieser von
Asylwerbern nicht mehr angerufen werden kann.

Sein Protest ist skurril: Wird doch gleichzeitig ein neuer
Asylgerichtshof geschaffen. Überdies wird ohnedies der
Verfassungsgerichtshof in Sachen Zuwanderung immer aktiver. Aber
genau das ärgert wohl Jabloner, weil auch er wichtig bleiben möchte.
Oder geht es gar darum, dass dort eine ideologische Gruppe ganz
bewusst Verfahren in die Länge ziehen will? Immerhin war der
Rechtszug zum VwGH oft eine Hauptursache der langen Verfahrensdauer.
Das hatte wiederum dazu geführt, dass Bundespräsident&Co für ein
Bleiberecht nach etlichen Verfahrensjahren plädieren. Selbst dann,
wenn es gar keinen Asylgrund gibt.

Noch skurriler wird der nunmehrige Ärger des
Verwaltungsgerichtshofs, wenn man sich früherer Klagen des gleichen
Gerichts erinnert: Damals nämlich protestierte es immer wegen der
übergroßen Zahl von Verfahren, unter denen der VwGH unterzugehen
drohte. Jetzt werden es deutlich weniger Verfahren - und man jammert
wieder.

*

Ernst nehmen sollte die Regierung hingegen die Liste der Mängel,
die der Verfassungsgerichtshof in Hinblick auf das Fremdenrecht
zusammengestellt hat. Diese Mängel soll man in Ruhe und genau, vor
allem aber bald diskutieren. Freilich müsste sich dabei auch der VfGH
von der frommen Illusion lösen, dass es jemals ein Fremdenrecht ohne
humanitäre Härten geben kann. Das ist denkunmöglich - es sei denn,
jeder der in Österreich leben will, soll auch das Recht darauf
bekommen. Ansonsten kann nicht auf die Möglichkeit einer Abschiebung
verzichtet werden. Und eine solche wird subjektiv immer als inhuman
empfunden werden.

Wenig schlüssig ist allerdings, wenn der VfGH nun etwa im Fall
Zogaj das Recht auf ein gemeinsames Familienleben betont. Mit diesem
Argument könnte nämlich auch jeder Rechtsbrecher - entgegen der
jüngsten Richtlinie des gleichen VfGH - die Einreise nach Österreich
durchsetzen. Nur weil etwa seine Schwester legal oder illegal hier
lebt.

http://www.wienerzeitung.at/tagebuch

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Wiener Zeitung
Sekretariat
Tel.: 01/206 99-478
mailto:redaktion@wienerzeitung.at

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