- 19.09.2007, 17:47:53
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Wiener Zeitung: Andreas Unterbergers Tagebuch
Stümperhaft
Wien (OTS) - Es ist eine von vielen kleinen Streitigkeiten, die
das tägliche Bild der österreichischen Innenpolitik prägen, und wird
daher nur von den Betroffenen selbst genauer beobachtet. Der Streit
ist aber paradigmatisch. Sein Inhalt: Die ausgegliederten
Universitäten haben nach langen Verhandlungen mit ihren Angestellten
einen Kollektivvertrag abgeschlossen. Nun wollen die KV-Partner diese
- vielen Anzeichen nach recht großzügigen - Regelungen vom
Steuerzahler bezahlt haben. Das ist eher verblüffend, insbesondere,
da die Unis doch knapp vor den Wahlen einen dicken Scheck für ihre
zweifellos wachsenden Bedürfnisse (jedoch geringe
Einsparungsbereitschaft!) bekommen haben.
Alle Beteiligten mussten aber damals wissen, dass die
Kollektivvertragsgespräche irgendwann ein Ergebnis produzieren
werden. Hat keiner von ihnen bei der Erhöhung der Uni-Budgets klar
und schriftlich festgehalten, dass damit auch die KV-Kosten
abgegolten sind? Oder aber, dass diese noch extra aus dem Budget zu
bedecken sein werden? Wenn jedoch letzteres der Fall wäre, wieso hat
es dann die Vertreter der Republik nicht interessiert, was Rektoren
und Betriebsräte zu Lasten der Öffentlichkeit vereinbaren? Die
damaligen Wissenschafts- und Finanzminister (samt ihren Beamten) wie
auch die Rektoren stehen nun unter einem unschönen Verdacht: dem der
Stümperhaftigkeit.
*
"Österreich liest": Eine aufwendig gestaltete Einladung landet in
der Post. Es war wohl nicht nur der Tagebuchschreiber, der das
Poststück schon als eine der vielen Werbedrucksachen einer neuen
Boulevardzeitung in den Papierkorb werfen wollte, bevor er - eher
zufällig - einen genaueren Blick machte und entdeckte: Die Einladung
stammt von der ehrwürdigen Nationalbibliothek.
Was das Resümee erlaubt: Österreich hat es zugelassen, dass sein
Name heute mehr mit marktschreierischer Werbung identifiziert wird
als mit jener Republik, vor der wir Respekt haben sollten, die von
uns fast die Hälfte unserer Einkünfte abkassiert und die von jungen
Burschen sogar einen - letztlich auch mit Lebensgefahr verbundenen -
Militärdienst verlangt.
Die Republik kommt uns teuer - ist sich aber offensichtlich selbst
nicht mehr sehr viel wert.
Rückfragehinweis:
Wiener Zeitung
Sekretariat
Tel.: 01/206 99-478
mailto:redaktion@wienerzeitung.at
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