Risikoverhalten der Österreicher bei Vorsorge "gespalten"
Pensionskassen auf gutem Kurs durch das stürmische Börsenjahr 2007
Wien (PWK791) - Das stürmische Börsenjahr 2007 wird keine nachhaltig negative Auswirkung auf die Firmenpensionen haben, gab der Fachverband der Pensionskassen bekannt. Die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte im laufenden Jahr mit mehrmaligen starken Einbrüchen und ebenso rasantem Ansteigen der Kurse beweist einmal mehr, dass die heimischen Pensionskassen ein gutes Verhältnis von Ertragschancen und Sicherheit haben. Das ist möglich, weil die Veranlagungsstrategie der Pensionskassen auf langfristige Veranlagung und starke Streuung der investierten Werte abzielt.
Nicht zuletzt wegen der internationalen Marktentwicklungen und des öffentlichen Interesses, das die Finanzmärkte bei immer mehr Österreicherinnen und Österreichern finden, haben die Pensionskassen 2007 gemeinsam mit dem WIFO das Anlageverhalten und die Wünsche ihrer Kunden in diesem Zusammenhang analysiert.
Die Österreicherinnen und Österreicher haben beim Thema Vorsorge ein "gespaltenes Bewusstsein", das ergab die aktuelle Marktanalyse des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO): Bei riskanten Finanzprodukten, wie beispielsweise Fremdwährungskrediten, liegt Österreich genauso im Spitzenfeld Europas wie bei der konservativsten Form der Vorsorge - dem Sparstrumpf. Dieser Widerspruch kommt daher, dass die Österreicher zwar zunehmend die Chancen auf den Finanzmärkten sehen, gleichzeitig aber das Sicherheitsdenken noch sehr groß ist.
Pensionslücken können nur mit kollektiver Vorsorge geschlossen werden
Die heimischen Pensionskassen orten in diesem Widerspruch ein potenzielles Problem für die Pensionsvorsorge in Österreich: Denn mit dieser Haltung können die absehbaren Pensionslücken
nicht geschlossen werden. Damit in Zukunft alle Österreicher ihren Lebensstandard auch in der Pension absichern können, braucht es mehr kollektive Instrumente der Vorsorge, wie beispielsweise Firmenpensionen. Individuelle Vorsorge - wie etwa durch Wertpapierkäufe - können laut Pensionskassen ein "Zubrot" für die Pension sein, damit lässt sich die heimische Pensionsbasis aber nicht absichern. "Nur mit einer Veranlagung der Pensionsgelder durch Experten und über einen langen Zeitraum kann das Pensionsvermögen gesteigert werden, ohne dass dabei die Sicherheit zu kurz kommt", meint Christian Böhm, Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen.
Fremdwährungskredit versus Sparbuch
Das Risikobewusstsein österreichischer Privathaushalte wird allgemein als besonders hoch eingeschätzt. Im Bereich der Finanzdienstleistungen besteht jedoch ein erheblicher Unterschied in der Risikofreudigkeit, je nachdem, ob es sich um eine Verschuldung oder um eine Veranlagung handelt.
Die Kreditaufnahme österreichischer Privathaushalte zeichnet sich durch einen besonders hohen Anteil von Fremdwährungskrediten aus. Dabei handelt es sich um Kredite deren Wert in einer ausländischen Währung festgelegt ist. Für die Kostenersparnis aus der niedrigeren Zinsbelastung nehmen Haushalte sowohl ein Wechselkursrisiko als auch ein Zinsänderungsrisiko in Kauf. Der Anteil dieser Fremdwährungskredite lag 2005 in der Eurozone bei 3,7 Prozent, in Österreich hingegen bei 19,7 Prozent. Bei privaten Haushalten war der Anteil in Österreich sogar 30,7 Prozent - knapp ein Drittel der Verschuldung österreichischer Haushalte ist damit als risikoreich zu betrachten.
Die Veranlagungsstruktur österreichischer Privathaushalte ist hingegen durch eine Vorliebe für risikoarme Finanzprodukte, wie etwa Sparbücher gekennzeichnet. Mehr als die Hälfte des Geldvermögens (50,9 %) wurde 2005 in Form von Bargeld und Einlagen gehalten - in der Eurozone waren es 31,7 Prozent. Unter Berücksichtigung weiterer risikoarmer Veranlagungsformen, wie Anleihen, Lebensversicherungen und Pensionskassen, steigt dieser Anteil auf mehr als Dreiviertel des Geldvermögens (Eurozone: 68,9%). Bei genauerer Betrachtung von Garantieprodukten und der Veranlagungsstruktur der Pensionskassen nimmt der Unterschied zur Eurozone jedoch zu.
Diese "gespaltene" Haltung der Österreicher erklärt Thomas Url, wissenschaftlicher Mitarbeiter des WIFO, aus der Tradition: "Das Risikobewusstsein in der privaten Vorsorge ist hierzulande noch zu wenig ausgebildet - und daher fehlt auch das Know-how. Oft wird Werbeversprechen Glauben geschenkt, ohne das tatsächliche Risiko dahinter bewerten zu können. Gleichzeitig ist in Österreich noch immer der Glaube verbreitet, dass Sparbücher ein gutes Instrument zur Altersvorsorge sind."
Pensionskassen: Ausgewogene Veranlagung wird noch bevorzugt
Diese Mentalität hat auch Auswirkungen auf die heimischen Pensionskassen: Sie veranlagen die rund 13 Mrd. Euro Firmenpensionen an den Finanzmärkten - und das tun sie zumeist konservativer als ihre Kollegen in anderen Ländern. Mit gutem Grund: "Unsere Kunden legen mehr Wert auf Sicherheit, das müssen wir in unserer Arbeit berücksichtigen", so Böhm. In Österreich sind knapp vierzig Prozent der Pensionsgelder in Aktien veranlagt, der Rest in Anleihen und anderen festverzinslichen Werten. Zum Vergleich: In Großbritannien, Irland und den Niederlanden liegt der Aktienanteil zwischen 50 und 70 Prozent. Das bewirkt, dass in Jahren mit einer dynamischen Entwicklung des Aktienmarktes der durchschnittliche Ertrag in Österreich niedriger ist als in anderen Ländern - zu Gunsten einer geringeren Schwankung.
Durch die Veranlagung der Gelder an den Kapitalmärkten erwirtschafteten die Pensionskassen für die Arbeitnehmer und Pensionisten im vergangenen Jahr 613 Mio. Euro. Böhm: "Der Kapitalmarkt ist damit neben den Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein dritter Beitragszahler. Durch die Veranlagung an den Kapitalmärkten sind Firmenpensionen auch kurzfristigen Schwankungen ausgesetzt. Das ändert aber nichts daran, dass man langfristig mit Pensionskassen besser unterwegs ist als mit anderen Vorsorgemodellen." Seit ihrer Gründung haben die Pensionskassen an den Kapitalmärkten 4,2 Mrd. Euro Pensionskapital erwirtschaftet - das entspricht einem durchschnittlichen Anlageertrag von sieben Prozent pro Jahr.
In Österreich hat bereits eine halbe Million Menschen Anspruch auf eine Firmenpension bei einer Pensionskasse. Bei Firmenpensionen zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Pensionskassen monatlich Beiträge ein, die später in der Pension verzinst ausbezahlt werden. Die durchschnittliche Firmenpension beträgt monatlich 527 Euro. Insgesamt veranlagen die zwanzig Pensionskassen ein Vermögen von rund dreizehn Mrd. Euro. Sie sind damit der größte private Pensionszahler Österreichs. (Ne)
Bitte beachten Sie folgende Grafiken / Fotos zum Download:
Anlageertrag: http://www.pensionskassen.at/images/07_anlageertrag.jpg Aktienanteil international:
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Aufteilung Vermögen in Performanceklassen:
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Foto Mag. Christian Böhm:
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Bildtext: Mag. Christian Böhm, Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen, Copyright: APK
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