- 10.10.2007, 14:47:33
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Über Wirkungen und unerwünschte Nebenwirkungen der Gesamtschule - BILD

Wien (OTS) - Die Rektorin der größten Pädagogischen Hochschule
warnt: Österreichs Schulen nicht ausreichend auf Gesamtschule
vorbereitet. Qualitätseinbußen und deutlichere Probleme als bisher zu
befürchten. Gesamtschule ohne hoch motivierte und didaktisch optimal
vorbereitete Lehrer zum Scheitern verurteilt.
Ulrike Greiner, Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule
- und damit der größten pädagogischen Hochschule Österreichs - warnt
vor möglichen, unerwünschten Nebenwirkungen der Gesamtschulreform:
Österreichische Schulen seien derzeit mit Ausnahmen nicht ausreichend
auf eine Gesamtschule vorbereitet und könnten noch deutlichere
Probleme als bisher bekommen. Eine Strukturreform müsse mit einer
inhaltlichen Reform und neuen pädagogisch-didaktischen Konzepten
einhergehen. - Am 11. Oktober werden die Verhandlungen über die "neue
Mittelschule" aufgenommen. Doch "ohne entsprechende Rahmenbedingungen
drohen Qualitätseinbußen gegenüber dem bisherigen Schulsystem bis hin
zur Schaffung von problematischen Restschülern", so die international
versierte Bildungsforscherin. Greiner plädiert für "eine längere,
sehr sensible Implementierungsphase" und spricht sich erst
langfristig "für eine gemeinsame Perspektive von Hauptschulen und
AHS" aus. Andernfalls bestehe nicht nur die Gefahr, dass begabte
Schüler nicht entsprechend gefördert würden, sondern dass es bei
lernschwachen Schülern durch die Konfrontation mit begabten und
allenfalls sozial gut situierten Schülern zu einem beschämenden
Unterlegenheits-Effekt komme und sie dadurch womöglich erst recht
"zu Problemfällen mutierten".
Unabdingbar für den Erfolg der "neuen Mittelschule" ist laut
Ulrike Greiner eine veränderte Fort- und Weiterbildung der Lehrer,
eine Debatte über Berufsethos sowie generell über "Qualität von
Unterricht". Eine klare Bereitschaft der Lehrerschaft zu
Veränderungen von Arbeitsbedingungen und -strukturen und erhöhter
Arbeitsleistung in der Umstrukturierung, die Einbeziehung von
Schulpsychologen und Sozialarbeitern sowie die Elternbildung, sind
weitere Bedingungsfaktoren für eine gelingende Reform der
Sekundarstufe 1, also des Schulsystems der 10 - 14 Jährigen.
Notwendige Faktoren für den Erfolg der Gesamtschule
Der Erfolg einer Gesamtschule hängt laut Rektorin Greiner im
Wesentlichen von Faktoren ab, die den Erfolg von Schulen überhaupt
ausmachen. Dazu zählt ein in Expertenrollen gegliedertes
Lehrerkollegium, die hohe Bereitschaft der Lehrer zu intensiver Fort-
und Weiterbildung, das Nutzen von Heterogenität im Unterricht als
Chance sowie individualisierende Unterrichtsformen im gemischten
Unterricht. Unabdingbar für den Erfolg der Gesamtschule ist neben der
Bereitschaft der Lehrerschaft zur effizienten Umgestaltung von
Schularbeitsstrukturen auch vermehrte Teamarbeit in Lehrergruppen,
die Entwicklung gewissenhafter Prüfungs- und Feedbackstrukturen sowie
mehr Ausbildung in pädagogischer Diagnostik und Begabungsförderung.
Wünschenswert wäre laut der Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen
Hochschule auch eine intensive menschliche Begleitung von Schülern
und Eltern, klare professionelle Leadership der Direktionen und
sichtbare Anerkennungs- und Anreizsysteme für Lehrerleistungen.
"Eine Schule, die das kann", könnte ohne Qualitätsverlust
Gesamtschule werden, so Greiner. "Eine Schule, die das nicht kann",
bekomme noch deutlichere Probleme als zuvor. Österreichische Schulen
seien derzeit mit Ausnahmen jedenfalls nicht ausreichend auf die
Gesamtschule vorbereitet.
Debatte über Berufsethos der Lehrer notwendig
Greiner plädiert für eine Debatte über das Berufsethos der Lehrer.
Dabei gehe es um eine erhöhte Verantwortung der Lehrer für die
Leistungen der Schüler genauso wie um ein sich mitverantwortlich
Fühlen für die Leistungsmöglichkeiten und erreichten Kompetenzen der
Schüler. Damit einhergehen müsse aber auch eine Stärkung der
Professionalität der Lehrer und eine Imageverbesserung des
Berufsstandes.
Pädagogische und strukturelle Bedenken beachten
Greiner appelliert, die Sorgen der Lehrerschaft und deren
pädagogische und strukturelle Bedenken ernst zu nehmen. Fest steht,
dass die Lehrerarbeitszeit durch die Einführung der Gesamtschule
optimaler gestaltet und genutzt werden müsse. Es gelte aber auch, der
Lehrerschaft Unterstützungssysteme durch Schulbehörden und externe
Experten zur Seite zu stellen. Derzeit herrsche weitgehend
Verunsicherung und Abwehrhaltung. Nach wie vor sei völlig unklar,
wie eine Gesamtschule nach innen differenziert sein sollte - ob die
Differenzierung über Leistungsgruppen, über gemischte, wechselnde
Lernteams oder etwa über gemischte Klassen mit hoch differenzierender
Didaktik erfolgen sollte.
Lehrer müssen auf Herausforderungen vorbereitet werden;
Kirchliche Pädagogische Hochschule als Innovatorin
Die meisten Lehrer sind didaktisch nicht auf die Herausforderungen
einer Gesamtschule vorbereitet.
Es braucht eine hochwirksame Fort- und Weiterbildung, für die sich
Ulrike Greiner an der Kirchlichen Pädagogische Hochschule in Wien,
deren Gründungsrektorin die habilitierte Religionspädagogin ist,
besonders engagiert.
Derzeit realisiert Greiner mit ihrem Team ein innovatives Konzept
der Lehrerausbildung inklusive einem Fort- und Weiterbildungsangebot,
das neueste Erkenntnisse der Bildungsforschung berücksichtigt. Im
Schuljahr 2008/2009 will die Kirchliche Pädagogische Hochschule in
Wien als eine der ersten Hochschulen einen eigenen Hochschullehrgang
im Bereich "Individualisierung des Lernens" anbieten. Die Kirchliche
Pädagogische Hochschule sieht sich auch als eine der ersten Adressen
für eine innovative, menschenfreundliche Didaktik und will sich in
Zukunft verstärkt zu bildungspolitischen Fragen zu Wort melden.
Die Kirchliche Pädagogische Hochschule in Wien ist eine in Europa
einzigartige, ökumenisch ausgerichtete hochschulische
Lehrerbildungsinstitution: Fünf christliche Konfessionen unter der
Trägerschaft der Erzdiözese Wien verwirklichen ein Konzept von
LehrerInnenbildung, das internationalen Standards gerecht wird.
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sowie im APA-OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at
Rückfragehinweis:
DDr. habil. Ulrike Greiner Gründungsrektorin Kirchliche Pädagogische Hochschule in Wien 1210 Wien, Mayerweckstraße 1 Tel.: (+43) (0)1/29108/301 mobile: (+43) (0) 664 6409251 mailto:ulrike.greiner@kphvie.at
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